"Ein langer, steiniger und harter Weg"

18-Jähriger will Lufthansa Konkurrenz machen - so bewertet Airline-Gründer Hans Rudolf Wöhrl den Plan!

von Laura Maria Weber

Er hat in den letzten Wochen mit seiner Ankündigung für ordentlich Furore gesorgt. Adem Karagöz ist gerade mal 18 Jahre alt und will eine Airline gründen!
Mit seiner Fluglinie "Bavarian Airlines" möchte er der Lufthansa Konkurrenz machen und einen besseren Service anbieten. Finanzieren will er das mit Investoren – Mehr Infos dazu wollte der 18-jährige im RTL-Interview bislang jedoch nicht bekannt geben. Einen Antrag auf Erteilung einer Betriebsgenehmigung als Luftfahrunternehmen hat er jedenfalls bereits eingereicht. Doch wie realistisch ist das Vorhaben?
RTL hat darüber mit Hans Rudolf Wöhrl, Investor und Airline-Gründer mit jahrzehntelanger Erfahrung im Fluggeschäft gesprochen. Wöhrl (75) ist Ehemann von "Die Höhle der Löwen"-Investorin Dagmar Wöhrl. Er war selbst auch als Pilot im Einsatz. Wöhrl gründete unter anderem in den 1980er Jahren die regionale Fluggesellschaft „Nürnberger Flugdienst“ (NFD), woraus später die Fluggesellschaft Eurowings hervorging. Wie der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl den Plan von Adem Karagöz einschätzt – das ganze Interview im Video.
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Wöhrl zur Gründung von Bavarian Airlines: "Sehr mutig“

Auf die Frage, wie er das Vorhaben von Adem Karagöz, eine neue Airline mit 18 Jahren in Deutschland zu gründen, bewertet, macht Hans Rudolf Wöhrl im RTL-Interview klar:

„Zumindest schätze ich das einmal als sehr mutig ein. Wobei ich natürlich immer sehr vorsichtig bin, solche Vorhaben allzu kritisch zu sehen. Denn als ich 1974 begonnen habe, im Luftverkehr aktiv zu werden, hat man mir auch keine großen Chancen zugebilligt. Und immerhin wurden wir mit NFT, später Eurowings, zu einer der tragenden Säulen im deutschen oder im europäischen Luftverkehr. Also es gibt schon die Möglichkeit, aber es ist ein langer, steiniger und harter Weg“, so Wöhrl.

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Wöhrl: Genehmigungsprozess dauert mindestens 1,5 bis 2 Jahre

Um überhaupt mit einer Airline an den Start zu gehen, braucht es Genehmigungen und Betriebslizenzen. Mit dem Flughafen München gab es offenbar bereits erste Gespräche mit der „Bavarian Airlines“, heißt es vom Gründer. Im RTL-Interview erklärt Adem Karagöz: „Wir sind zuversichtlich, dass wir die Lizenzen erhalten werden und dieses Jahr an den Start gehen werden“. Doch ist das überhaupt machbar?

Hans Rudolf Wöhrl rechnet da im RTL-Interview längere Genehmigungsprozesse vor:

„Zunächst einmal, und das muss man ganz klar sehen, ist sehr viel Geld erforderlich. Das ist einfach mal die Grundvoraussetzung. Denn gerade im europäischen Verbund sind eben die Anforderungen extrem hoch und müssen auch natürlich finanziell entsprechend abgesichert sein, denn sonst gibt es von den Behörden keine Zustimmung“, so Wöhrl. Die Lizenzierung, das sogenannte „AOC“, also das Airline Operator Zertifikat, sei sehr aufwendig zu erhalten, gerade wenn es sich um Verkehrsflugzeuge handle, so wie es auch bei der „Bavarian Airlines“ angedacht sei, erklärt der Investor weiter.

„Ich schätze heute vorsichtig den Genehmigungsprozess vom weißen Stück Papier bis zum Erstflug mit mindestens 1,5 bis 2 Jahre. Und das ist eine Zeit, in der Personal vorgehalten werden muss, in der später Flugzeuge bezahlt werden müssen, in der die ganze Infrastruktur aufgebaut werden muss. Das sind Dinge, die sehr häufig zu optimistisch eingeschätzt werden und die ganz, ganz oft schon zum Scheitern von neuen Airlines führen, bevor sie überhaupt zum Fliegen kommen“, macht Wöhrl deutlich.

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Kann „Bavarian Airlines“ überhaupt profitabel werden?

Die Prognose also von Wöhrl: Mit der Genehmigung werde es länger dauern, als Karagöz einplant – das zum einen.

Zum anderen stellt sich aber auch die Frage, wie profitabel „Bavarian Airlines“ überhaupt werden kann. Adem Karagöz will mit 12 geleasten Maschinen loslegen mit der Idee, mehr Service als andere Airlines für Businesskunden anzubieten – und das zu ähnlichen und marktüblichen Preisen wie sie auch andere Fluggesellschaften anbieten,

Aber inwieweit kann das funktionieren? Investor und Airline-Gründer Hans Rudolf Wöhrl erklärt dazu im RTL-Interview aber mit Skepsis:

„Es wäre ja nicht schwierig, dass Lufthansa den Service etwas verbessert oder die Sitze etwas breiter macht. Aber es ist eben einfach so, dass man hier wirklich mit jedem Cent rechnen muss. Und ich sage immer: Wenn ich heute eine Airline habe, die 50 Millionen Passagiere befördert und nur jeder Passagier einen Euro mehr kostet, dann sind es eben 50 Millionen im Jahr. Und das ist doch eine ganze Menge. Deswegen sind die Airlines gezwungen, wirklich mit spitzer Feder zu rechnen“, so der Investor. Die Wünsche der Passagiere auf der einen Seite und die Bereitschaft dafür auf der anderen Seite auch einen höheren Ticketpreis zu zahlen, sei die Krux, erklärt Wöhrl weiter.

„Der Preiskampf ist hart und ich glaube, die Hoffnung, mit einem bisschen besseren Service tatsächlich einen Wettbewerber aus dem Feld schlagen zu können, diese Rechnung geht nicht auf. Sie ging auch in der Vergangenheit nicht auf. Ich denke an die Ursprünge des Germanwings-Konzept, was ja von großartigen Unternehmen mit sehr viel Geld unterstützt wurde. Auch das hat sich nicht bewährt. Die Passagiere waren nicht bereit, dafür mehr Geld auszugeben oder das gleiche Geld auszugeben wie bei einer Lufthansa“, macht Investor Hans Rudolf Wöhrl deutlich.

Airline-Gründer Wöhrl: "Ich würde heute in eine Airline kein Geld investieren"

Auf die Frage, wie attraktiv es für Investoren ist in diesen Zeiten, Geld in eine Airline zu stecken, erklärt Wöhrl: „Ich glaube, für Investoren, die Erfahrung im Airlinegeschäft haben – völlig uninteressant! Investoren, die eben glauben, dass man in der Airline tatsächlich etwas Neues aufbauen könnte und die entsprechend tiefe Taschen haben, die müssen sich beweisen“, so der ehemalige Airline-Gründer. Wenn hier Investoren zur Verfügung stehen würden, fände Wöhrl das gut, aber für ihn sei klar: „Ich würde heute in eine Airline kein Geld investieren.“

Abschließend macht Wöhrl zur Gründung der Bavarian Airlines klar: „Ich glaube, und das muss ich sagen, so sehr ich auch Respekt davor habe und so sehr ich einen solchen Approach begrüße, ist hier auch ein gewisses Maß von Blauäugigkeit dabei“. Es sei denn, im Hintergrund seien Investoren mit der entsprechenden Erfahrung, die den Zugang und das Vertrauen der Behörden hätten.

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