Erhöhte Gefahr auch für Deutschland

Cyberattacken in der Ukraine könnten erst der Anfang sein

von Johannes Ahlemeyer und Zarah Reinders

Bereits vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine wurde das Land angegriffen: Websites der Regierung waren zeitweise lahmgelegt, nun wurde auch eine Malware entdeckt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser geht nun auch von einer erhöhten Gefahr für Deutschland aus.
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Cyberangriffe bereits im Januar aufgefallen

Schon im Januar waren mehrere Internetseiten der ukrainischen Regierung attackiert worden. Vorübergehend konnten die Webseiten von Außen-, Katastrophen- und Forschungsministerium nicht aufgerufen werden. Am Mittwochabend berichtete das US-amerikanische Sicherheitsunternehmen ESET auf Twitter, dass es auf hunderten ukrainischen Rechnern eine Malware namens "HermeticWiper" gefunden habe, mit der Daten beschädigt oder gelöscht werden können. Am Donnerstagmorgen berichtete zudem der ukrainische Minister für digitale Transformation, Mychailo Fedorow, über Cyberattacken. Auf Telegram schrieb er, dass "Angriffe auf alle grundlegenden Informationsquellen stattgefunden haben und ununterbrochen stattfinden". Man habe jedoch den "Cyberspace verteidigt", jetzt sei "alles stabil". Fedorow gab keinen Hinweis zur Herkunft der Angriffe.

Laut Thomas Köhler, Experte für Cybersicherheit seien diese bisherigen Attacken „kleinere Angriffe“ gewesen. „Was wir in der Vergangenheit gesehen haben, war aber viel mehr. Da gabs bereits im Russland-Ukraine-Konflikt massive Angriffe auf die Stromversorgung, Leute saßen im Dunkeln, hatten kein Licht und keine Heizung“, erklärt Köhler im Interview mit RTL. Aus seiner Sicht könnten bald wieder schwerwiegendere Angriffe kommen. „Wir müssen damit rechnen, in dem Maße wie der Westen und Deutschland Sanktionen gegen Russland verhängt, dass diese Gegenreaktionen provozieren und die können und werden meiner Meinung nach Cyberattacken sein. Das sind realistische Szenarien, auf die man vorbereitet sein sollte“, so Köhler.

Bundesinnenministerium sieht erhöhte Gefahr für Deutschland

 Nancy Faeser SPD, Bundesministerin fuer Inneres und Heimat, aufgenommen bei einem Statement nach Beratungen mit den Praesidenten der deutschen Sicherheitsbehoerden zur aktuellen Lage in der Ukraine in Berlin, 24.02.2022. Berlin Deutschland *** Nancy Faeser SPD , Federal Minister of the Interior and Homeland, recorded during a statement after consultations with the presidents of the German security authorities on the current situation in Ukraine in Berlin, 24 02 2022 Berlin Germany Copyright: xFlorianxGaertner/photothek.dex
Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat, sieht erhöhte Gefahr von Cyberangriffen auch für Deutschland.
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist bereits alarmiert. „Die Sicherheitsbehörden haben auch die Schutzmaßnahmen zur Abwehr etwaiger Cyberattacken hochgefahren und relevante Stellen sensibilisiert“, so Faeser am Freitag in Berlin. Cyberangriffe seien ein häufiges Mittel in Konfliktsituationen „wir gehen daher auch für deutsche Stellen von einer erhöhten Gefahr durch Cyberangriffe aus.“ Auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erkenne derzeit eine erhöhte Bedrohungslage für Deutschland. „Diese Situation kann sich nach Einschätzung des BSI jederzeit ändern“, erklärt das Bundesamt auf RTL-Anfrage. Derzeit gebe es aber noch keine Anzeichen für Cyberangriffe auf deutsche Ziele.

Ein Problem ist laut Köhler allerdings, dass Deutschland auch in Friedenszeiten vielfach mit Cybersicherheit überfordert sei. „Wir haben mit dem Koalitionsvertrag ein Bekenntnis der neuen Regierung zur Cybersicherheit gesehen. Dieses Bekenntnis sieht aber keinen Hack-back vor. Das heißt, wir sind rein defensiv aufgestellt“, so Köhler. Zudem fehle es vielerorts an Fachkräften.

Das wirke sich auch auf deutsche Unternehmen aus. „Viele Unternehmen setzen nach wie vor antiquierte Technologie ein und sind eben nicht im Stande moderne und komplexe Angriffe sofort zu erkennen und abzuwehren“, so Marc Wilczek, IT-Sicherheitsexperte gegenüber RTL. Dennoch sollten Firmen genauer als sonst hinschauen. „Insbesondere wenn sie in diesen Bereichen kritischer Infrastrukturen tätig sind, also Transport, Logistik, Energie, Wasser“, so Köhler. Auch das Gesundheitswesen sei besonders gefährdet.

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