Robert Habeck im Interview: "Ist ja nicht so, dass wir uns zurücklehnen könnten."
Um die deutsche Wirtschaft steht es schlecht. Im Gespräch mit RTL Direkt Moderatorin Pinar Atalay spricht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) über die aktuelle Lage, seine Bilanz nach drei Jahren – und die K-Frage.
Um die deutsche Wirtschaft steht es schlecht. Im Gespräch mit RTL Direkt Moderatorin Pinar Atalay spricht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) über die aktuelle Lage, seine Bilanz nach drei Jahren – und die K-Frage.
PA: Wenn man sich das so anguckt, sind Sie jetzt wieder der Buhmann der Nation?
RH: Na ja, jedenfalls Applaus gab es nicht für diese Zahlen und zu Recht nicht. Sie sind ja nicht gut. Wenn man ein bisschen genauer hinguckt, sieht man, dass die Probleme, die wir vor ein oder vor zwei Jahren voll im Blick hatten, sich jetzt lösen. Die Inflation geht runter. Inflation heißt ja permanent ein Preisanstieg. Die Zinsen gehen runter, das heißt, die Unternehmen werden wieder mehr investieren. Die Bauwirtschaft wird auch wieder anspringen und die Menschen haben vor allem wieder mehr Geld im Portemonnaie. Seit ungefähr einem Jahr sind die Lohnzuwächse größer als die Inflation. Das muss man jetzt erst mal wieder verarbeiten. Man sieht immer noch die hohen Preise – Döner und Pizza –und muss sich erst mal darauf einstellen. Aber am Ende wird man wieder merken, man hat mehr Geld und dann zieht auch die Binnenkonjunktur, also die Kaufnachfrage.
PA: Also sagen Sie: Leute, kauft mehr, seid mutiger, weil man hat womöglich mehr in der Tasche. Aber warum sollte das in dieser Stimmungslage klappen? Die Leute machen sich am meisten Sorgen um Teuerung.
RH: Das ist richtig. Ich sage nur: Wir haben auch was geschafft. Wir als Land. Die Regierung hat da geholfen, wir haben Zuschüsse gemacht und Steuern gesenkt usw. Aber dieses Problem, das uns vor einem Jahr vor allem so beschäftigt hat, das geht jetzt langsam zu Ende. Wir haben aber mindestens zwei weitere Probleme. Erstens die schlechte Stimmungslage. Das stimmt. Krieg und Krisen überall. Zankerei in der Politik. Das macht jetzt nicht gerade Frohsinn. Und dann müssen wir sehen, dass wir strukturell zu wenig investiert haben. Die Brücken, die verspätete Bahn. Das wiederum hat die Ampel jetzt angegangen. Aber das ist in der Vorgängerregierung entstanden.
PA: Trotzdem hat man doch den Eindruck, es sind ja viele Probleme, die auch benannt werden. Aber irgendwie kriegt man sie nicht gelöst oder auch sehr langsam gelöst. Das ist, glaube ich, nicht nur ein Eindruck, den die Leute haben. Und Experten sagen, Ihre Bilanz ist desaströs und mit dieser Regierung erst recht. Ich verstehe, Sie wollen Hoffnung vermitteln. Aber wie wollen Sie da durchkommen bei den Leuten?
RH: Na, dem würde ich nicht zustimmen. Als ich Minister wurde, drohte, dass das Land völlig abschmiert. Es fehlte die Hälfte der Energieversorgung. Das haben wir besorgt. Das Problem haben wir gelöst. Danach haben wir die Preise runter gebracht, die Inflation runter gebracht. Also, es ist viel geleistet worden.
PA: Wir sind ja schon drei Jahre im Amt.
RH: Das sind aber auch drei Jahre, wo viel geleistet wurde. Und trotzdem, das darf man ja nicht vergessen, sind die Probleme noch immer da. Aber die Lichter sind nicht ausgegangen. Wir haben nicht gefroren, die Preise gehen runter, die Inflation geht runter. Was ist jetzt das Problem? Zweierlei: die Infrastruktur, also die verspätete Bahn, die Brücken bröseln. Das haben wir noch nicht gelöst, das dauert länger. Und wir sind eine Exportnation. Und in China ist eine Wirtschaftskrise. Die kaufen unsere Autos im Moment nicht.
PA: Eine Sache ist 1.000 € Prämie. Gestern Abend war der Bundeskanzler hier bei RTL Direkt. und ganz kurz als Erklärung Langzeitarbeitslose bekämen die, wenn sie länger als ein Jahr in einem festen Job sind.
PA: Die vielen, die sagen, das bringt was, sind die Wirtschafts- und Arbeitswissenschaftler – und zwar auch die Konservativen. Alle sagen, wir könnten damit die Arbeitslosigkeit um ungefähr 100.000 Menschen reduzieren. Ich verstehe, dass Leute sagen, wieso kriegen die noch Extrageld, wenn ich die ganze Zeit arbeite? Also diesen Blick darauf, den kann ich nachvollziehen. Aber die Frage ist, was ist jetzt die Aufgabe? Und wir wollten einen Impuls geben, Menschen aus der Arbeitslosigkeit in Arbeit zu kriegen.
PA: Also Sie finden das weiter gut?
Es wird wirken, es ist pragmatisch und es ist praktisch und es ist gut. Ich verstehe, dass Leute da nicht zufrieden sind. Aber die Aufgabe war jetzt nicht, alle zufrieden zu machen, sondern Arbeitslosigkeit zu reduzieren und mehr Leute in Arbeit zu bringen.
PA: Noch ganz kurz Ich habe mit Scholz auch über die Kanzlerkandidatur gesprochen. Also er ist da für sich sehr, sehr zuversichtlich. Er sagt: Ich hole das Ding. Sind Sie dann seine grüne Konkurrenz? Und auch ganz zuversichtlich?
RH: Wir sind ein Jahr von der Bundestagswahl entfernt, sehen, dass wir die Arbeit in der Regierung so gut wie es geht, noch voranbringen. Wir haben gerade über die Wirtschaftsdaten gesprochen. Ist ja nicht so, dass wir uns zurücklehnen könnten. Und wenn der Wahlkampf dann vielleicht mal zwei oder drei Monate hart geführt wird, dann ist das immer noch lang genug. Also deswegen Ich halte meine Karten enger am Körper.