Das sollten Reisende jetzt wissen

Lufthansa-Streik ab Mittwoch an 9 Flughäfen

Statt Erholung im Urlaub droht vielen Reisenden am Mittwoch und Donnerstag ein regelrechter Albtraum am Flughafen: Die Gewerkschaft Verdi hat die rund 20.000 Beschäftigten des Lufthansa-Bodenpersonals für diesen Mittwoch (27. Juli) zu einem flächendeckenden Warnstreik aufgerufen. Damit könnte das Reise-Chaos im Sommer 2022 einen neuen Höhepunkt finden. Im Video erklärt die Rechtsanwältin Nicole Mutschke, welche Rechte Flugreisende jetzt haben.
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Lufthansa streicht rund 1000 Flüge wegen Warnstreik

Die Warnstreiks des Bodenpersonals sollen am Mittwoch, dem 27. Juli, um 3.45 Uhr beginnen und bis Donnerstag, 28. Juli, um 6.00 Uhr dauern. Der von der Gewerkschaft Verdi angekündigte Warnstreik hat in der Hauptreisezeit massive Auswirkungen.

Die Lufthansa stellt wegen des Warnstreiks in München und Frankfurt den Flugverkehr fast ein. „Lufthansa muss an den Drehkreuzen in Frankfurt und München für Mittwoch nahezu das gesamte Flugprogramm absagen", teilte die Airline am Dienstag mit. Am Flughafen Frankfurt streicht die Lufthansa demnach insgesamt 678 Flüge, davon 32 bereits am Dienstag. Am Drehkreuz in München seien es an beiden Tagen insgesamt 345 Flüge. "Die frühe Eskalation nach nur zwei Verhandlungstagen in einer bislang konstruktiv verlaufenden Tarifrunde richtet enorme Schäden an", erklärte Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann. Einzelne Flugausfälle und Verspätungen seien auch am Donnerstag und Freitag noch möglich.

Verdi will in den laufenden Tarifverhandlungen bereits nach zwei Verhandlungsrunden den Druck erhöhen. Fest steht: Passagiere müssen sich auf erhebliche Einschränkungen gefasst machen. Wie viele Flüge gestrichen werden, konnte Lufthansa zunächst nicht sagen. Wie immer in Streiklagen wird ein Sonderflugplan ausgearbeitet.

Lufthansa-Warnstreik an 9 Flughäfen

Zum ganztägigen Ausstand aufgerufen sind ganz unterschiedliche Beschäftigtengruppen wie das Schalterpersonal, Flugzeugtechniker oder die Fahrer der riesigen Schlepper, die Flugzeuge am Flughafen auf die richtigen Positionen schieben. Ohne diese Dienstleistungen können die Jets ebenso wenig abheben wie ohne Piloten oder Kabinenpersonal. Da die Dienste auch anderen Fluggesellschaften außerhalb des Konzerns angeboten werden, sind auch dort Ausfälle möglich, hieß es bei Verdi.

Aufgerufen sind Beschäftigte an folgenden Flughäfen:

  • Berlin

  • Bremen

  • Düsseldorf

  • Frankfurt

  • Hamburg

  • Hannover

  • Köln

  • München

  • Stuttgart

Ein erstes Tarifangebot der Lufthansa hatte die Gewerkschaft abgelehnt, aber für den 3. und 4. August die Fortsetzung der Verhandlungen vereinbart.

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Streik mitten in den Sommerferien: Es droht das totale Urlaubs-Chaos

Der erste Streik bei Lufthansa nach dem Corona-Schock kommt zu einer Unzeit: Eine starke Urlaubsnachfrage und Personalengpässe haben schon ohne Streiks zu erheblichen Abfertigungsproblemen in diesem Sommer geführt. Verdi macht dafür vor allem Missmanagement bei Flughäfen und Airlines verantwortlich.

Der Streikaufruf löste scharfe Kritik bei den Arbeitgebern aus. BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter erklärte: „Die Lufthansa und vor allem deren Passagiere mit Lohnforderungen mitten im Sommer zu belasten, ist absolut unverhältnismäßig. Hier wird der nachvollziehbare Urlaubswunsch der Menschen schamlos ausgenutzt, um einen Vorteil zu erlangen.“

Die Lufthansa liegt jetzt mit zwei von drei Gewerkschaften über Kreuz. Bei der „Vereinigung Cockpit“ läuft bereits die Urabstimmung über unbefristete Piloten-Streiks bei den Airlines Lufthansa und Lufthansa Cargo, die am 31. Juli ausgezählt wird. Bei der als sicher eingeschätzten Zustimmung der Stammpiloten wäre die VC ab August voll streikfähig. Das muss nicht automatisch zu einem schnellen Arbeitskampf führen, sondern soll zunächst den Druck auf das Unternehmen in den festgefahrenen Tarifverhandlungen erhöhen.

Auch die Flugbegleiter-Organisation Ufo berichtet von einer aufgeheizten Stimmung unter ihren Mitgliedern, weil Lufthansa beim Neustart den Bogen überspannt habe. Mit dem jüngst abgeschlossenen „Tarifvertrag Sommer“ hat die Ufo-Tarifkommission aber einen Streikverzicht bis Ende Oktober akzeptiert. Die Kabinengewerkschaft will die grundlegenden Themen im Herbst angehen.

Lufthansa: Streik "schamlos" und "unzumutbar"

Die permanente Überlastung, die hohe Inflation und ein dreijähriger Lohnverzicht würden die Beschäftigten immer mehr unter Druck setzen, erklärte hingegen Verdi-Verhandlungsführerin Christine Behle. „Sie brauchen dringend mehr Geld und sie brauchen Entlastung - für sich selber und für die Passagiere“, sagte die Verdi-Vize-Vorsitzende. Sie bat die Fluggäste um Verständnis. Man habe frühzeitig über den anstehenden Warnstreik informiert, damit sich die Passagiere darauf einstellen und möglicherweise umorientieren könnten.

Die Lufthansa bezeichnete den geplanten Ausstand als „unzumutbar“ für Kundschaft und Mitarbeitende. Eine Arbeitsniederlegung von dieser Dauer über alle Standorte hinweg könne kaum noch als Warnstreik bezeichnet werden, erklärte Personalvorstand Michael Niggemann laut einer Mitteilung. „Das ist umso unverständlicher, als die Arbeitgeberseite bereits hohe und sozial ausgewogene Vergütungserhöhungen angeboten hat - trotz der nach der Corona-Krise wirtschaftlich für die Lufthansa weiter angespannten Situation, hoher Schuldenlasten und unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaft.“

Lufthansa hat nach eigenen Angaben bei einer Laufzeit von 18 Monaten eine zweistufige pauschale Gehaltserhöhung um zusammen 250 Euro angeboten, zu der ab Juli kommenden Jahres noch eine gewinnabhängige Steigerung um 2 Prozent käme. Bei einem monatlichen Grundgehalt von 3000 Euro ergäbe sich daraus eine Steigerung von 9 bis 11 Prozent, rechnete das Unternehmen vor.

Verdi bezeichnete das Beispiel als „schöngerechnet“. Für andere Gehaltsbereiche betrage die Steigerung nur rund vier Prozent und bringe damit für die Beschäftigten Reallohnverluste, sagte sie „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“ (Dienstag). Die Gewerkschaft fordert bei 12 Monaten Laufzeit 9,5 Prozent mehr Geld in den Lohntabellen, mindestens aber 350 Euro. Bei einer Laufzeit von 12 Monaten sollen die unteren Lohngruppen besonders profitieren. Zusätzlich sollten sich alle Stundenlöhne deutlich vom gesetzlichen Mindestlohn absetzen, der im Oktober auf 12 Euro pro Stunde steigt.

Lufthansa-Kunden haben Anspruch auf Entschädigung

Wenn der Flug vor Abflug annulliert wird, haben Flugreisende einen Anspruch auf Ticketerstattung oder ein alternatives Flugangebot. Hinzu kommt noch zusätzlich ein Anspruch auf eine Entschädigung. „Wenn der Flug annulliert wurde, gibt es auch Entschädigungsleistungen, die die Fluggesellschaft zahlen muss: 250 Euro bei der Kurzstrecke, 400 Euro bei der Mittelstrecke und 600 Euro bei der Langstrecke“, erklärt Rechtsanwältin Nicole Mutschke.

Für die Lufthansa wird die Urlaubssaison teuer. Bereits jetzt mussten Tausende Flüge abgesagt und die Passagiere umgebucht und entschädigt werden. Sollten sich die Tarifparteien nicht einigen, drohen weitere Flugausfälle. Leiden müssen darunter vor allem die Kundinnen und Kunden. (dpa/aze)

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