Aggressiv, provokant, hitzig
So lief das Kanzler-Triell mit Baerbock, Laschet und Scholz
Das erste Kanzler-Triell der TV-Geschichte ist vorbei. Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (Union) und Olaf Scholz (SPD) stellten sich den Fragen von Pinar Atalay und Peter Kloeppel. Dabei ging Olaf Scholz als führender aller Umfragen in die Debatte, gefolgt von Annalena Baerbock. Für Unionkandidat Armin Laschet war es hingegen wohl eine der letzten Chancen das Ruder noch herumzureißen. Denn CDU/CSU sind aktuell genauso unbeliebt wie Laschet selbst. Ein Grund mehr für den CDU-Chef voll auf Angriff zu setzen. Aber auch Annalena Baerbock ist auf Konfrontationskurs.
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Der Konflikt in Afghanistan
Als erstes Thema sprechen die beiden Moderatoren Pinar Atalay und Peter Kloeppel ein hoch aktuelles an: Der Konflikt und die Evakuierungsmission in Afghanistan. Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet bezeichnet das Vorgehen der Bundesregierung als „Desaster“ - für den Westen insgesamt, aber auch für die Bundesregierung. Er wiederholt deshalb seinen Vorschlag, einen Sicherheitsrat mit den relevanten Ministerien im Bundeskanzleramt zu bilden, auch um die Bundeswehr besser auszustatten. Das sei vor allem das Versäumnis des Bundesfinanzministers Olaf Scholz. Er habe die Anschaffung von Kampfdrohnen aktiv blockiert.
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Auch Annalena Baerbock kritisiert die Bundesregierung scharf. Es dürfe nicht sein, dass sich Teile der Bundesregierung einfach wegducken, wenn es um Verantwortung gehe. "Da hilft auch kein neuer Krisenstab", so Baerbock. Damit prangert sie vor allem die Arbeit von SPD-Außenminister Heiko Maas und CDU-Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer an.
Olaf Scholz, einziges Regierungsmitglied in der Runde, kontert: die Bundeswehr habe vor allem in der Zeit einer schwarz-gelben Regierung zu wenig Geld bekommen. In seiner Zeit als Bundesfinanzminister habe es den "größten Aufwuchs" gegeben auf jetzt über 50 Milliarden Euro. "Dafür habe ich mich sehr eingesetzt."
Die Corona-Krise
Auch beim Thema Coronakrise geht Annalena Baerbock auf Konfrontationskurs. Sie wirft Armin Laschet in seinem Bundesland einen „Schlingerkurs“ vor. Laschet kontert, er habe immer versucht, auf unterschiedliche Infektionsgeschehen jeweils eine passende Antwort gegeben.
Annalena Baerbock geht aber noch einen Schritt weiter. Sie fordert, dass Ungeimpfte nicht die gleichen Rechte haben dürften wie Geimpfte und sie schließt auch eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen nicht aus. Dafür gibt es Lob von RTL-Politikchef Nikolaus Blome: „Baerbock traut sich was und schließt gruppenbezogene #Impfpflicht nicht aus“, so Blome bei Twitter.
Von einer Impfpflicht in jeglicher Form wollen Olaf Scholz und Armin Laschet nichts wissen und folgen damit auch der Politik der aktuellen Bundesregierung. Für Laschet ist sogar eine 2-G-Regelung für sein Bundesland NRW ausgeschlossen.
Immerhin: Auf die Frage nach einer Maskenpflicht im ÖPNV herrscht große Einigkeit.
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Klimapolitik
Die Klimapolitik ist die Paradedisziplin der Grünen und ihrer Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Aus Sicht der Wirtschaft sind viele Vorschläge der Grünen allerdings mehr als schädlich. „Sie legen der Industrie Fesseln an und sagen, dann lauf mal schneller", wirft CDU-Chef Laschet deshalb der Grünen-Kanzlerkandidatin vor. Das einzige, was die Grünen konkret vorschlügen, sei ein Verbot von Verbrennermotoren ab 2030 sowie eine Pflicht zur Installationen von Solarpanelen auf Dächern.
Baerbock kontert: "Offensichtlich haben Sie keinen Plan", wirft Baerbock Laschet in der Klimaschutzpolitik vor. Die CDU müsse endlich Vorschläge vorlegen und nicht nur Vorschläge anderer Parteien torpedieren.
Und auch gegen SPD-Kandidat und Bundesfinanzminister Olaf Scholz schießt Baerbock scharf. Die SPD mache nur im Wahlkampf Klimapolitik, so Baerbock. Wenn die nächste Regierung nicht alles auf Klimaneutralität ausrichte, bekomme Deutschland ein „fettes Problem". Die Politik müsse klare Prioritäten vorgeben und sich nicht wegducken: "Wir brauchen saubere Heizungen in den Kellern", nennt die Grünen-Kanzlerkandidatin als Beispiel.
Schnellrunde: Verbote
Vor allem auch durch ihre Umwelt- und Klimapolitik gelten die Grünen bei vielen als „Verbotspartei“. Doch Annalena Baerbock wehrt sich gegen diese Bezeichnung. „Da, wo jeder Mensch glücklich sein kann und wo es keine Ungerechtigkeiten gibt, ist die Freiheit in unserem Land großgeschrieben.“
Bei Verboten von Inlandsflügen oder Fahrverboten in Innenstädten ist Baerbock allerdings doch dafür. Während Olaf Scholz und Armin Laschet Flugverbote ausschließen, glaube die Grünen-Kandidatin, dass sich durch einen Ausbau des Schienennetzes Inlandsflüge komplett erübrigen.
Auch bei Fahrverboten in den Städten ist Baerbock wesentlich offener, als Scholz und Laschet.
Thema: Steuern
Für Bundesfinanzminister und SPD-Kandidat Scholz kommen Steuererhöhungen auf keinen Fall in Frage. Für besonders hohe Einkommen seien drei Prozentpunkte mehr beim Steuersatz denkbar. "Das halte ich für vertretbar." Aber eine generelle Erhöhung z.B. der Mehrwertsteuer sei unter ihm ausgeschlossen – „dreifach unterstrichen“.
Annalena Baerbock will vor allem Geringverdiener entlasten. Bei Alleinerziehenden mit zwei Kindern könne es eine Entlastung von 2000 Euro geben. Das sei finanzierbar.
Laschet nennt Steuererhöhungspläne von SPD und Grünen töricht. Jetzt komme die Wirtschaft nach der Corona-Krise gerade wieder zurück. Scholz kontert, für besonders hohe Einkommen seien drei Prozentpunkte mehr beim Steuersatz denkbar. "Das halte ich für vertretbar."
Koaliert Olaf Scholz mit den Linken? Das sagt der SPD-Kandidat zu Rot Rot Grün
Für den mit Abstand größten Streitpunkt sorgte nach gut 90 Minuten die Frage nach möglichen Koalitionspartnern. Während Olaf Scholz die Wahl seiner Koalitionspartner von „Prinzipien“ abhängig machen will, fordert Armin Laschet ihn zu einem klaren Bekenntnis gegen die Linke auf. „Sie können nicht spielen wie Angela Merkel und reden wie Saskia Esken“, poltert Armin Laschet. Die Linke sei eine Partei, die Deutschland spalte. „Ich verstehe nicht, wieso es so schwer ist für Sie zu sagen, ‘Mit dieser Partei werde ich nicht koalieren’“.
Scholz selbst zeigte sich von den jüngsten Entscheidungen der Linken den Rettungseinsatz der Bundeswehr abzulehnen enttäuscht. Ein klares Bekenntnis gegen die Linke setze er aber nicht. Die Nato sei eine der zentralen Prinzipien, das für eine Koalition gegeben sein müsste. Obwohl die Linke dies immer wieder abgelehnt hatte, will Scholz sich diese Möglichkeit offenbar weiter offen halten.
Wir stellen die drei Kandidaten vor
Armin Laschet: Nur noch zweite Wahl?
Olaf Scholz: Vom Außenseiter zum Kanzler?