"Zu spät reagiert"Deutsche Post DHL entschuldigt sich für Brief-Chaos

ARCHIV - Ein Briefträger trägt mit seinem Handwagen in Düsseldorf die Post aus (Archivfoto vom 04.11.2004).Die pünktliche tägliche Post-Zustellung ist eine Art heiliges Gut im Leben der Deutschen. Wenn die Deutsche Post ihren gewohnten Service aus Spargründen ausdünnt, ist der öffentliche Aufschrei groß. Das gilt neben der Zustellung auch für die Schließungder Post-Filialen. Bei der Zustellung gab es in den Ferienmonaten Juli und August auffallende Einschränkungen: Der Bote kam vielerorts später und Montags blieb der Briefkasten auch schon mal leer. Mitte nächster Woche soll der Sommerspuk aber wieder ein Ende haben: Die Post will die Einschränkungen wieder stoppen und zur gewohnten Zustellung zurückkehren, wie Sprecher Klasen am Mittwoch (19.08.2009) in Bonn sagte. Foto: Martin Gerten dpa/lnw (zu KORR: "Leere Briefkästen - Verwirrung um Post-Zustellung" vom 19.08.2009) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Die Deutsche Post hat in vielen Regionen Probleme mit der Zustellung.

Die Deutsche Post hat bei der Zustellung von Briefen erhebliche Probleme eingeräumt. In bestimmten „Hotspots“ fehlten bis zu 30 Prozent des Personals, sagte das zuständige Post-Vorstandsmitglied Nikola Hagleitner am Mittwoch in Bonn.

Ballungszentren und süddeutscher Raum besonders von Post-Chaos betroffen

Als Beispiele für betroffene Gegenden nannte Hagleitner Teile von Berlin sowie generell Ballungszentren und den süddeutschen Raum. Bei den Zustellproblemen geht es im Schwerpunkt um Briefe, bei der Paket-Auslieferung sieht es besser aus.

Dies liege unter anderem an einem hohen Corona-Krankenstand. Habe man im Juli 2021 noch 100 Corona-Krankmeldungen gehabt, so seien es im Juli 2022 schon 6800 gewesen. In anderen Gegenden sehe es besser aus, im Gesamtschnitt fehlten zwei Prozent des Personals in der Zustellung. Die Personalprobleme führten dazu, dass von den rund 50.000 Zustellbezirken 100 nicht bedient werden könnten. Hagleitner betonte, dass das Netz bundesweit stabil sei. „Aber die lokalen Probleme möchte ich nicht beschönigen.“

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Vorständin Hagleitner begründete die Probleme mit einer schwierigen Lage am Arbeitsmarkt: Es sei schwieriger als früher, Fachkräfte zu finden. Zudem spiele eine Rolle, dass Kunden und Wettbewerber, die das Post-Netz mitnutzen, mehr Volumina einliefern und die Netzbelastung dadurch steige.

Notfallpläne für Zustellung zu spät aktiviert

Beim Umgang mit den Problemen räumte das Management Fehler ein. Notfallpläne seien mitunter zu spät aktiviert worden. „Das müssen wir ganz selbstkritisch so sagen“, sagte Thomas Schneider, Produktionschefs von Post & Paket Deutschland. Der Konzern hatte sich vor zwei Jahren mit der Bundesnetzagentur auf Maßnahmen geeinigt, um flexibler auf Engpässe beim Personal reagieren zu können. Die Pläne sehen unter anderem vor, dass in den Hotspots jeder Haushalt nur noch jeden zweiten Tag angelaufen wird und sich die Briefzustellung dadurch verlangsamt. Diese erste Stufe der Maßnahmen greife nun in einzelnen Zustellbezirken, um die Spitzen abzufangen und den Druck zu reduzieren, berichtete die Post.

Von Juli bis September gingen bei der Bundesnetzagentur 11.500 Beschwerden wegen verlorener oder verspäteter Sendungen ein. Die allermeisten davon richteten sich gegen den Marktführer, die Deutsche Post DHL. Der Dreimonatswert war höher als die Gesamtzahl aller Beschwerden im ersten Halbjahr (8900). Zählt man alle Beschwerden der ersten drei Quartale zusammen, so sind es schon jetzt ein Drittel mehr als im ganzen Vorjahr (15 100).Laut Schneider haben die Zustellprobleme zuletzt etwas nachgelassen. „Die betrieblichen Kennzahlen entwickeln sich deutlich in die positive Richtung.“ Man sei aber „noch nicht über den Berg“.

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Die Post ist gesetzlich verpflichtet, dass mindestens 80 Prozent der Briefe am nächsten Werktag zugestellt werden. Diese Vorgabe hält die Post nach eigener Darstellung trotz der Zustellprobleme ein. Manager Schneider sagte, dass man bei 83 bis 84 Prozent liege. Früheren Firmenangaben zufolge lag diese Quote für die Zustellung am nächsten Tag im Jahr 2020 noch bei 88,7 Prozent.

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Bundestagsabgeordneter Meiser: Verfehlte Personalpolitik mit nur befristeten Neueinstellungen

Aus der Politik kam Kritik. Anstatt die Menschen mit den Zustellproblemen zu überraschen, hätte die Post früher die Karten auf den Tisch legen sollen, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Reinhard Houben. „Ein Konzern wie die Post hätte durch eine offene Kommunikation und gegebenenfalls eine Informationskampagne um Verständnis für die Situation werben sollen“, sagte der Liberale. „Das hätte ihr manchen Ärger und Vertrauensverlust erspart.“

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser sagte, dass die Probleme bei er Briefzustellung hausgemacht seien. „Sie sind Folge der Teilprivatisierung und des massiven Renditedrucks, der inzwischen auf der Deutschen Post lastet und in dessen Folge immer wieder vor allem beim Personal gespart wurde.“ Die Personalpolitik mit nur befristeten Neueinstellungen sei verfehlt.

Unterdessen rüstet sich die Post für das immense Sendungsaufkommen, das sie im anstehenden Weihnachtsgeschäft erwartet. Bis zu 11 Millionen Pakete pro Tag wird die Post in der Zeit vor Heiligabend nach Firmenschätzung zustellen. Helfen sollen hierbei nicht nur extern eingestellte Saisonkräfte, sondern auch zusätzliche Beschäftigte aus den eigenen Reihen: Bis zu 10.000 Verwaltungskräfte sollen in diesem Jahr bei Bewältigung der Sendungsmengen helfen. (dpa/aze)

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