„Jedes Mal, wenn der Zug hupt hier. Dann sackt einem das Herz in die Hose.? Meine Cousine hier ist tödlich verunglückt. Danach Lars. Diese Bilder, die gehen einfach nicht weg.“
Ich bin zurück in Vechta bei Bremen, um dafür zu sorgen, dass ein Versprechen eingehalten wird. Hier war ich schon einmal, vor sechs Jahren. Es geht um einen unbeschrankten Bahnübergang, den auch ich als lebensgefährlich empfunden habe – auch bei diesem kleinen Test am Steuer.
Und es geht um dieses Versprechen, was mir am Ende meiner Recherchen gegeben wurde.
"Also, ich versichere, dass wenn ich Bürgermeister bin, alles dafür tun werden, dass die Bahn getrieben wird, hier endlich ne Lösung zu schaffen."
"Eine mit `ner Schranke?"
"Wenn s nach mir geht mit `ner Schranke."
Doch passiert ist offenbar nichts. Immer noch ist der Bahnübergang unbeschrankt, immer noch warnt nur ein Andreaskreuz und ein eher unauffälliges Schild. Hier starb auch der Familienvater Lars H. 2019 hat mich Anton Siemer gerufen, ein Freund des Opfers. Er wohnt schon sein Leben lang direkt an den Gleisen. Der damals 55jährige rekonstruiert den Unfallhergang.
"Also Lars ist aus der Richtung gekommen, so 200 Meter von hier, da wohne ich, da hinten, ist parallel zur Bahn gefahren, dann kommt diese enge Kurve hier, wo man das Auto erstmal wieder geradestellen muss. Und er muss in Gedanken und nicht aufpassen, so über die Bahn gefahren sein. Und dann ist der Wagen da vom Zug erfasst worden auf dem Bahnübergang und seitlich gerammt und dann hier in den Graben reingeflogen."
"Und dann ist er durch die Gegend geschleudert worden oder wie muss ich mir das vorstellen….der hat dann keine Chance."
Lars H. war sofort tot, so sein Freund. Das Auto gerät in Brand. Durch den Aufprall werden auch Leitungen und die Bahntrasse selbst beschädigt. Die kaputten Teile liegen zu Zeitpunkt der Dreharbeiten immer noch hier herum. Ich treffe auch die Mutter des Opfers. Sie pflegt ein Mahnmal am Bahnübergang.
"Vielen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen, dass sie mit mir darüber sprechen, auch wenn ich mir vorstellen kann, dass es für Sie sehr schwer ist,…..Ja da kommt ein Zug, wir müssen mal n bisschen zur Seite gehen. Sonst macht der noch ne Notbremsung."
Schranken hätten diesen Unfall verhindern können, so die Mutter. Auch schon eine Ampel könnte weiterhelfen. Für die Sicherheit sind verschiedene Behörden und Institutionen verantwortlich: Bund, Gemeinden, die Bahn selbst. Wird hier Verantwortung hin und her geschoben.
Am nächsten Tag fahre ich einen Teil der Strecke zwischen Bremen und Osnabrück ab.? Ich sehe: Es gibt etliche Bahnübergänge, viele auch mit Schranken. Vor einem unbeschrankten hupt der Zug. Im Waggon hört man das Warn-Signal übrigens gut.
"Ich habe mal nachgezählt. Und zwar es vergehen 10 Sekunden, wenn der Zug gehupt hat, bis ein unbeschrankter Bahnübergang folgt."
Natürlich – jeder Autofahrer hat die Pflicht, vorausschauend und aufmerksam unterwegs zu sein, und auch auf mögliche Signale zu hören. Denn ein Zug kann hier nicht mehr bremsen – bei 100kmh beträgt der Bremsweg rund 1.000 Meter.
In Vechta fordern Anwohner seit Jahren Schranken für den Unfallort. Ich will mit den Verantwortlichen der Stadt sprechen. Es ist Wahlkampf und ich habe Glück. Kristian Kater will damals Bürgermeister werden. Er ist damals Gemeinderat und stellt sich meinen kritischen Fragen.
"Geht´s ums Geld???"
"Glaube ich nicht. Also in meinen Augen geht es darum…en, dass die Bahn getrieben wird, hier endlich ne Lösung zu schaffen.?"
Diese Aufnahmen sind jetzt 6 Jahre her. Vor einem Jahr bin ich zurückgekommen und stelle fest, nichts ist passiert. Ich mache mich mit dem Anwohner Anton Siemer auf den Weg ins Rathaus. Kristian Kater ist damals tatsächlich Bürgermeister geworden und seit 5 Jahren im Amt.
"Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen für uns. Schade, dass Sie das Versprechen nicht gehalten haben, was Sie 2019 gegeben haben."
"Nächstes Jahr"
"Das sind gute Nachrichten. Die Beharrlichkeit hat sich gelohnt."
"Warum dauert das so lange….müssen wir was machen"
"Wir erfahren damals: Die Abstimmung zwischen Bund, Land und Bahn habe sich eben hingezogen, doch der Bau sei jetzt für 2025 geplant."
"Darauf geben Sie mir jetzt die Hand. Also Sie versprechen mir jetzt, dass nächstes Jahr hier Schranken sind.?"
"Ich verspreche als Bürgermeister der Stadt Vechta, dass wir alles dafür getan haben und die Zusicherung der Bahn und des Bundes entsprechend eingehalten werden und nächstes Jahr die Bahnstrecken da sind…… das ist mal eine Zusage."
Und nun, wiederum ein gutes Jahr später, bekomme ich diese Videobotschaft von Anton Siemer. Sechs Jahre habe ich mit ihm hier für einen beschrankten Bahnübergang gekämpft, damit hier nicht noch mehr Menschen tödlich verunglücken. Jetzt gibt es große Neuigkeiten.
Ich finde: angesichts solcher Bilder hätte hier schon viel früher etwas passieren müssen. Doch jetzt ist ein langer Kampf um mehr Sicherheit vorbei, und er hat sich gelohnt.