Josefine (14) aus Aschersleben von Ex-Freund (14) getötet?
Psychologin erklärt: Wie Teenies zu Killern werden können
Tagelang wird die 14-jährige Josefine vermisst, am Mittwoch entdecken Zeugen ihre Leiche in einem Garagenhof in Aschersleben (Sachsen-Anhalt). Tatverdächtig ist ihr gleichaltriger Ex-Freund, mit dem sich Josefine vor ihrem Verschwinden treffen wollte. Weshalb werden Teenager zu Killern? Oft kämen Täter aus prekären Verhältnissen oder hätten in der eigenen Familie Gewalt erfahren, erklärt Psychologin Rüya Kocalevent im RTL-Interview. "Dann gibt man sechsmal häufiger Gewalt weiter."
Rüya Kocalevent: Gewalt führt zu weiterer Gewalt

Jeder Mensch werde von seinem Umfeld geprägt, berichtet die Expertin. "Wir werden ja nicht gewaltbereit geboren." Wer aber in der Familie lerne, Konflikte mit Gewalt zu lösen, handele später auch selbst so.
Das Alter ist nach Ansicht von Rüya Kocalevent nicht der ausschlaggebende Faktor. "Pubertierende haben zwar mitunter eine geringere Impulskontrolle, aber das lässt sich nicht verallgemeinern. Es kommt immer auf den Einzelfall an und auf das, was der Jugendliche in der Familie erlebt hat."
Jugendliche suchen sich kriminelle Vorbilder
Einer solchen Tat gingen oft Ohnmachts- oder Eifersuchtsgefühle voran, "die in einer großen Wut münden und dann eskalieren können", erläutert die Psychologin. Auch Vernachlässigung und Drogen- oder Alkoholkonsum könnten eine Rolle spielen. "In manchen Fällen gibt es auch kriminelle Vorbilder, die sich Jugendliche gezielt suchen."
Psychologin: Haftstrafe für junge Täter "eins der letzten Mittel"
Wie geht es für einen Menschen, der als Teenager eine so schlimme Tat begangen hat, weiter? Letztlich hätten Strafrechtler über eine mögliche Haftstrafe zu entscheiden, sagt Rüya Kocalevent – "aber wenn wir über den Punkt Verhaltensänderung sprechen, sollte Haft eins der letzten Mittel sein". 60 Prozent der inhaftierten Jugendlichen würden rückfällig. "Das bedeutet: Durch die Nebenwirkungen dessen, was man im Gefängnis erlebt, erhöht sich die Rückfallquote."
Fall Aschersleben: Haftbefehl gegen 14-Jährigen erlassen
Laut Polizei führten die Ermittlungen zu Josefines Tod auf die Spur von zwei 14-jährigen Jugendlichen. Gegen einen von ihnen wurde ein Haftbefehl wegen Verdachts des Totschlags erlassen – dabei soll es sich um Josefines Ex-Freund handeln. Für die Nachbarn ist es "unbegreiflich", dass er das Mädchen getötet haben soll.
Mutmaßlicher Täter beteuerte immer wieder seine Unschuld

Nach Informationen der "Bild"-Zeitung hat der Teenager die Tötung inzwischen gestanden. Der Achtklässler beteuerte dem Bericht zufolge zunächst immer wieder seine Unschuld. Als die Leiche der 14-Jährigen gefunden wurde und die Ermittler ihm dies erzählten, ließ er seine Eltern rausschicken und gestand das Verbrechen.
14-Jähriger soll Josefine getötet haben - weiterer 14-Jähriger stand Wache
Wie die "Mitteldeutsche Zeitung" berichtet, wurde Josefines mutmaßlicher Totschläger bereits am Mittwoch verhaftet. Der Haftbefehl wird in einer Jugendanstalt vollzogen. Der andere 14-Jährige soll während der Tat Wache gestanden haben. Er wurde jedoch mangels dringenden Tatverdachts aus dem polizeilichen Gewahrsam entlassen, wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte.
Josefine verschwand nach geplantem Treffen mit Ex-Freund
Josefine wollte laut Polizei am 4. November ihrem Ex-Freund in Aschersleben persönliche Gegenstände übergeben. Danach war sie nicht mehr zu erreichen. Am Freitag erschien Josefine nicht in der Schule. Freunde und Bekannten konnten nicht sagen, wo sie sich aufhält. Ihre Mutter rief per Facebook zur Suche nach der 14-Jährigen auf. Die Polizei suchte mit einer Hundestaffel nach dem vermissten Mädchen. Im Rahmen der Vermisstensuche wurde auch Josefines Ex-Freund befragt.
Trauer um "Josi" in Aschersleben
Donnerstagmorgen versammelten sich hunderte Bürger in Aschersleben zu einer Trauerfeier für "Josi", wie die 14-Jährige genannt wurde. Viele Schulklassen mit Lehrern kamen zum Holzmarkt, unter den Trauernden waren auch Verwandte der getöteten Josefine. Die Karnevalsfeiern in der 30.000-Einwohner-Stadt in Sachsen-Anhalt sind aus Respekt vor Josefines Angehörigen abgesagt worden.
Großtante der Getöteten: "Sie hatte noch das ganze Leben vor sich"
Josefines Großtante beschrieb im RTL-Interview ihre Gefühle. "Wir haben schon Tage vorher gebangt und gehofft, dass man sie gesund wiederfindet", sagte Ilona Hinz. "Die Nachricht hat uns geschockt. Die ganze Familie, die ganzen Leute aus Aschersleben trauern jetzt um die kleine Josi. Es ist einfach schrecklich. Das ist ein Stück Familie. Sie hatte noch das ganze Leben vor sich." (bst)