Trotz schwerer Vorwürfe gegen den Öl- und Gas-StaatDeutschland und Katar unterzeichnen Energiepartnerschaft

Der Emir von Katar ist zu Besuch in Deutschland. Und nicht wenige Kritiker haben sich im Vorfeld gefragt: Wie tief wird die Verbeugung unserer Regierungsmitglieder und Staatschefs diesmal sein? Von einer lupenreinen Demokratie ist Katar ähnlich weit weg wie Russland. Doch Scheich Tamim Al Thani hat etwas im Angebot, auf das Deutschland noch nicht verzichten kann: Gas. Spielt es da noch eine Rolle, dass Katar schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden und Tausende Arbeiter auf den WM-Baustellen gestorben sein sollen?
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Schwere Menschenrechtsverstöße und Tausende Tote auf WM-Baustellen
Bereits am 20. März hat sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit dem Emir von Katar in Doha getroffen. Es sei "großartigerweise" fest vereinbart worden, eine langfristige Energiepartnerschaft einzugehen, sagte der Bundeswirtschaftsminister in der katarischen Hauptstadt.
Doch die tiefe Verbeugung des Bundeswirtschaftsministers vor seinem katarischen Amtskollegen Saad Sherida Al-Kaabi warf doch einige Fragen auf. Denn seit Jahren steht Katar als Austragungsland der kommenden WM (21. November bis 18. Dezember 2022) wegen Menschenrechtsverletzungen und der Situation der Arbeitsmigranten in der Kritik. Laut Berichten sollen Tausende Arbeiter auf Baustellen gestorben sein. Die katarischen Machthaber bestreiten dies und verweisen stets auf Reformen.

Amnesty stellte im neuen Bericht zur Situation in Katar erneut fest, dass zwar „einige Fortschritte erzielt" worden seien. Der „begrenzte Geltungsbereich und ihre mangelhafte Umsetzung" hätten dazu geführt, „dass schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen fortbestehen".
Das hält die Bundesregierung aber nicht davon ab, mit Katar eine Energiepartnerschaft abzuschließen – und die auch noch abzufeiern. „Die neue Energiepartnerschaft zwischen Deutschland und Katar wird Teil eines erfolgreichen Netzwerks, das die Beschleunigung der globalen Energiewende zum Ziel hat“, heißt es in einer Mitteilung des Bundeswirtschaftsminsteriums.
Das steht in der Energiepartnerschaft
Die Energiepartnerschaft soll Deutschland durch den Bezug von Flüssiggas-Importen (LNG) aus Katar bei der Diversifizierung seiner Gasversorgung helfen und zugleich der Zusammenarbeit bei „grünem Wasserstoff“ einen Schub verleihen, teilte das Bundeswirtschaftsministerium weiter mit.
Außerdem soll die neue Partnerschaft den „hochrangigen Austausch“ beider Regierungen zu energiebezogenen Themen fördern, Brücken zwischen beiden Ländern bauen und Akteure aus öffentlichem und privatem Sektor zusammenbringen. Vorgesehen seien regelmäßige Treffen zwischen dem katarischen Energieministerium und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Das Wirtschaftsministerium kündigte zwei Arbeitsgruppen an. Die Arbeitsgruppe LNG und Wasserstoff werde die Handelsbeziehungen in dem Bereich fördern und ein Diskussionsforum zu Fragen der Infrastruktur und regulatorischen Maßnahmen schaffen. Die Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Lastmanagement werde sich ferner mit dem Ausbau von Kapazitäten bei erneuerbaren Energien sowie verbundenen Themen wie Infrastruktur und Strommärkte befassen. Auch Klimaschutz solle eine Rolle spielen: Das Gremium solle den Dialog zu Energieeffizienzlösungen voranbringen, „welche zur Dekarbonisierung der Sektoren Gebäude, Verkehr und Industrie beitragen können“.
Die Bundesregierung will den Gasbezug Deutschlands breiter aufstellen und so schnell wie möglich nicht mehr auf Erdgas aus Russland angewiesen sein. Flüssigerdgas spielt dabei eine Schlüsselrolle. Deutschland treibt hierzu auch den Bau von LNG-Terminals in Norddeutschland voran. Die Pläne werden von Energiekonzernen wie RWE und Uniper unterstützt. Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach hatte am Mittwoch auf der Hauptversammlung berichtet, dass der Bezug von Flüssigerdgas aus Katar eine Option sei.
Keine Option kann allerdings sein, angesichts der tollen Geschäftsaussichten die Augen zu verschließen. In einem offenen Brief an FIFA-Präsident Gianni Infantino Amnesty International fordert gemeinsam mit Gewerkschaften und Fangruppen ein Entschädigungsprogramm für von Menschenrechtsverletzungen betroffene Arbeitsmigranten im WM-Gastgeberland Katar. Demnach solle der Fußball-Weltverband mit dem Emirat "mindestens 440 Millionen US-Dollar" bereitstellen, laut Amnesty etwa die Summe der WM-Preisgelder. Vielleicht sollte man zu dem Thema ebenfalls eine Arbeitsgruppe gründen. (dpa/reuters/sid/aze)
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