Nach historischem AfD-Ergebnis

Wirtschaftsexperten warnen vor Konsequenzen!

Böses Erwachen nach der Schicksalswahl?

In Thüringen und Sachsen hat die AfD historisch hohe Ergebnisse einfahren können. Zum ersten Mal ist die in Thüringen als erwiesen rechtsextrem eingestufte Partei die stärkste Kraft im Land. Das macht vielen Bürgern auch außerhalb des Bundeslandes Sorgen. Und auch die Wirtschaft sorgt sich nach dem Wahlergebnis.

Klatsche für die Ampel – Klatsche für die Wirtschaft?

Top-Ökonomen warnen nach den Erfolgen von AfD und BSW bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen vor wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen. Voraussichtlich wird die AfD in beiden Bundesländern nicht in Regierungsverantwortung kommen, alle anderen Parteien hatten bereits vor der Wahl eine Koalition mit der AfD ausgeschlossen. Trotzdem werde der Erfolg der Partei vermutlich einen erheblichen Einfluss auf die künftige Politik in Thüringen und Sachsen in Bezug auf Wirtschaft, Soziales und Zuwanderung haben, sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). „Die Gefahr ist groß, dass dieser Erfolg die Wirtschaft und den Wohlstand in beiden Bundesländern schmälern und die großen wirtschaftlichen Erfolge der Vergangenheit infrage stellen wird.“

Auch der Verband der Familienunternehmer ist besorgt. „In Thüringen ist das Wahlergebnis eine Abrechnung mit der Ampel“, sagte die Präsidentin der Familienunternehmer, Marie-Christine Ostermann. Die Wahlergebnisse müssten für die Politik mehr sein als nur ein Weckruf, sagte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. „Sie müssen Aufforderung und Antrieb sein, Probleme zu lösen, und zwar von Grund auf“. Dafür müsse es sichtbare und spürbare Verbesserungen geben, „in den Infrastrukturen, in den Unternehmen, den Schulen, den Verwaltungen, der inneren und äußeren Sicherheit.“ Darüber hinaus müsse Deutschland ein Land bleiben, das für Weltoffenheit und Innovationsfreude stehe – beides würde weder von der AfD noch vom BSW vertreten.

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Lange Koalitionsverhandlungen gehen auf Kosten von Planungssicherheit

Aber nicht nur die Einstellungen von AfD und BSW zur Wirtschaft im Land können zu wirtschaftlichen Problemen führen. Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer warnt vor einer schwierigen Regierungsbildung in Sachsen und Thüringen. Die könne Wochen oder sogar Monate dauern. Ohne stabile demokratische Mehrheit gebe es keine politischen Entscheidungen. Vor allem werde kein Landeshaushalt verabschiedet. „Das bedeutet aber, dass Unternehmen, Hochschulen, kulturelle Einrichtungen, Bürgerinnen und Bürger keine Planungssicherheit haben“, sagte die Top-Ökonomin. „Gerade für die Wirtschaft ist Unsicherheit aber Gift, die Unternehmen werden Investitionspläne verzögern oder ganz aufgeben, mit negativen Auswirkungen auf das Wachstum.“ Es müsse deshalb zügig Klarheit geschaffen werden, wie es nun weitergehe, inklusive der Optionen einer Minderheitsregierung oder gar von Neuwahlen.

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Fachkräftemangel wird „noch weiter verschärfen“

Für die großen Probleme in Thüringen und Sachsen habe die AfD keine Lösungen parat, sagt Schnitzer. „Beide Länder stehen vor einem teils drastischen demografischen Wandel“. Sachsen und Thüringen hätten seit der Wiedervereinigung etwa ein Fünftel der Bevölkerung verloren. Einige Landkreise dürften in den nächsten Jahren weitere 20 bis 30 Prozent der Erwerbsbevölkerung verlieren. „Der jetzt schon bestehende Fachkräftemangel wird sich also noch weiter verschärfen“, sagte die Top-Ökonomin und fügte mit Blick auf die AfD hinzu: „Die Ablehnung von qualifizierter Zuwanderung ist an der Stelle das falsche Signal, denn sie wird Fachkräfte davon abhalten, diese Bundesländer als Option in Erwägung zu ziehen.“ Für die sächsischen und thüringischen Unternehmen, die genauso im globalen Wettbewerb stehen wie alle anderen auch, würde sich der schon vorhandene Wettbewerbsnachteil Arbeitskräftemangel damit weiter verschärfen.

Verschärfter Fachkräftemangel könnte zu mehr Insolvenzen führen

Ähnlich sieht das auch Marcel Fratzscher vom DIW. Vor allem die AfD stehe für Protektionismus und eine Abschottung von Europa, für weniger Zuwanderung von Fachkräften und eine geringere Offenheit und Vielfalt. Er halte es für sehr wahrscheinlich, dass die Wahlergebnisse zu einer Abwanderung von Unternehmen und auch Fachkräften führen werde. „Vor allem junge, gut qualifizierte und hoch motivierte Bürgerinnen und Bürger werden die beiden Bundesländer verlassen und dorthin gehen, wo sie mehr Offenheit und Wertschätzung erfahren“, sagte der Ökonom. Das könnte zu mehr Insolvenzen führen. (iga/Reuters)