Stellenabbau geplantWieder Insolvenzverfahren: 149 Filialen und 28 Outlet-Stores von Gerry Weber auf dem Prüfstand

25.01.2019, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Vor einer Filiale des Modeherstellers Gerry Weber steht ein Schild mit der Aufschrift "Final Sale". Der seit langem kriselnde Modehersteller hat einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Foto: Christophe Gateau/dpa
Eine Filiale von Gerry Weber in Nordrhein-Westfalen. Ob sie allerdings bleiben wird, ist unklar.
Christophe Gateau, picture alliance

Gerry Weber befindet sich in der Dauer-Krise: Vor drei Jahren konnte nur ein Insolvenzverfahren das Traditions-Unternehmen retten. Jetzt muss wieder saniert werden. Bei den Filialen und Outlets von Gerry Weber steht diesmal jeder Quadratmeter auf dem Prüfstand.

Deutliche Einschnitte im Filialnetz und Stellenabbau bei Gerry Weber

Der bekannte Bekleidungshersteller Gerry Weber aus Halle in Westfalen steckt wieder in der Krise. Um sich zu sanieren, plant das Unternehmen deutliche Einschnitte im Filialnetz und einen Stellenabbau in noch unbekannter Höhe, wie das Unternehmen mitteilte.

„Das Sanierungsvorhaben ist eine notwendige Reaktion auf die äußeren Umstände“, sagte die Chefin von Gerry Weber International, Angelika Schindler-Obenhaus.

Die Corona-Krise und das durch die hohe Inflation und die sinkende Kaufkraft veränderte Kundenverhalten hätten den Modehersteller hart getroffen. Viele Läden seien nach Corona nicht mehr profitabel zu betreiben.

Gerry Weber International AG soll saniert werden

Bei seinen Sanierungsbemühungen geht das Modeunternehmen diesmal allerdings einen bislang in Deutschland selten genutzten Weg.

Die Gerry Weber International AG beantragte beim Essener Amtsgericht die Einleitung eines Verfahrens nach dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG). Ziel des StaRUG-Verfahrens ist es, dass Unternehmer ihren Betrieb sanieren können, ohne ein Insolvenzverfahren durchlaufen zu müssen.

„Teil des Vorhabens soll ein vollständiger Kapitalschnitt sein, wodurch auch die Börsennotierung der Aktie der Gerry Weber International AG erlöschen würde“, hieß es in der Mitteilung.

So ganz kommt der Modehersteller aber auch diesmal nicht um ein Insolvenzverfahren herum.

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149 Läden und 28 Outlet-Stores von Gerry Weber auf dem Prüfstand

Die Gerry Weber Retail GmbH, in der das deutsche Einzelhandelsgeschäft mit seinen derzeit noch 149 Läden und 28 Outlet-Stores zusammengefasst ist, soll mithilfe eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung restrukturiert werden.

Der Vorteil für das Unternehmen: In der Tochter-Firma sind die meisten Angestellten beschäftigt, bei einem Schutzschirmverfahren übernimmt der Staat drei Monate lang die Gehälter.

Das Einzelhandelsgeschäft müsse insgesamt neu ausgerichtet werden, sagte Weber-Chefin Schindler-Obenhaus. „Hierfür wollen wir das Filialnetz der Zukunft bauen. Denn wir glauben fest an die Filiale. Gleichzeitig müssen wir heute jeden Quadratmeter Fläche auf den Prüfstand stellen“, sagte die Managerin.

Bis Ende Juni werde feststehen, welche Filialen eine Zukunft hätten, hieß es. Wie viele Läden im Zuge der Sanierung geschlossen werden müssten, hänge auch von der Verhandlungsbereitschaft der Vermieter ab.

Gerry Weber will sich nach ihren Worten künftig auf „den gesunden Kern“ konzentrieren und das erfolgreiche Großhandelsgeschäft, den E-Commerce und das Auslandsgeschäft weiter stärken. Diese Bereiche seien von den Sanierungsmaßnahmen deshalb auch nicht betroffen, sagte Finanzvorstand Florian Frank. Die Lieferfähigkeit bleibe vollständig gewährleistet und auch der Geschäftsbetrieb laufe in vollem Umfang weiter.

Görtz, Reno, P&C, Galeria Karstadt Kaufhof - Rettung im Schutzschirmverfahren

Gerry Weber steht mit seinen aktuellen Problemen nicht allein. Zahlreiche Modeanbieter in Deutschland kämpfen derzeit ums Überleben - darunter auch viele bekannte Namen. Deutschlands letzte große Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof suchte bereits Ende vergangenen Jahres Rettung in einem Schutzschirmverfahren.

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Der Modehändler Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf (P&C) folgte im März. Der Schuhhändler Görtz hatte diesen Schritt bereits im September getan. Allein in Köln müssen vier von fünf Görtz-Filialen schließen. Der Wettbewerber Reno musste erst vor wenigen Wochen einen Insolvenzantrag stellen. (dpa/aze)

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