4,46 Euro weniger – pro Stunde!Ab heute arbeiten Frauen in Frankreich umsonst – wie ist das bei uns in Deutschland?
Ab Freitag, 16.48 Uhr, arbeiten Frauen in Frankreich „freiwillig“!
Würden sie für die gleiche Arbeit wie Männer bezahlt, könnten sie ab diesem Zeitpunkt ihre Arbeit für den Rest des Jahres beenden, so die feministische Gruppe „Les Glorieuses“. Berechnet wurde dies auf Grundlage der aktuellen Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen, die laut Eurostat bei rund 14 Prozent liegt. In Frankreich bedeutet das: Ab 8. November arbeitet jede Frau theoretisch unbezahlt. In Deutschland sieht es leider nicht besser aus.
Lohnlücke in Deutschland sogar bei fast 18 Prozent!
Und in Deutschland? Die bisher häufig angeführte geschlechtsspezifische Lohnlücke – der unbereinigte Gender Pay Gap – ist hier mit fast 18 Prozent sogar noch größer. Das Statistische Bundesamt hat ermittelt, dass Frauen im Schnitt 18 Prozent weniger verdienen als Männer. Das entspricht etwa 4,46 Euro pro Stunde – Frauen kommen im Schnitt auf 20,84 Euro brutto, Männer auf 25,30 Euro. Umgerechnet arbeiten Frauen in Deutschland 62 Tage umsonst – also ab dem 30. Oktober.
Der bereinigte Gender Pay Gap, also der Verdienst bei gleicher Qualifikation und Arbeitszeit, liegt bei 7 Prozent und lässt sich nicht begründen.
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Was können betroffene Arbeitnehmerinnen tun, wenn sie für die gleiche Arbeit schlechter bezahlt werden? Arbeitsrechtsexpertin Marion Kahn-Guerra gibt beim französischen Sender bfmtv Tipps!
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Gespräche führen und Beweise sammeln
Zunächst sollten Arbeitnehmerinnen versuchen, das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen. Wenn das nicht hilft, bleibt der Weg vor Gericht. „Betroffene müssen Tatsachen vorlegen, die auf Diskriminierung hindeuten,“ so Kahn-Guerra.
Einsicht in Gehaltsabrechnungen
Das französische Arbeitsrecht erlaubt es Frauen, die Gehaltsabrechnungen männlicher Kollegen auf gleicher Position zur Prüfung einzusehen. Ähnliche Regelungen gibt es in Deutschland – allerdings nur begrenzt und oft anonymisiert.
Gang zum Arbeitsgericht und Schadensersatz fordern
Fehlen Beweise, können Arbeitnehmerinnen das Arbeitsgericht um die Herausgabe relevanter Dokumente bitten. Nach Artikel 145 der Zivilprozessordnung kann das Gericht Beweise vom Arbeitgeber anordnen, die sonst schwer zugänglich wären. Wird Lohnungleichheit bestätigt, müssen Arbeitgeber die Differenz und etwaige Schadensersatzforderungen begleichen.
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Deutschland ist in Europa auf niederen Rängen
Mit einer Lohnlücke von 17,7 Prozent ist Deutschland übrigens laut Statistischem Bundesamt viertletztes Land im europäischen Vergleich. Nur Schlusslicht Estland (21,3), Österreich (18,4) und Tschechien (17,9) sind noch unfairer. Auch wenn sich diese Zahl in den letzten Jahren leicht verringert hat, bleibt die Ungleichheit sehenden Auges bestehen. Spitzenreiter ist übrigens Luxemburg (-0,7), vor Italien (4,3) und Rumänien (4,5). (kra)