Vonovia-SchockDeutschlands größter Vermieter will Mieten an Inflation anpassen

von Aristotelis Zervos

Die Preise steigen so stark wie seit 50 Jahren nicht mehr, alleine im Mai lag die Inflation bei 7,9 Prozent. Gas und Öl erreichen wegen des Ukraine-Krieges bislang unvorstellbare Preisregionen, die Nebenkosten drohen zu explodieren. Ausgerechnet jetzt meldet sich Deutschlands größter Immobilienkonzern zu Wort und kündigt deutliche Mieterhöhungen an. Der Deutsche Mieterbund kritisiert die Inflations-Pläne von Vonovia und stellt klar: So einfach geht’s nicht. Mehr dazu im Video.

Vonovia will Mieten an Inflation koppeln

Deutschlands größtes Immobilienunternehmen Vonovia hält bei einer anhaltend überdurchschnittlichen Inflation deutlichere Mieterhöhungen für unausweichlich. „Wenn die Inflation dauerhaft bei vier Prozent liegt, müssen auch die Mieten künftig jährlich dementsprechend ansteigen“, sagte Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch dem „Handelsblatt“. Sonst würden viele Vermieter in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. „Wir können nicht so tun, als wenn die Inflation an den Mieten vorbeigeht. Das wird nicht klappen.“

Rolf Buch
Nach der Ankündigung von Vonovia-Chef Rolf Buch haben Mieterinnen und Mieter nicht mehr viel zu lachen.
deutsche presse agentur

Dabei werden derzeit vor allem Mietverträge, die an die Inflation gekoppelt sind, zu einer enormen Belastung für Mieterinnen und Mieter. Auch Besserverdienende kommen bei solchen Indexmietverträgen langsam an ihre Belastungsgrenze. Im Video berichtet uns eine alleinerziehende Mutter, wie sie in den letzten acht Jahren sieben Mieterhöhungen erhalten hat und langsam an ihre finanziellen Grenzen stößt.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey spricht sich deshalb für eine Belastungsgrenze für Mieterinnen und Mieter aus. Es gehe darum, "dass niemand in Berlin mehr als 30 Prozent seines Haushaltsnettoeinkommens für die Miete zahlen muss", sagte Giffey dem "Tagesspiegel". "Das wäre fair und eine nachvollziehbare Lösung für alle." Giffey setzt dabei auf einen Kompromiss mit den Wohnungsunternehmen im „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen", das im Juni finale Ergebnisse vorlegen will. Ob dieses Bündnis nach der Vonovia-Ankündigung noch eine Zukunft hat?

Das sagt der Mieterbund zur geplanten Inflationsanpassung bei Vonovia

Der Deutsche Mieterbund (DMB) zeigt sich entsetzt über die mediale Mieterhöhungsankündigung von Deutschlands größtem Immobilienkonzern Vonovia. „Dass Mieterinnen und Mieter für den eingebrochenen Aktienkurs von Vonovia und höhere Zinsen am Kapitalmarkt herhalten müssen, zeigt, dass die Geschäftsmodelle börsennotierter Wohnungskonzerne unsozial und spekulativ sind“, erklärt der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten.

„Spätestens jetzt zeigt sich, dass die blumigen Ankündigungen der Vonovia-Spitze im Zuge der Übernahme der Deutsche Wohnen, wonach die Bestandsmieten um nicht mehr als 1 % pro Jahr steigen sollen, nichts als Makulatur sind und Politik und Kartellamt am Nasenring durch die Manege gezogen wurden. Am Ende zahlen alles die Mieterinnen und Mieter, das ist das Geschäftsmodell von Vonovia und Co.“, so Siebenkotten weiter.

Dabei weist der Deutsche Mieterbund auch darauf hin, dass der Vermieter den „normalen“ Mietvertrag im laufenden Mietverhältnis nicht einfach so auf einen Indexmietvertrag umstellen darf: „Dies ist nur mit Zustimmung des Mieters oder der Mieterin möglich“.

Eine Mieterhöhung kann entsprechend nur innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen erfolgen. „Die Kappungsgrenze legt fest, dass wir nur einen überschaubaren Teil der Miete innerhalb von drei Jahren erhöhen können“, erklärt Immobilienexperte Tobias Just. Außerdem sorge der Mietspiegel in einer Stadt für eine weitere Begrenzung bei einer Mieterhöhung. Gerade Vermieter, die in der Vergangenheit regelmäßig die Mieten erhöht haben, sind durch die Mietregulierungen enge Grenzen gesetzt, so Just weiter.

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Mieterhöhungen bei Vonovia bereits im letzten Jahr

Vonovia ist Deutschlands größter Wohnungskonzern. In Deutschland, Schweden und Österreich vermietet das börsennotierte Unternehmen mehr als 565.000 Wohnungen, davon mehr als 505.000 allein in Deutschland, wo knapp die Hälfte der Bevölkerung zur Miete wohnt.

Bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2021 hatte der Vonovia-Vorstand Mitte März berichtet, dass sich die Miete im Durchschnitt auf 7,33 Euro pro Quadratmeter erhöhte - das waren 2,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Zum Zuwachs trugen den Angaben zufolge vor allem modernisierte Wohnungen bei. Die Kosten für energetische Sanierungen wie etwa Wärmedämmung sowie Austausch alter Heizungsanlagen und Fenster können die Konzerne teilweise auf die Miete umlegen. (mit dpa)

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