Wasserstoff aus Kanada
Der fast perfekte Energie-Deal für Deutschland

Demokratische Werte und viele Energie-Potentiale machen Kanada zum attraktiven Partner für die deutsche Energiewende. Das zweitgrößte Land der Welt will Deutschland bereits 2025 ersten grünen Wasserstoff liefern. Ein scheinbar perfekter Plan für die Sicherung unseres Energiebedarfs – wenn es nicht drei bedenkliche Hürden geben würde.
Deutsch-kanadischer Wasserstoff-Deal Meilenstein für Energiewende
Kanada will bis 2050 zum drittgrößten Wasserstoff-Produzenten der Welt werden. Dafür ist Premierminister Justin Trudeau bereit, Milliardenbeträge in den Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur zu investieren. Der neue Sektor soll rund 360.000 neue Jobs schaffen und umgerechnet einen Umsatz von 32 Milliarden Euro machen.
Diese Ambitionen plus das demokratische Wertesystem, auf dem Kanadas Politik basiert, machen das Land für Deutschland zu einem attraktiven Energiepartner. Vor knapp drei Monaten hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck deshalb gemeinsam mit dem kanadischen Energieminister Jonathan Wilkinson ein ambitioniertes Abkommen in Stephenville unterzeichnet: Demnach soll Kanada Deutschland bereits ab 2025 erste Mengen grünen Wasserstoff liefern. Für Habeck ist der deutsch-kanadische Wasserstoff-Deal ein Meilenstein.
Auf den ersten Blick eine perfekte Partnerschaft. Das ist auch für Till Mansmann, den Innovationsbeauftragten für grünen Wasserstoff im Bundesforschungsministerium, ein wichtiger Punkt: „Partnerschaften mit Ländern, die uns sehr ähnlich sind, was Werte und Wirtschaftsvorstellungen angeht, sind gerade für den Hochlauf von Wasserstoff besonders wichtig“, sagt Mansmann im Podcast „Wirtschaft Welt & Weit“.
Rechte der First Nations müssen bei Planung berücksichtigt werden
Doch auch wenn die Basis stimmt, sind noch einige Hürden zu überwinden. Vor zu viel Optimismus warnt der Energieexperte Hannes Koch: „Eine Frage, die in Kanada immer eine Rolle spielt, sind die Rechte der First Nations.“ Immer wieder gebe es Konflikte mit den Ureinwohnern Kanadas aufgrund geplanter industrieller Eingriffe in Land und Natur. Auch wenn es in Stephenville zur Zeit noch keine Proteste gebe, könnte sich das laut Koch in der nächsten Zeit ändern. Und sollte es gar zu Gerichtsprozessen kommen, könnte das die Planung erheblich verzögern.
Außerdem, so Koch, müsse die Infrastruktur für die Produktion von Wasserstoff überhaupt erstmal entstehen: „Das sind riesige technische Anlagen, angefangen von Windparks über Entsalzungsanlagen und Elektrolyseure.“
Auch der entsprechende Hafen in Kanada muss erst einmal gebaut werden. Zudem müssen Kooperationen von Häfen auf beiden Seiten des Atlantiks gefördert und einheitliche Produktionsstandards geschaffen werden. All das braucht viel Know-how und vor allem Zeit.
Deutsche Fabriken müssen Anlage auf Wasserstoff umstellen
Hinzu kommt, dass auch die deutsche Wirtschaft rechtzeitig umrüsten muss. Schließlich reicht es nicht aus, nur die Produktion von Wasserstoff in Kanada hochzufahren, indem die dafür notwendige Infrastruktur gebaut wird. Auch die Kunden, also deutsche Fabriken, müssten ihre Produktionsanlagen rechtzeitig umstellen, um den Wasserstoff auch nutzen zu können, erinnert Mansmann. An diesem Punkt sieht er auch die Politik in der Pflicht. Innovationen müssten mehr gefördert und unternehmerische Risiken abgemildert werden.
Diese Hürden beherzt anzugehen, lohnt sich vor dem Hintergrund der Energiewende aus Sicht von Mansmann und Koch in jedem Fall. Grüner Wasserstoff, der auf Basis von Wind- oder Sonnenenergie klimaneutral produziert wird ist ein wichtiger Baustein für Deutschland, um bis 2045 klimaneutral zu werden.
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