Wer pinkelt, arbeitet länger!Fieses Klo-Urteil sorgt für Empörung
Abstempeln, bitte!
Wer in der Schweiz mal muss, der sollte das außerhalb der Arbeitszeiten tun. Zumindest, wenn es nach einem neuen Gerichtsurteil geht. Denn das Gericht gab einem Unternehmen recht, das Toilettengänge prinzipiell zu den Pausenzeiten zählt. Was dahinter steckt – und wie die Lage in Deutschland ist.
Regel durch Zufall entdeckt
Eigentlich hätte nur überprüft werden sollen, ob der Schweizer Uhrenhersteller Jean Singer et Cie während der Corona-Pandemie alle Regelungen einhält. Dabei fiel aber auf: Wer auf die Toilette geht, muss sich ausstempeln. Die Arbeitsverwaltung im Kanton Neuenburg hielt die Praxis für illegal – der Fall landete vor Gericht.
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Und das gab dem Unternehmen recht. Grund ist eine rechtliche Lücke. Im Urteil heißt es laut dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) als Begründung, dass „der Begriff der Pause im Gesetz nicht klar definiert ist“. So darf der Arbeitgeber also selbst bestimmen, was als Pause gilt – und was nicht. Für die Firma sei jegliche Arbeitsunterbrechung eine Pause, „ob es sich dabei um Toilettenpausen, Essenspausen, Ruhepausen, Telefonpausen oder um einen Spaziergang in der Natur handelt“, sagte Pascal Moesch, Anwalt der Firma Jean Singer et Cie, gegenüber dem SRF. „Unabhängig vom Grund der Pause, muss sie gestempelt werden.“
Firma gewinnt vor Gericht – mit einer Einschränkung
Ein kompletter Sieg ist das Urteil für die Uhrenfirma aber nicht. Das Schweizer Gericht stand ihr zwar das Recht ein, auch Toilettengänge als Pause zu verbuchen, allerdings sei das Frauen gegenüber wegen ihrer Periode diskriminierend. Das Gericht verlangt deshalb von der Firma, Maßnahmen zu ergreifen, um diese Ungerechtigkeit zu verringern, wie das SRF berichtet.
Die Uhrenfirma ist allerdings kein Einzelfall: Nach Recherchen des Schweizer Fernsehsenders RTS gibt es mindestens drei weitere Firmen, die Toilettenpausen stempeln lassen. Zwei davon gehören zur international bekannten Swatch Group. Die versichere gegenüber RTS, dass die Regelung nicht den Praktiken des Konzerns entspräche und in anderen Unternehmen der Gruppe Toilettengänge nicht als Pause gerechnet würden. „Wir werden die Situation in diesen beiden Einheiten unverzüglich an die Standards des Konzerns anpassen“, hieß es.
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Toilettengang als Pause – was gilt in Deutschland?
Arbeitnehmer in Deutschland dürfen aufatmen. Eine solche Regelung sei in Deutschland nicht denkbar, sagt Arbeitsrechtlerin Nicole Mutschke. Zwar seien Toilettengänge eine Unterbrechung der Arbeitszeit, „aber bei einer Toilettenpause, geht man natürlich im wahrsten Sinne des Wortes einem dringenden Bedürfnis nach, das man eben auch nur eingeschränkt kontrollieren kann“. Deutsche Gerichte hätten bereits entsprechend geurteilt.
Grundsätzlich sei es in Deutschland so, dass Arbeitgeber Pinkelpausen nicht reglementieren dürfen. Das heißt: Wann, wie lange und wie oft darf ein Arbeitgeber nicht vorschreiben. „Da gibt es sogar Entscheidungen, wo so bis zu 30 Minuten Toilettenzeit am Tag durchaus als okay angesehen wurden.“ Also: Selbst wenn es mal länger dauert, dürften in Deutschland keine Konsequenzen drohen, sagt die Juristin.
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Sorgen, dass deutsche Unternehmen sich die Schweiz zum Vorbild nehmen, hat Mutschke nicht. Arbeitsrechtlich dürfte eine Einschränkung der Toilettengänge vor Gericht keinen Erfolg haben. „Und in Deutschland ist es ja eher zurzeit recht schwierig, gute Arbeitnehmer zu bekommen.“ So strenge Regelungen könnten potentielle Mitarbeiter eher abschrecken.
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Raucher- oder Kaffeepause? So ist die Rechtslage
Anders sieht es allerdings bei Raucher- oder Kaffeepausen aus. Raucherpausen darf der Arbeitgeber unterbinden. Wenn man sich daran nicht hält, könnte es sich sogar um Arbeitszeitbetrug handeln, warnt die Expertin. Kaffeepausen ohne Ausstempeln würden von den meisten Arbeitgebern geduldet, sagt Mutschke. „Das ist ja meistens auch noch sogar ganz gut fürs Betriebsklima.“ Wenn die aber überhandnehmen, kann der Arbeitgeber einschreiten. Hier gilt wie so oft: „Die Dosis macht das Gift“.
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