Markus Löhl hat es mit dem Rücken. Ein Besuch bei seinem Arzt Dr. Stefan Spieren ist für den Fachlageristen unvermeidbar. Doch auch er hat sich schon mal telefonisch krankschreiben lassen: „Gerade wenn man sich nicht gut fühlt. Je nachdem, wie weit man vom Hausarzt weg wohnt. Man hat Grippe oder Magen-Darm, man ist eh nicht fit. Dann finde ich es eine gute Sache, dass man einfach zum Hörer greifen kann“, sagt er
Für den Arzt und sein Team ist die Regelung eine massive Entlastung. „Wenn man sich überlegt, dass gerade nach dem Wochenende an so einem typischen Montag 20, 30, 40 Patienten eine Krankschreibung benötigen. Und wenn wir die alle hier live in der Praxis sehen würden, wäre das sicherlich mindestens doppelt bis dreimal so viel Zeit“, sagt der Arzt.
Doch die Kritik an der telefonischen Krankschreibung wird immer lauter. 2021 liegt der Arbeitnehmer-Krankenstand bei rund vier Prozent, steigt mit der Einführung sprunghaft an und bleibt konstant bei etwa sechs Prozent Bundesfinanzminister Christian Lindner sieht einen Zusammenhang und will die Maßnahme abschaffen. Zur Seite springen ihm Arbeitgeberverbände. Telefonische Krankschreibungen seien ein Überbleibsel aus der Pandemie, als Ansteckungen in Wartezimmern vermieden werden sollen.
„Das war ja auch alles gut und schön. Und die Politik hat ja auch alles richtig gemacht, das ist auch sehr, sehr schnell durchgesetzt. Aber die Zeit ist vorbei und deshalb ist aus unserer Sicht – aus Arbeitgebersicht logischerweise – ist damit, wie das auch Herr Lindner schon gesagt hat, gibt es keinen Grund, das zu verstetigen“, sagt Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbands Groß- und Außenhandel.
Doch trotz Rekordkrankenstand sagen die Krankenkassen, das habe andere Gründe: Arbeitnehmer sind sensibler für psychische, aber auch für Atemwegserkrankungen, wollen Kollegen nicht anstecken. Vor der Pandemie habe man sich eher mal krank zum Job geschleppt.
„Das heißt, in der Vergangenheit sind bestimmte Krankenstände unter erfasst worden. Das ist aber etwas anderes als eine missbräuchliche Verwendung des Instruments der telefonischen Krankschreibung“, sagt Andreas Strom, Vorstandsvorsitzender der Krankenkasse DAK.
Bei unserer Umfrage glauben nur wenige, dass die Regelung missbraucht wird. Das Vertrauen in die Arbeitnehmer scheint aber gerade ordentlich ins Wanken geraten zu sein. Eine Überprüfung der Maßnahme hat die Bundesregierung bereits angekündigt. Ärzte und Patienten sind dagegen froh über etwas Luft im Wartezimmer.