Tolgas Mutter heute Morgen, kurz nach dem Urteil. Der Gang aus dem Gerichtssaal fällt ihr schwer, ihre Tochter muss sie stützen, versucht sie zu beruhigen. Denn das heute gesprochene Urteil ist in ihren Augen keine gerechte Strafe: „Für mich ist es schwer, weil ich habe alles gesehen. Ich habe die Bilder gesehen, ich habe die Videos gesehen, ich habe alles gesehen. Und das ist für eine Mutter schwer.“
Es ist die Nacht zum 10. Mai, die alles verändern soll. Tolgas angebliche Freunde überreden ihn rauszukommen, auf einen Spielplatz in Menden. Es kommt zum Streit. Tolga soll mit einem Messer angegriffen worden sein.
Tolgas Schwester Gjülperi Ismailov: „Man hat mich angerufen und hat mir gesagt ‚Dein Bruder wurde abgestochen‘. Ich habe es erst mal nicht geglaubt.“
Der mutmaßliche Täter flieht zunächst, aber kurz darauf kann der 17-jährige Alexis R zu Hause festgenommen werden. Er leistet keinerlei Widerstand. Das Erschreckende Alexis R und die anderen Jugendlichen sind für Tolgas Familie keine Unbekannten.
Gjülperi Ismailov: „Wir kennen alle, die mit dabei waren. Die waren alle schon bei uns zu Hause. Meine Mutter hat sogar zu einzelnen von denen gesagt: ‚Ich sehe euch, meine eigenen Söhne.‘ Die haben hier übernachtet, gegessen.“
Auslöser für die Tat war angeblich ein banaler Streit um einen E-Roller, aber Tolgas Schwester glaubt das nicht wirklich: „Es ist ein geplanter Mord und dafür sollte es schon eine gerechte Strafe geben und nicht einfach so. Ja, okay, er hat es getan und er soll einfach so ein paar Jahre bekommen und das war's.“
Anfang November startet dann der Prozess am Landgericht Arnsberg. Der Hauptangeklagte ist der 17-Jährige Alexis R. Außerdem sind neun weitere Jugendliche angeklagt. Da alle minderjährig sind, findet der Prozess von Anfang an unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Während des Prozesses kommt auch das Gericht zur Erkenntnis, dass wahrscheinlich nicht bloß ein banaler Streit, der Grund war, warum Tolga sterben musste.
Dr. Alexander Brüggemeier, Landgericht Arnsberg: „Die Kammer kam zu dem Ergebnis, dass hier heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen der Herr heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen einen Menschen getötet hat.“
Näher begründet das Gericht, das Urteil nicht. Doch laut Tolgas Familie soll er schon lange von seinen vermeintlichen Freunden gemobbt und geschlagen worden sein.
Kurz nach dem Urteil sind Tolgas Mutter und Schwester vor allem eines: enttäuscht. Der 17-Jährige Alexis R. wurde zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren verurteilt.
Mutter Tashmiran Ismailov: „Ich wollte zehn Jahre, die sie Alex nehmen und die andere Kinder auch so zwei, drei Jahre. Alle. Alle. Das war ein Plan.“
Gjülperi Ismailov: „Eine Strafe, wo jeder einzeln, nicht nur Alexis, die neun Angeklagten, alle, einfach alle, die meinen Bruder angefasst haben, die ihn berührt haben, das all die Einzelnen von ihnen Strafe bekommen würde. Aber nein. Was sie bekommen haben, war nur Sozialstunden.“
Für Alexis R. hatte die Familie von Tolga auf die Höchststrafe gehofft.
RTL-Reporter Klaus Felder: „Eine siebenjährige Jugendstrafe hört sich für eine Mutter, die ihren Sohn verloren hat, sicherlich nicht nach einer gerechten Strafe an. Hier muss aber ganz klar gesagt werden, dass das Jugendstrafmaß eine Höchststrafe von zehn Jahren vorsieht. Die sieben Jahre sind also im oberen Bereich des Drittels des Strafmaßes angesiedelt.“
Da die übrigen Angeklagten alle auch minderjährig sind und nicht direkt an dem Mord beteiligt waren, sondern nach Auffassung des Gerichts nur anwesend waren, hat sich die Richterin hier für Sozialstunden entschieden.
Auch wenn das Urteil für Tolgas Mutter und Schwester nicht zufriedenstellend ist, können sie nun zumindest einen Schlussstrich ziehen und in Ruhe um Tolga trauern.