BundesarbeitsgerichtKündigung vor Renteneintritt sozial gerechtfertigt - das sagt die Anwältin für Arbeitsrecht

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bis zu zwei Jahren vor dem Renteneintritt stehen, haben nach einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts bei betriebsbedingten Kündigungen schlechte Karten, im Unternehmen zu bleiben. Nicole Mutschke, Fachanwältin für Arbeitsrecht, erklärt die wichtigsten Punkte des Urteils.
Rentennähe muss bei sozialer Auswahl berücksichtigt werden
Bei der sozialen Auswahl sei neben anderen Kriterien auch die Rentennähe zu berücksichtigen, entschied das Bundesarbeitsgericht am Donnerstag in Erfurt (6 AZR 31/22). „Bei der Gewichtung des Lebensalters kann hierbei zu Lasten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden, dass er bereits eine (vorgezogene) Rente wegen Alters abschlagsfrei bezieht“, erklärten die höchsten deutschen Arbeitsrichter in einem Fall aus Nordrhein-Westfalen.
Das gelte auch, „wenn der Arbeitnehmer rentennah ist, weil er eine solche abschlagsfreie Rente oder die Regelaltersrente spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem in Aussicht genommenen Ende des Arbeitsverhältnisses beziehen kann“, erklärten die Richter. Lediglich eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen dürfe nicht berücksichtigt werden.
Ältere Arbeitnehmer "sozial am wenigsten schutzwürdig"
Geklagt hatte eine im Jahr 1957 geborene Frau, der der Insolvenzverwalter eines Unternehmens unter anderem wegen ihrer Rentennähe im Jahr 2020 gekündigt hatte.
Sie gehörte zu 61 von knapp 400 Beschäftigten, die auf einer Namensliste zu kündigender Arbeitnehmer standen. Der beklagte Insolvenzverwalter vertrat die Ansicht, die Frau sei in ihrer Vergleichsgruppe sozial am wenigsten schutzwürdig. Sie hätte die Möglichkeit, zeitnah im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis eine Altersrente für besonders langjährig Beschäftigte zu beziehen.
In den ersten beiden Gerichtsinstanzen hatte die Frau mit ihrer Kündigungsschutzklage noch Erfolg. Trotzdem kommt das Urteil des Bundesarbeitsgerichts nicht ganz überraschend.
Rechtsanwältin Nicole Mutschke: "Senioritätsprinzip schon länger umstritten"
„Das sogenannte Senioritätsprinzip ist schon länger umstritten. Auch andere Gerichte hatten in der Vergangenheit schon entschieden, dass es bei Betriebsvereinbarungen zulässig sei, rentennahen Arbeitnehmern geringere Chancen zum Verbleib im Betrieb zuzuordnen.
Bereits im Jahre 2017 hatte auch das Bundesarbeitsgericht selbst schon geurteilt, dass ein regelaltersrentenberechtigter Arbeitnehmer in einer Sozialauswahl hinsichtlich des Kriteriums „Lebensalter“ deutlich weniger schutzbedürftig sei als ein Arbeitnehmer, der noch keine Altersrente beanspruchen könne“, erklärt Nicole Mutsche, Fachanwältin für Arbeitsrecht, das Urteil.

Auswahlkriterium Lebensalter ist bei Kündigung "ambivalent"
Die Bundesrichter erklärten, das Auswahlkriterium Lebensalter sei ambivalent. Den die soziale Schutzbedürftigkeit nehme wegen schlechterer Arbeitsmarktchancen mit steigendem Lebensalter zu. Sie sinke aber wieder, wenn Arbeitnehmer spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses über ein Ersatzeinkommen in Form einer abschlagsfreien Rente verfügen könnten, erklärten sie. Die Betriebsparteien hätten bei einer Sozialauswahl somit einen Wertungsspielraum.
Für Rechtsanwältin Mutschke ist die Entscheidung der Richter nachvollziehbar. „Was im ersten Moment ungerecht erscheint, ist es bei genauerer Betrachtung nicht.“ Man könnte ohnehin argumentieren, „ob es nicht diskriminierend ist, dass jüngere Arbeitnehmer grundsätzlich schlechter gestellt sind.“
„Bedenkt man den Sinn und Zweck einer Sozialauswahl, nämlich denjenigen Arbeitnehmer vor einer Kündigung zu schützen, der auch sozial am schutzwürdigen ist, dürfte das Auswahlkriterium „Lebensalter“ tatsächlich ambivalent sein, so Nicole Mutschke.
Wie so oft kommt es dann auf den EInzelfall an. (mit dpa/aze)
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