Grundversorgung
Verbraucherschützer ziehen wegen überhöhter Stromtarife vor Gericht

Im Streit um die Einführung von höheren Grundversorgungstarifen für Strom- und Gas-Neukunden zieht die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen jetzt vor Gericht. Es seien einstweilige Verfügungen gegen drei bereits abgemahnte Unternehmen beantragt worden, erklärte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Einstweilige Verfügungen gegen Rheinenergie Köln, Stadtwerke Gütersloh und Wuppertaler WSW
Die Verbraucherschützer hatten vor zwei Wochen die drei Energieversorger Rheinenergie (Köln), Stadtwerke Gütersloh und die Wuppertaler WSW Energie & Wasser wegen einer Aufspaltung der Energietarife für Neu- und Bestandskunden abgemahnt. Die geforderte Unterlassungserklärung hätten die Unternehmen allerdings nicht abgegeben.
Viele Grundversorger, also die Energieanbieter mit den meisten Kunden in einer Region, haben in den vergangenen Wochen neue Tarife für Neukunden eingeführt. Hintergrund ist die Liefereinstellung durch Energiediscounter wie Stromio, wodurch Hunderttausende ehemalige Kunden in die sogenannte Ersatzversorgung durch den örtlichen Grundversorger fielen.
Dabei kam es zu krassen Abschlagszahlungen. Im Video erzählt eine betroffene Kundin, wie sie nach der Kündigung durch ihren bisherigen Stromanbieter satte 1.200 Euro Abschlag für Strom an den Grundversorger zahlen soll – im Monat.
Diese sind verpflichtet, die Kunden bei Wegfall des bisherigen Lieferanten zunächst weiter mit Strom und Gas zu versorgen. Sie müssen die Energie aber laut Branchenverband zu aktuell sehr hohen Preisen zukaufen.
Man strebe eine schnelle juristische Klärung an, um die Ungleichbehandlung von Verbrauchern bei Strom- und Gastarifen zu stoppen, so die Verbraucherzentrale. Viele Grundversorger verlangten von Neukunden Preise, die um ein Vielfaches höher lägen als die der Bestandskunden. Die Verbraucherzentrale sieht darin eine Ungleichbehandlung, die gegen geltende Vorschriften des Energierechts verstößt.
Bundeskartellamt: "Missbräuchlich überhöhte Mondpreise“
Das Unternehmen Rheinenergie hatte vergangene Woche die „Preisspreizung“ für Neukunden als rechtmäßig und kundenfreundlich bezeichnet. Man habe die zusätzlichen Kosten für eine nicht planbare zusätzliche Energiebeschaffung dort zugeordnet, wo sie entstanden seien - „durch Weitergabe dieser zusätzlichen Kosten an die neuen grundversorgten Kunden“, hatte das Unternehmen mitgeteilt.
Dem widerspricht allerdings Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Ähnlich wie die Verbraucherschützer spricht er in die Zusammenhang von „missbräuchlich überhöhten Mondpreisen“. Er sehe diese Praxis der Tarifspreizung kritisch, „auch wenn ein gewisser Preisunterschied angesichts der derzeitigen Verwerfungen am Markt und der sehr hohen Beschaffungskosten gerechtfertigt sein könnte“.
Es gehe dabei vor allem um das richtige Maß. „Es ist kartellrechtlich durchaus relevant, wenn jemand, der auf die Grundversorgung angewiesen ist - und sei dies auch nur für einen Übergangszeitraum - missbräuchlich überhöhte Mondpreise zahlen muss“, erklärte der Präsident des Bundeskartellamts. Die Versorger sollten sich bewusst sein, „dass sie die Höhe der jetzt aufgerufenen Tarife für Neukunden im Einzelnen auch rechtfertigen können müssen“.
Die Versorger müssten unterm Strich ihre momentan stark erhöhten Beschaffungskosten decken können. Dies dürfe aber nicht zu missbräuchlich überhöhten Preisen führen. „Vielleicht ist eine angemessene - ich betone angemessene - Tarifspreizung für eine Übergangszeit sogar das mildere Mittel.“ Eine Preiserhöhung in der Grundversorgung für die Bestandskunden wäre auch problematisch. „Damit würden auch Kunden betroffen, die zum Beispiel aus Bonitätsgründen ihren Versorger gar nicht wechseln können.“
Die Bundesregierung will jetzt mit einer Gesetzesreform kurzfristigen Kündigungen von Strom- und Gasverträgen durch Billiganbieter sowie Preissprüngen einen Riegel vorschieben. Künftig soll es einheitliche Tarife in der Grundversorgung geben, damit Neukunden nicht das Doppelte oder Dreifache gegenüber Bestandskunden zahlen. (dpa/aze)
Mehr News-Videos aus den Bereichen Wirtschaft, Finanzen und Mobilität
„Retouren-Wahnsinn - Die dunkle Seite des Onlinehandels“ bei RTL+
Zu groß, zu klein, gefällt nicht - jede sechste Online-Bestellung wird zurückgeschickt, bei Kleidung sogar jede zweite. Für den Kunden einfach, für den Handel eine logistische Herausforderung. Denn die Pakete müssen nicht nur abgeholt werden, die Ware muss auch noch geprüft werden. RTL+ zeigt in der Doku "Retouren-Wahnsinn - Die dunkle Seite des Onlinehandels" alles – von der Rücksendung bis zur Verwertung der Ware.