Immer mehr Verbraucher entdecken Bausparverträge wieder für sich
Steigende Bauzinsen lassen Nachfrage wachsen: Lohnt sich Bausparen wieder mehr?
Hohe Inflation, explodierende Bauzinsen – dazu kommen noch gestiegene Materialpreise und –Engpässe: Also gerade für diejenigen, die jetzt bauen wollen, sind das keine guten Zeiten! Die Finanzierung eines Eigenheims wird für viele Menschen also immer schwieriger. Aber dafür bekommt ein fast schon eingestaubtes Finanzproduktes wieder neuen Glanz: Warum der Bausparvertrag bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern plötzlich wieder beliebter, haben wir zusammengefasst.
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Altes Finanzprodukt, neuer Glanz: Der gute, alte Bausparvertrag erlebt seinen zweiten Frühling
Während das Neugeschäft mit Baufinanzierungen eingebrochen ist und die Baubranche von einer Stornierungswelle berichtet, erfährt etwas abseits der großen Aufmerksamkeit ein schon etwas eingerostet wirkendes Finanzprodukt seinen zweiten Frühling: Der gute, alte Bausparvertrag! Doch was genau steckt dahinter?
Das Neugeschäft beim Bausparen hat in Deutschland 2022 deutlich angezogen. Beim Volumen der neu abgeschlossenen Bausparverträge gehe er für das vergangene Jahr von einem Plus von 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr aus, sagt der Vorstandsvorsitzende des Verbands der Privaten Bausparkassen, Bernd Hertweck. Bei der Stückzahl seien es 15 Prozent mehr. Die durchschnittliche Bausparsumme je Vertrag liege mittlerweile auf dem Höchststand von über 70.000 Euro. Die Nachfrage sei nach wie vor hoch.
Die Summe gehe auch deswegen nach oben, weil die Verträge weniger dafür genutzt würden, Geld sicher zu parken - sondern weil die Menschen auch wirklich die Option auf Finanzierung von Eigentum oder einer Renovierung ziehen wollen, sagte jüngst der Chef der Bausparkasse Schwäbisch-Hall, Reinhard Klein.
Der Verbandsdirektor der Landesbausparkassen, Axel Guthmann, beziffert den Zuwachs bei der Bausparsumme für die Monate Januar bis September 2022 auf knapp 49 Prozent. Bei der Zahl der abgeschlossenen Verträge sei es um 22,8 Prozent nach oben gegangen. Die Landesbausparkassen stehen für rund ein Drittel des deutschen Marktes, den Rest teilen sich die privaten Institute.
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„Bauherren und Käufer wollen ihre Finanzierung vor dem Risiko steigender Zinsen absichern“
Der Grund für den Boom liege auf der Hand, sagt Guthmann: „Bauherren und Käufer wollen ihre Immobilienfinanzierung bestmöglich vor dem Risiko steigender Zinsen absichern.“ Eine sichere Eigenkapitalbildung und niedrig verzinste Darlehen - das sei die Kernidee des Bausparens. Das hätten die Menschen im Frühjahr wieder für sich entdeckt.
Beim Bausparen ließen sich noch langfristig Bauzinsen zwischen 1,5 und 2,5 Prozent sichern, sagt auch Hertweck. Zum Vergleich:
Zahlen des Vergleichsportals Check24 zufolge lagen die Zinsen für Baufinanzierungen in Höhe von 300.000 Euro bei Banken Ende November zwischen 3,0 und 5,2 Prozent.
Der Run aufs Bausparen zeige auch, dass der Traum vom Wohneigentum für viele Menschen ungebrochen sei, heißt es von den Bausparkassen. Nur: Bei der Machbarkeit hake es immer mehr. Für eine zunehmende Zahl an Menschen sei Wohneigentum derzeit nicht finanzierbar, sagt Guthmann. Und das nicht nur, weil das Eigenkapital nicht reiche, sondern weil sich viele auch die Kreditraten nicht mehr leisten könnten. „Da nur die wenigsten Eigentümer in spe stattdessen andere Kapitalquellen mobilisieren können, bedeutet dies zwangsläufig, dass die Nachfrage nach Wohneigentum abnimmt - zumeist aber eben ungewollt.“
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„Rund 60 Prozent kaufen gebraucht, nicht neu und sie ziehen ins Umland von Großstädten"
Das Neugeschäft deutscher Banken mit Baufinanzierungen ist in der zweiten Jahreshälfte eingebrochen, die Beratungsfirma Barkow Consulting sprach zuletzt von einem Rekordrückgang.
Von den Bausparkassen floss aufs Gesamtjahr betrachtet weiter viel Geld in den Wohnungsmarkt: Die privaten Anbieter gehen davon aus, 2022 ihre bisherige Rekordmarke von 31 Milliarden Euro an Baugeldauszahlungen aus dem Jahr 2020 wieder erreichen zu können.
Und bei den öffentlich-rechtlichen Bausparkassen zeichnet sich laut Guthmann sogar ein leichtes Plus im Vergleich zu den vorangegangenen beiden Jahren ab. Im Jahr 2021 waren 9,2 Milliarden Euro geflossen. Das ist laut Guthmann hauptsächlich auf die erste Jahreshälfte zurückzuführen. „Inzwischen macht sich der Rückgang der Nachfrage nach Baufinanzierungen aber auch bei den Bausparkassen bemerkbar.“
Das Ifo-Institut berichtet seit Monaten von einer Stornierungswelle bei den Bauunternehmen. Bisher sei vor allem der Mietwohnungsbau betroffen, sagt Hertweck, der auch die Bausparkasse Wüstenrot mit Sitz in Ludwigsburg bei Stuttgart leitet.
Aber auch bei den Eigenheimen sei zunehmend Verunsicherung zu spüren: „Finanzierungswillige warten häufiger ab, wie sich die Situation entwickelt.“ Familien mit Kindern hätten aber beispielsweise Ausweichstrategien entwickelt: „Rund 60 Prozent kaufen gebraucht, nicht neu, und sie ziehen, wenn nicht gleich aufs Land, dann ins Umland von Großstädten.“ Die Chance, zumindest teilweise im Homeoffice arbeiten zu können, erleichtere das Pendeln.
Für das Jahr 2023 erwartet Hertweck für die von ihm vertretenen Häuser „eine Verstetigung des Neugeschäfts auf hohem Niveau“. Die Sonderkonjunktur dürfte angesichts der drohenden Rezession und der nach wie vor hohen Inflation abebben, Zinsabsicherung bleibe aber ein Thema. „Das stimmt uns zuversichtlich.“ (dpa/lwe)
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