Diese Folgen hat die nächste Zinserhöhung für Bürgerinnen und Bürger
EZB erhöht Zinsen um weitere 0,75 Prozent
Europas Währungshüter stemmen sich gegen die Rekordinflation im Euroraum. Die Europäische Zentralbank hat in ihrer Sitzung am Donnerstag in Frankfurt eine weitere Anhebung der Leitzinsen beschlossen. Es gibt erneute eine kräftige Zinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte, damit beträgt der Leitzins inzwischen 2 Prozent. Im Video erklärt RTL-Finanzexpertin Susanne Althoff, was die Zinserhöhung für Bürgerinnen und Bürger bedeutet.
Dritte Zinserhöhung der EZB innerhalb kurzer Zeit
EZB-Präsidentin Christine Lagarde bekräftigte unlängst die Entschlossenheit der Notenbank im Kampf gegen die hohe Inflation. „Wir werden tun, was wir tun müssen. Das heißt, die Zinsen in den nächsten Sitzungen erhöhen“, sagte Lagarde. Wenn die EZB ihren Auftrag zur Gewährleistung von Preisstabilität nicht erfülle, „würde das der Wirtschaft viel mehr schaden“.

Die Euro-Währungshüter hatten bei ihrer Sitzung am 21. Juli erstmals seit elf Jahren die Zinsen im Euroraum wieder angehoben. Ein weiterer Schritt erfolgte am 8. September. Der EZB-Rat beschloss erstmals in der Geschichte der Notenbank eine Zinsanhebung um 0,75 Prozentpunkte. Damit stieg der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB leihen können, auf 1,25 Prozent.
Was bringt eine Zinserhöhung?
Die Inflation im Euroraum hatte sich im September weiter beschleunigt und erreichte einen Rekordwert. Gegenüber dem Vorjahresmonat erhöhten sich die Verbraucherpreise um 9,9 Prozent. Es war der höchste Wert seit Einführung des Euro als Buchgeld 1999.
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Ökonomen halten ein deutlich höheres Zinsniveau für notwendig, um die Inflation wirksam zu bekämpfen. Mit höheren Zinsen kann die Notenbank steigenden Teuerungsraten entgegenwirken. Es gibt allerdings auch Sorgen, mit einer zu schnellen Normalisierung der zuvor jahrelang ultralockeren Geldpolitik die Konjunktur zu bremsen, die ohnehin unter Lieferengpässen und den Folgen des Ukraine-Krieges etwa auf dem Energiemarkt leidet.
Was bedeuten Zinserhöhungen für Sparer?
Erste Banken haben die Zinsen für Tages- oder Festgeld bereits erhöht. Auch wurden die Negativzinsen auf dem Tagesgeld- oder Girokonto abgeschafft. Zuletzt mussten Banken 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Viele Institute geben diese Belastung an Privatkunden ab bestimmten Summen auf dem Konto als sogenanntes Verwahrentgelt weiter.
Allerdings werden die weiterhin mageren Zinsen von der hohen Inflation aufgefressen. Finanzmarktexperten wie Robert Halver raten daher weiterhin vom Zinssparen ab.
Welche Folgen haben höhere Zinsen für Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer?
Für sie wird es absehbar teurer. Steigende Zinsen erhöhen die Kosten für Kredite und bremsen so die Nachfrage. Das hilft dabei, die Inflation im Griff zu behalten. Nach Erfahrung von Verbraucherschützern geben Banken und Sparkassen steigende Zinsen vergleichsweise zügig an Kreditnehmer weiter, das gilt auch für Dispozinsen. Die Bauzinsen, die sich an der Verzinsung von Bundesanleihen orientieren, sind bereits deutlich gestiegen.
„Die Durchschnittszinsen für zehnjährige Baufinanzierungen haben sich ausgehend von 0,8 Prozent zum Jahresstart fast vervierfacht und sind auf über drei Prozent geklettert“, berichtet Ingo Foitzik, Geschäftsführer Baufinanzierung beim Vergleichsportal Check24. Höhere Zinsen treffen diejenigen, die ein neues Darlehen brauchen oder eine Anschlussfinanzierung für einen Immobilienkredit.
Ein Beispiel: Wer Anfang 2022 einen zehn Jahre laufenden Immobilienkredit über 400.000 Euro mit einem Zinssatz von 0,8 Prozent und einer Anfangstilgung von 2 Prozent abschloss, muss dafür monatlich 933 Euro zahlen. Bei einem Abschluss eines solchen Darlehens im Juni sind es monatlich 1667 Euro. Bei laufenden Hypothekenkrediten ändert sich nichts.
Wird es bei Otto, Mediamarkt oder Saturn weiter eine Null-Prozent-Finanzierung geben?
An der Null-Prozent-Finanzierung wird sich voraussichtlich nichts ändern. Der Versandhändler Otto teilte RTL bereits mit, auch nach einer Leitzinserhöhung die Null-Prozent-Finanzierung unverändert anzubieten.
Wer ein Produkt über eine "Null-Prozent-Finanzierung" kauft, schließt tatsächlich einen Kredit bei einem Kreditinstitut ab, mit dem der Händler kooperiert. „Es handelt sich dabei meist um einen klassischen Ratenkredit mit fester Laufzeit und Ratenhöhe, jedoch ohne Zinsbelastung für den Kreditnehmer“, erklärt die Verbraucherzentrale. Der Kaufpreis für die Ware wird über die Kreditauszahlung direkt an den Händler beglichen, die Raten werden an das Kreditinstitut gezahlt.
Die Händler werden ihrer Kundschaft gerade bei teureren Produkten weiterhin die Möglichkeit bieten, auch bei fehlendem Eigenkapital Anschaffungen ohne Zusatzkosten vornehmen zu können. Für viele Käuferinnen und Käufer ist die Null-Prozent-Finanzierung oft der entscheidende Kaufanreiz.
Die Folgen der Zinswende für Aktionärinnen und Aktionäre
Jahrelang profitierten die Börsen von den Niedrigzinsen und der Geldschwemme großer Notenbanken. In der Zinsflaute herrschte Anlagenotstand, Investoren mussten das viele billige Geld schließlich irgendwo anlegen. Sie setzten daher verstärkt auf Aktien, die auch dank Dividenden attraktiver waren als manche andere Geldanlage. Das trieb die Aktienkurse nach oben. Bei einem Ende der ultralockeren Geldpolitik könnten andere Anlagen wieder an Attraktivität gewinnen.
Die Folgen der EZB-Entscheidung für den Staat
Für den Staat wird es teurer, Geld aufzunehmen. Die Renditen von Bundesanleihen sind in Erwartung einer strafferen Geldpolitik und eines Endes der milliardenschweren EZB-Anleihenkäufe bereits gestiegen. Große Sorgen muss sich der deutsche Fiskus nach Einschätzung von Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) derzeit allerdings nicht machen, „weil der reale Wert der Staatsverschuldung mit einer Inflation weit über dem Zinssatz mit großer Geschwindigkeit weginflationiert wird“. (dpa/aze)
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