"Made in Germany" als Lösung?

Das deutsche Taiwan-China-Dilemma

People attend the flag rising ceremony to celebrate China's national day at the base of the Taiwan People's Communist Party in Tainan, Taiwan, October 1, 2022. REUTERS/Ann Wang
Die Beziehung zwischen Taiwan, China und Deutschland ist kompliziert.
AW, REUTERS, ANN WANG
von Mary Abdelaziz-Ditzow und Andrea Sellmann

Wenn China Taiwan angreift, steckt unsere Wirtschaft in der Zwickmühle: An Sanktionen gegen China müsste sich Deutschland beteiligen. Gleichzeitig würden sie der deutschen Wirtschaft massiv schaden. Was ist der Weg?

Ohne China kein Wohlstand in Deutschland

Seit dem Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi ist Taiwan in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt. Mit Raketentests und Militärmanövern macht Xi Jinping deutlich, dass China die Insel an der Ostküste als abtrünnige Provinz betrachtet und derartige Staatsbesuche verurteilt. Als dann auch noch US-Kriegsschiffe die Meerenge passierten, haben sich auch in Deutschland die Sorgen verstärkt, dass der Konflikt bald eskalieren könnte.

Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Situation für Deutschland gleich doppelt fatal: Zum einen werden zwei von drei Halbleitern auf der Welt in Taiwan produziert. In fast jedem Elektronikprodukt, das wir in Deutschland nutzen, finden sich Bestandteile aus Taiwan wieder. Zum anderen hätte eine Verschärfung des Konflikts weitreichende Auswirkungen auf den Handel mit China. Die Volksrepublik ist einer der wichtigsten Handelspartner weltweit für Deutschland.

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm befürchtet, dass die deutsche Wirtschaft im Falle einer Eskalation des Konflikts massiv in Mitleidenschaft gezogen würde - weit mehr noch, als dies aktuell durch den Ukraine-Krieg der Fall ist. Insidern zufolge erwägen die USA bereits ein erstes Sanktionspaket, um eine chinesische Invasion in Taiwan abzuwenden. Im Kriegsfall hätte Deutschland keine andere Wahl als sich politisch zu positionieren und sich an Sanktionen gegen China zu beteiligen, erklärt Veronika Grimm im Podcast "Wirtschaft Welt & Weit". Die Deutschen müssten wahrscheinlich einen großen Teil ihres Wohlstands aufgeben, wenn sie den chinesischen Markt nicht mehr bespielen würden, gibt sie zu bedenken.

Chiphersteller hoffen auf staatliche Hilfen

Die deutsche Wirtschaft ist abhängig von China und Taiwan - so viel ist klar. Aber wie können wir uns aus dieser Abhängigkeit lösen? Reinhard Loske, Politikwissenschaftler und Ökonom und bekennender Skeptiker einer ungeregelten Globalisierung, setzt auf die Rückholung von Produktionsstätten nach Europa. Er beobachte seit Jahren mit Sorge, wie verwundbar Lieferketten geworden sind, sagt er ntv. Unternehmen Produktionskapazitäten müssen daher nach Deutschland und in die EU zurückkehren.

Insbesondere in der Halbleiterbranche ist das allerdings nicht ganz einfach. Denn Taiwan ist hoch spezialisiert. Dort hergestellte Mikrochips dominieren den weltweiten Markt, weil sie besonders klein und leistungsstark sind. Aktuell versucht Europa, durch Gesetzesvorhaben wie den "European Chips Act", Boden im globalen Wettstreit gutzumachen. Wenn Brüssel diese Pläne abnickt, könnten Fördergelder künftig einfacher fließen.

Der US-Halbleiterhersteller Intel zum Beispiel hofft für sein geplantes Werk in Magdeburg aktuell auf diese Hilfen. Denn nur mit großzügiger staatlicher Unterstützung könne man die Kostenlücke zu anderen Standorten schließen. Auch über die Ansiedlung des Marktführers TSMC aus Taiwan auf deutschem Boden wird immer wieder spekuliert, bisher bestreitet man dort aber entsprechende Pläne.

Was muss Deutschland tun, um in der Wirtschaftswelt von morgen noch eine wichtige Rolle zu spielen? Von wem sind wir abhängig? Welche Länder profitieren von der neuen Weltlage? Das diskutiert Mary Abdelaziz-Ditzow im ntv-Podcast "Wirtschaft Welt & Weit" mit relevanten Expertinnen und Experten.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Mehr News-Videos aus den Bereichen Wirtschaft, Finanzen und Mobilität

Playlist 50 Videos

Folgen der Energiekrise - Deutschland vor dem Blackout?

Deutschland steckt in einer Energiekrise. Der Krieg in der Ukraine zwingt die Bundesregierung dazu, auf alternative Energiequellen auszuweichen. Dabei rücken auch nationale Ressourcen in den Fokus. Doch helfen heimisches Gas und Öl durch den Engpass? Die Dokumentation „Folgen der Energiekrise - Deutschland vor dem Blackout?“ auf RTL+ wirft einen Blick auf den Energiemarkt und lässt Experten zu Wort kommen. Sie bewerten u.a. den Umgang mit Kohle und Kernkraft und erklären, was den Ausbau von erneuerbaren Energien bremst.