Gleichbehandlungs-Zoff

1.000 Euro weniger Gehalt: Frau gewinnt vor Gericht im Streit um gleiche Bezahlung!

Für mehr Lohngerechtigkeit geklagt – und gewonnen! Man muss sagen: Gleichstellung von Frauen und Männern - na klar! Doch gleiche Bezahlung von Frauen und Männer für gleiche Arbeit? Oft noch: Fehlanzeige! Eine Frau aus Sachsen soll sogar 1.000 Euro weniger für die gleiche Arbeit wie ihr Kollege bekommen haben. Klar ist: Die Betroffene aus Sachsen wollte das dringend ändern und hat bis zum Bundesarbeitsgericht geklagt. Ihre Forderung: Sie will genauso viel verdienen wie ihr Kollege am Nachbartisch! Jetzt ist das Urteil gefallen:
Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat in diesem Fall aus Sachsen entschieden, dass Arbeitgeber Verdienstunterschiede von Frauen und Männern nicht mit ihrem unterschiedlichen Verhandlungsgeschick begründen können! Ein Meilenstein – davon sprachen die Anwältinnen der Klägerin nach dem Urteil.
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Diskriminierung des Geschlechts? Klägerin soll 14.500 Euro Gehaltsnachzahlung bekommen

Mit dem Urteil stärken die Richter die Position von Frauen. Konkret sprach das Arbeitsgericht einer 44 Jahre alten Dresdnerin, die im Vertrieb einer sächsischen Metallfirma arbeitete, eine Gehaltsnachzahlungen von 14.500 Euro und eine Entschädigung zu.

Wenn Frauen und Männer wie im verhandelten Fall bei gleicher Arbeit unterschiedlich bezahlt würden, begründe das die Vermutung der Diskriminierung wegen des Geschlechts, sagte die Vorsitzende Richterin Anja Schlewing. Diese Vermutung könnten Arbeitgeber nicht mit dem Argument widerlegen, der Mann habe besser verhandelt oder er sei perspektivisch für einen Leitungsjob vorgesehen, so die Richterin. Das Bundesarbeitsgericht kippte damit die Entscheidungen der Vorinstanzen in Sachsen in großen Teilen. Doch was war vorab geschehen?

Pech gehabt oder unfair bezahlt? Angestellte hat 1.000 Euro weniger als ihr Kollege bekommen!

Der Hintergrund: Der Klägerin wurden 3.500 Euro monatlich in der Einarbeitungszeit angeboten - die Frau sagte „Ja“. Doch bald kamen ihr Zweifel und der Verdacht, dass ihr Kollege, der zwei Monate früher eingestellt wurde und den gleichen Vertriebsjob macht, deutlich mehr verdient. Das wollte die Angestellte nicht auf sich sitzen lassen.

Doch die Reaktion war dürftig: Pech gehabt, wurde der Frau klar gemacht, als sie von der sächsischen Metallfirma in der Nähe von Dresden die gleiche Bezahlung wie ihr kurz zuvor eingestellter männlicher Kollege verlangte. Immerhin betrug der Unterschied beim Grundgehalt in der Probezeit stattliche 1.000 Euro monatlich, später nach Einführung eines Tarifvertrags immer noch etwa 500 Euro - bei gleichen Verantwortlichkeiten und Befugnissen, sagt die Klägerin.

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Darf das Verhandlungsgeschick solch einen Ausschlag für Gehaltsunterschiede geben?

Ihr Arbeitgeber begründete den großen Gehaltsunterschied damit, dass sie bei ihrer Einstellung schlechter verhandelt habe als ihr männlicher Kollege. Beiden sei zunächst das gleiche Gehaltsangebot gemacht worden. Der Arbeitgeber berief sich bei der unterschiedlichen Bezahlung auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit - und hatte damit Erfolg beim Arbeits- und Landesarbeitsgericht in Sachsen.

Verhandelt wird vom Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) wegen Entgeltdiskriminierung. Die Frau, die von 2017 bis 2019 bei der Metallfirma gearbeitet hat, sieht sich wegen ihres Geschlechts benachteiligt. Das Gericht soll nun prüfen, ob es sich um einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz handele. Sie verlangt eine Nachzahlung von 14.500 Euro und eine angemessene Entschädigung für die erlittene Diskriminierung. Unterstützt wurde sie auf ihrem Weg durch die Gerichtsinstanzen von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Nur wenige Frauen würden diesen langwierigen Weg gehen, heißt es bei der Gesellschaft, aber auch bei Gewerkschafterinnen.

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Geprüft wird nach Angaben einer BAG-Sprecherin, ob es möglicherweise objektive, geschlechtsneutrale Gründe für eine geringere Bezahlung gab und ob sich der Arbeitgeber darauf zurückziehen kann, dass der Klägerin ja das gleiche Grundgehalt angeboten wurde wie ihrem Kollegen. „Kann Verhandlungsgeschick den Ausschlag für Verdienstunterschiede geben“, fragt Sarah Lincoln von der Gesellschaft für Freiheitsrechte.

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Wie groß sind die Lohnunterschiede zwischen Frau und Mann in Deutschland für gleiche Arbeit?

ARCHIV - 05.03.2022, Berlin: Eine Frauenhand unterschreibt einen Arbeitsvertrag. (zu dpa: «Frauen im Südwesten verdienen weiter deutlich weniger als Männer») Foto: Annette Riedl/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Wie groß sind die Lohnunterschiede von Frau und Mann in Deutschland für gleiche Arbeit?
adl fgj rwi, dpa, Annette Riedl

Noch ist die unterschiedliche Bezahlung von Frauen und Männern keine Seltenheit in Deutschland - der geschlechtsspezifische Verdienstabstand lag laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr bei 18 Prozent.

  • Frauen erhielten demnach 2022 mit durchschnittlich 20,05 Euro einen um 4,31 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer mit 24,36 Euro. Knapp zwei Drittel der Lohnlücke erklärt das Statistikamt mit höheren Teilzeitquoten und geringeren Gehältern in frauentypischen Berufen. Es bleibt eine bereinigte Lücke von rund 7 Prozent des Brutto-Stundenlohns ohne eindeutige Erklärung.

  • 2006 hatte der Abstand noch 23 Prozent betragen. In Ostdeutschland, wo der Fall spielt, ist die Lohnlücke kleiner als in Westdeutschland: 7 Prozent, im Westen 19 Prozent.

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Hilft das Gesetz? Von wegen! „Benachteiligung von Frauen in Deutschland sind noch immer Tür und Tor geöffnet“

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack bezeichnet das Entgelttransparenzgesetz, das seit 2017 für mehr Gleichheit sorgen soll, als zahnlosen Tiger. „Die Hürden für Gehaltsauskünfte sind zu hoch und es sind keine Sanktionen vorgesehen“, sagte Hannack der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. „Der Benachteiligung von Frauen in Deutschland sind noch immer Tür und Tor geöffnet.“ Ähnlich sieht es Lincoln von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. „Das Gesetz ist zu schwach, um Frauen zu schützen.“

Nach dem Transparenzgesetz bestünden Auskunftsrechte zum Gehalt nur in Unternehmen ab 200 Beschäftigten. Sie, aber auch Lincoln setzen auf eine neue Richtlinie der EU voraussichtlich im Sommer, die mehr Transparenz bei der Bezahlung von Frauen auch in Deutschland schaffen könnte. Das würde zwar die gesellschaftlichen Probleme bei der Benachteiligung von Frauen nicht lösen, aber betriebliche Ursachen für eine Ungleichbehandlung bei der Bezahlung verringern, so Hannack. (dpa/lwe)

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