Claudia betreut ihre Tochter seit 25 Jahren fast rund um die Uhr

„Die Pflege beansprucht uns 24 Stunden am Tag“

von Janina Röttger und Amina Gall

Es ist ein Vollzeitjob!
Claudia Geiken pflegt ihre 25-jährige Tochter schon ihr Leben lang. Wenn sie ausfällt, ist sie auf Hilfe angewiesen – die ist aber schwer zu bekommen.

Rundumbetreuung für die Tochter

Cäcilie Geiken braucht Hilfe. Wenn sie etwas essen will, wenn sie Durst hat, wenn sie einen epileptischen Anfall hat. Jeden Tag. Immer. Cäcilie ist schwerstbehindert, hat geistige und körperliche Beeinträchtigungen. Gepflegt wird sie von ihren Eltern, hauptsächlich von ihrer Mutter Claudia, die ihren Beruf aufgegeben hat, um sich um ihre Tochter zu kümmern. „Die Pflege von Cäcilie beansprucht uns eigentlich 24 Stunden am Tag“, sagt sie. Selbst nachts, wenn sie schläft, bleibt bei ihr gewissermaßen immer ein Ohr wach, falls ihre Tochter sie braucht, erzählt Claudia.

Und im Notfall? Da ist Not am Mann. Im Frühjahr musste Claudia selbst ins Krankenhaus. Kein Pflegedienst konnte spontan einspringen und Cäcilie versorgen. Claudias Mann hat dann die Pflege der gemeinsamen Tochter alleine stemmen müssen – „das macht er auch gerne“, sagt Claudia. Aber: Er musste seinen gesamten Jahresurlaub dafür opfern.

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Die eigenen Bedürfnisse sind zweitrangig

Für Claudia hat die Pflege ihrer Tochter oberste Priorität. „Aber ab und an braucht man dann doch ein bisschen Erholung und auch Entlastung.“ Der Kinobesuch, das gemeinsame Treffen mit Freunden, ein gemütlicher Abend zu zweit? Das geht alles nur, wenn ein Pflegedienst einspringt. Und so einer ist schwer zu bekommen.

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Kampagne #BeiAnrufSorry will auf Pflegenotstand aufmerksam machen

In der Pflege fehlt es an Personal, der Bedarf kann nicht mehr abgedeckt werden. Darauf will die Kampagne #BeiAnrufSorry aufmerksam machen. Durchschnittlich dreimal pro Tag muss jede Pflegeeinrichtung in Deutschland aktuell Absagen verteilen. Trotz leerer Betten mancherorts! „Das Personal ist nicht mehr da und dementsprechend ist die Versorgung mittlerweile auch nicht mehr überall gesichert“, sagt Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste.

Aktuell würden bis zu 100.000 Fachkräfte in der Pflege fehlen – und der Bedarf werde immer großer, sagt Meurer. „Das ist demografisch keine Überraschung“, aber man habe für diese Situation nicht genug vorgesorgt. Sein Verband beteiligt sich an der Initiative. Mit der Kampagne wollen er und seine Kollegen belegen, wie sehr sich der Mangel an Pflegekräften jetzt schon auswirkt, „damit die Politik endlich einmal reagiert.“

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Bundesregierung verspricht Besserung

In der Politik ist das Thema mittlerweile angekommen. Eine einfachere Prüfung soll es ermöglichen, mehr Personal in die Pflege zu bringen, sagt Janosch Dahmen von den Grünen. Wenn man die Prüfung besteht, könne man direkt eingesetzt werden, sagt er.

Der Opposition ist das nicht genug. Sie möchte auch Menschen stärken, die zuhause einen Angehörigen pflegen. Dabei gehe es auch um finanzielle Entlohnung, sagt Tino Sorge von der CDU. Das würde Menschen wie Claudia Geiken helfen – schließlich ist die Pflege ihr Vollzeitjob.