Gemüseknappheit in Großbritannien

Supermärkte am Limit: Briten kämpfen mit Produktengpässen - ist bald auch Deutschland betroffen?

von Laura Böhnert

Britische Supermärkte sind am Limit: wer aktuell in Supermärkten wie Asda einkaufen möchte, muss sich auf leere Regale einstellen, zumindest bei Obst und Gemüse. Denn dort herrscht seit Tagen gähnende Leere. Ob Tomaten, Paprika, Gurken oder frisches Obst, viele der Körbe bleiben leer oder nur wenig gefüllt. Dort wo eigentlich Angebotsschilder hängen, prangen jetzt Hinweise mit folgender Aufschrift: „Maximaler Kauf: Drei Artikel pro Kunde“.
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Leere Regale: Gemüse ist in Großbritannien momentan Mangelware

Obwohl sich Großbritannien nach Informationen des Spiegel im Sommer weitgehend selbst versorgt, importiert das Land nach Angaben des Verbands britischer Einzelhandelsunternehmen (BCR) von Dezember bis März in der Regel 95 Prozent seiner Tomaten und 90 Prozent der Salate.

Das bestätigt auch Andreas Brügger, er ist Geschäftsführer des deutschen Fruchthandelsverbands (DFHV): „Der Verbrauch von Obst und Gemüse in Großbritannien lief eigentlich immer ganz gut, aber im Moment sind die Regale leer. Zum Teil bei bestimmten Obst und Gemüsearten, weil der Nachschub nicht oder nicht rechtzeitig auf die Insel kommt.“

Doch woran liegt das? Grund Nummer eins: Überraschend kaltes Wetter in Südspanien und Marokko hat die Ernte beschädigt oder zumindest verlangsamt. Dort wurden Tomaten- und Paprika-Felder durch niedrige Temperaturen mit Hagel bedeckt.

Grund Nummer zwei: Auch in lokalen Gewächshäusern sei weniger produziert worden, da Betreiber mit den steigenden Energiekosten zu kämpfen hatten. Ein ähnliches Bild habe sich zudem in weiteren zuliefernden Ländern wie den Niederlanden gezeigt.

Experten sehen den Hauptgrund für die Engpässe im Brexit

Neben den wetterbedingten Problemen, die die Ernte beeinflussen, sieht Andreas Brügger ein noch viel größeres Problem: „Nach unserer Einschätzung ist der Brexit die eigentliche Ursache der ganzen Misere, weil der Brexit letztendlich dafür gesorgt hat, dass die wirtschaftliche Situation auf der Insel schwierig ist. Sie haben zusätzliche Zollkontrollen für sanitäre Kontrollen, Konformitätskontrollen, jede Menge Verwaltung, dazu logistische Probleme, hohe Kosten.“

All das sorge dafür, dass die Versorgung der Insel mit Frischware extrem schwierig verlaufe. Laut der National Farmers Union (NFU) müssen sich die Briten auch weiter Sorgen machen: Denn der Verband rechne damit, dass die Produktion bei Tomaten und Gurken auf den niedrigsten Stand seit 1985 fallen werde.

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"Maximaler Kauf: Drei Artikel pro Kunde"


Shortage of lettuce at Adsa, Dalgety Bay, Fife See SWNS story SWLSveg. Many shops are struggling with stocking tomatoes, onions, peppers, lettuce, broccoli, cucumbers, cauliflowers and cabbages due to cold weather in Spain as well as here in the UK. In Britain, frost damage has written off many fields growing vegetables like carrots, parsnips, cabbages and cauliflowers. One Tesco store displayed a notice that said: Cold weather in Spain has impacted the amount of crop availability and resulted in poor quality. Sorry for any inconvenience cause.  / action press
Beschränkte Artikelmengen: In Filialen der britischen Supermarktkette Asda werden manche Artikel rationiert, so wie hier Salate.
action press, ACTIONPRESS FOTO ONLINE

Was bedeutet das für britische Märkte? Asda ist nicht die einzige betroffene Kette. Auch Filialen der beliebten Tesco und Sainsbury’s Märkte klagen über Engpässe bei Obst- und Gemüse-Lieferungen.

Einige der Filialen rationieren deshalb die Anzahl bestimmter Produkte pro Einkauf. So ist es den Kundinnen und Kunden nur möglich, zwei Packungen Tomaten oder drei Salatköpfe auf einmal einzukaufen.

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Sind wir in Deutschland auch bald betroffen?

„Wir rechnen nicht damit, dass es in Deutschland auch zu solchen Rationierungen von frischem Obst und Gemüse kommt. Wir haben öfter auch schon mal erlebt, dass wir Engpässe haben, aber das ist im Prinzip bei uns sogar Tagesgeschäft“, erklärt Brügge vom DFHV.

Das sehen auch lokale Obst- und Gemüsebauern so. Trotzdem seien die Nachrichten aus Südspanien besorgniserregend: Seit zwei Wochen ist es in Spanien ungewöhnlich kalt. Das bremst vor allem die Ernte von Salaten, Kohlrabi und Spitzkohl. Ende letzten Jahres war es in Spanien jedoch wärmer als sonst, das Gemüse sei deshalb viel zu schnell gewachsen. So kam es zu einem Überangebot.

In Deutschland müssen wir uns laut Experten aber keine Sorgen machen. Hier habe man einen „riesengroßen Vorteil“, betont auch Andreas Brügger. „Wir sind Mitglied in der EU, wir haben offene Grenzen, wir können die frische Ware so schnell wie es geht vom Produzenten an den Kunden bringen. Und das ist in Nicht-EU-Ländern nicht möglich.“

Das zeige auch das Beispiel Großbritannien: Der Import dauere viel länger und sei komplizierter, da der Handel seit dem Brexit nun auch mit Währungsrisiken verbunden sei. Auch die NFU sehe hier den Hauptgrund, demnach seien durch den Austritt aus der EU Handelshürden und Personalmangel entstanden.

Deutschland muss maximal mit gleichbleibend hohen Preisen rechnen

In Deutschland können wir außerdem auf andere Zulieferer aus den Niederlanden oder Süditalien zurückgreifen. Zu Produktengpässen sollte es also nicht kommen. Was aber passieren könne, seien höhere Preise.

Andreas Brügger erklärt: „Wir haben keinerlei Reglementierung. Die Preise richten sich nach Angebot und Nachfrage. Und wenn die Ware knapp wird, steigen automatisch die Preise. Es reguliert sich aber auch wieder sehr schnell in die andere Richtung, sobald wieder mehr Ware kommt, egal woher, dann gehen die Preise auch automatisch wieder nach unten.“

Neben den Experten geben auch die deutschen Supermarktketten Entwarnung. „Aufgrund jahrelanger Zusammenarbeit mit lokalen Lieferanten ist die Warenversorgung trotz aktueller Engpässe weiterhin sichergestellt“, betont ein Sprecher der Lidl-Gruppe. Auch Edeka und Aldi äußern sich ähnlich: Man beobachte die Lage auf dem Markt, stelle die Versorgung aber weiterhin sicher.

EU-Staaten erfreuen sich an großer Auswahl an Obst und Gemüse

In den sozialen Medien zeigt sich derweilen ein lustiger Austausch zwischen besorgten Briten und anderen EU-Bürgern, die nicht lange zögern, um zu zeigen, dass in ihren lokalen Märkten noch bunte Vielfalt in den Gemüse-Abteilungen herrscht.

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