Vorsitzende der Thüringer Tafeln empört über Zustände: "Das hat mit dem Tafelgedanken überhaupt nichts zu tun"

Deutsche zuerst: In einer Thüringer Tafel müssen Geflüchtete warten bis Deutsche versorgt sind

PRODUKTION - 03.07.2023, Berlin: Ein Mitarbeiter gibt ein Brot in die Tasche einer Frau an der Brotausgabe in der Ausgabestelle Paul-Schneider-Haus der Berliner Tafel. Jeden Montag findet die Ausgabe statt. Zum bevorstehenden Bundestafeltreffen kommen Vertreter der Tafeln aus ganz Deutschland zusammen, um einen neuen geschäftsführenden Vorstand der Tafel Deutschland zu wählen und diverse Themen zu diskutieren. Foto: Carsten Koall/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Deutsche zuerst? In einer Thüringer Tafel müssen Geflüchtete, laut Medienberichten, warten bis Deutsche versorgt sind.
geo, dpa, Carsten Koall

Deutsche zuerst: Zwei-Klassen-Einteilung bei der Tafel?
Weniger Spenden, kaum Ehrenamtler und gleichzeitig immer mehr Bedürftige – für die Tafeln in Deutschland ist es aktuell keine einfache Zeit. Die Tafel im thüringischen Khala soll Medienberichten zufolge Menschen in zwei Gruppen aufteilen: Erst sollen Deutsche versorgt werden, danach erst Geflüchtete. Was jetzt die Landesvorsitzende der Thüringer Tafeln dazu sagt.

Zwei-Klassengesellschaft bei Tafel im thüringischen Kahla?

Sie müssen hoffen, dass am Ende noch ein paar Lebensmittel für sie übrig bleiben – Ukrainische Geflüchtete müssen sich, laut Berichten des Mitteldeutschen Rundfunks, bei der Tafel im thüringischen Kahla hinten anstellen.

Das Unglaubliche: Hier sollen erst sollen deutsche Tafelkunden bedient werden, dann erst kommen die Ukrainer dran. Und wenn dann keine Lebensmittel mehr da sind, dann gehen sie eben leer aus.

Besonders am Ende des Monats, wenn das Geld bei vielen Menschen knapper werde, sei der Andrang bei der Tafel groß.

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Deutsche zuerst: Knappe Lebensmittelspenden sollen Grund für Bevorzugung sein

PRODUKTION - 03.07.2023, Berlin: Ein Mitarbeiter gibt ein Brot in die Tasche einer Frau an der Brotausgabe in der Ausgabestelle Paul-Schneider-Haus der Berliner Tafel. Jeden Montag findet die Ausgabe statt. Zum bevorstehenden Bundestafeltreffen kommen Vertreter der Tafeln aus ganz Deutschland zusammen, um einen neuen geschäftsführenden Vorstand der Tafel Deutschland zu wählen und diverse Themen zu diskutieren. Foto: Carsten Koall/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Zwei-Klassengesellschaft bei Tafel im thüringischen Kahla?
geo, dpa, Carsten Koall

Aber wie kommt es zu der Einteilung? Wegen immer weniger Lebensmittelspenden gebe es auch immer weniger zu verteilen, heißt es von der Chefin des Kahlaer Tafelvereins Tina Staude im Bericht des MDRs.

Die Regelung erst Deutsche an die Lebensmittelausgabe zu lassen und dann erst die Ukrainer, erklärt Stade dabei so: "Die Deutschen waren vorher da und sie werden immer noch da sein, wenn die Ukrainer irgendwann wieder weg sind. Wir sind auf unsere deutschen Kunden angewiesen. Die Ukrainer akzeptieren das und haben damit Gott sei Dank überhaupt kein Problem."

Eine ukrainische Tafelkundin, die im Bericht des MDRs zitiert wird, zeigt sich dankbar über die Unterstützung der Tafel in Kahla, allerdings würde sie sich wünschen, dass für alle Tafelkunden die gleichen Pakete mit Lebensmittel gepackt würden.

Das lehnt Tafel-Chefin Staude, laut Bericht, aber ab. Nicht alle Kunden würden die gleichen Lebensmittel wollen, zu viel würde dann weggeworfen, so die Erklärung. Eine Anfrage von RTL bei der Kahlaer Tafel zur Situation vor Ort läuft aktuell.

Die Tafel in Kahla gehört nicht mehr zum Landesverband der Tafeln in Thüringen.

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Vorsitzende der Tafeln in Thüringen über Bevorzugung deutscher Tafelkunden: "Das ist völlig daneben"

Deutsche Tafelkunden vor, Ukrainer hinten an – eine Einteilung, die völlig daneben sei, erklärt die Vorsitzende des Landesverbands der Tafeln in Thüringen, Beate Weber-Kehr, auf RTL-Anfrage. „Das hat mit dem Tafelgedanken überhaupt nichts zu tun."

Schon seit Jahren habe es mit der Tafel in Kahla Probleme gegeben, erklärt Weber-Kehr. So habe die Tafel ihre Gemeinnützigkeit nicht nachweisen können. Daher sei der Verein in Kahla auf Beschluss des geschäftsführenden Vorstands des Bundesverbands aus dem Verband der Tafeln ausgeschlossen worden. Er dürfte den Namen „Tafel“ daher auch nicht mehr führen, erklärt Weber-Kehr im RTL-Interview.

Das Schild mit der Aufschrift „Tafel“ durfte laut Landesverband als Entgegenkommen hängenbleiben, weil ein Wechsel aufwendig wäre, heißt es von der Vorsitzenden der Thüringer Tafeln weiter. Sie betont: "Wir wollen natürlich Tafelarbeit in Kahla und den Menschen dort ein Angebot ermöglichen, aber unter geordneten Verhältnissen". Der Landesverband sei in Gesprächen mit der Stadt Kahla, um ein neues Tafelangebot aufzubauen, allerdings müsse sich dafür auch der Restverein auflösen.

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Tafeln kämpfen ums Überleben

Klar ist: Immer mehr Tafeln müssen ums Überleben kämpfen. Rund ein Drittel der fast 970 Tafeln verfügte nach Zahlen vom Verein Tafel Deutschland aus dem Jahr 2022 einen Aufnahmestopp für neue Kunden. Nahezu zwei Drittel mussten die Lebensmittelmenge je Haushalt verringern. Zugleich zieht mit einer neuen Plattform für gleichmäßige Lebensmittelverteilung die Digitalisierung bei den Tafeln ein.

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine und den Preissteigerungen erleben die sozialen Institutionen einen regelrechten Run: 40 Prozent der Tafeln verzeichnen nach einer Umfrage aus dem Jahr 2022 rund 50 Prozent mehr Kunden, jede Fünfte sogar bis zu 100 Prozent. Darunter sind immer mehr Kunden aus dem Mittelstand, die durch Corona ihren Job verloren haben, in Kurzarbeit sind oder ihre Selbstständigkeit aufgeben mussten, wie Werth beobachtet hat. Dazu kommt: Die Zahl der ehrenamtlichen Helfer ist fast um 70 Prozent zurückgegangen. (mit dpa/lwe)

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