50.000 Unterzeichner innerhalb von zwei Tagen fordern Aktionsplan von Lauterbach

„Konnte ohne Opiate weder schlafen noch essen“ - Endometriose-Betroffene startet Petition

19-jährige Betroffene fordert Aktionsplan von Lauterbach Endometriose-Petition geht durch die Decke
03:17 min
Endometriose-Petition geht durch die Decke
19-jährige Betroffene fordert Aktionsplan von Lauterbach

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von Ingo Jacobs

Theresia Crone hat Endometriose. Sie sagt: Lange wurde mir die nötige medizinische Behandlung verwehrt, weil „solche Schmerzen für Frauen normal sind“. In einer Petition an den Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) fordert sie jetzt: Das muss für die betroffenen Frauen schnellstens geändert werden – mit einer nationalen Strategie. Nach nur drei Tagen haben schon 60.000 Menschen die Petition unterzeichnet.

Dreifach schwieriges Krankheitsbild

Endometriose ist sowohl für Patientinnen als auch für Mediziner schwierig: „Schwierig zu verstehen, schwierig zu diagnostizieren und schwierig zu therapieren“, schreibt Gynäkologe und Endometriose-Experte Harald Krentel in einer Broschüre der Endometriose-Vereinigung Deutschland. Es dauert deswegen oft mehrere Jahre, bis die Diagnose gestellt wird. „Die Erkrankung aber bleibt auch dann noch schwierig, weil nun mal niemand erklären kann, warum Endometriose entsteht, und demzufolge keine kausale Therapie bekannt ist“, so Krentel dort.

Jede zehnte Frau hat Endometriose

Bei der Endometriose kommt es zu Ansiedelungen von Gebärmutterschleimhaut außerhalb des Uterus. Diese gutartigen Wucherungen können Beschwerden wie Schmerzen oder Unfruchtbarkeit verursachen. Sie durchlaufen die hormonellen Veränderungen während des Zyklus der betroffenen Frau ebenso wie die in der Gebärmutter befindliche Schleimhaut. Nach Myomen ist die Endometriose die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung. Schätzungsweise jede zehnte Frau leidet darunter.

Mehr Infos: Was ist Endometriose - und wie lässt sie sich behandeln?

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Theresia Crone konnte ohne Opiate weder schlafen noch essen

„Wegen extremer Schmerzen musste ich mit 14 Jahren erstmals ins Krankenhaus“, sagt die jetzt 19-jährige Theresia Crone. "Damals wurde bei mir eine Zyste gefunden, das ist relativ normal, wenn man Endometriose hat", erzählt sie uns. „Aber, anstatt dass es eingeordnet wurde, hat mir der Arzt einfach nur gesagt: 'Dann wird das mit dem Kinderkriegen wohl schwierig.' Mir wurde auch keine Diagnose mitgeteilt, einer 14-Jährigen, die gerade mit dem Frausein konfrontiert ist, so etwas ins Gesicht zu sagen ist natürlich krass.“

Die nächsten Jahre wurden ihre Beschwerden immer schlimmer, jedoch bekam sie von medizinischem Personal immer wieder zu hören, dass solche Schmerzen ‘normal’ für Frauen seien. Ihr Abitur kann sie schließlich nur noch mit stärksten Schmerzmitteln schreiben, ohne Opiate weder schlafen noch essen. „Das war für mich der Moment, wo ich mir selbst gesagt habe: ‘Das ist nicht mehr normal. Du bildest dir das nicht ein.’“ Monate später bekam sie die Diagnose: Endometriose. „Mittlerweile werde ich natürlich behandelt und es ist deutlich besser geworden“, sagt sie uns.

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Frankreich und Australien starten Endometriose-Programme

In Frankreich haben die Verantwortlichen das Problem erkannt – dort wurde im Januar von Präsident Emmanuel Macron eine nationale Endometriose-Strategie angekündigt. „Das ist kein Frauenproblem, das ist ein Gesellschaftsproblem“, stellte Macron fest. In den sozialen Netzwerken sagte er, das Land werde wirtschaftliche Ressourcen freisetzen, um „eine große Herausforderung zu meistern“ – eine Krankheit zu untersuchen, die in Frankreich mehr als zweieinhalb Millionen Frauen betrifft. In Australien wird eine solche Strategie bereits umgesetzt.

Erforschung der Krankheit komplett unterfinanziert

In Deutschland ist die Gesundheitspolitik davon noch weit entfernt. Mit durchschnittlich 20.300 Euro pro Jahr sei die Erforschung der Krankheit komplett unterfinanziert, klagt Crone in ihrer Petition an. Zudem wird Endometriose trotz chronischen Verlaufs noch immer nicht offiziell als chronische Krankheit anerkannt. Die Folgen: Endometriose wird nicht als Behinderung anerkannt oder Reha-Maßnahmen werden nicht finanziert. Betroffene würden wegen häufiger Krankheitstage bei Beförderungen übergangen oder verlören sogar ihren Arbeitsplatz, so Crone.

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Ein Unding für die Aktivistin, die sich bei Fridays For Future auch in Sachen Klima-Krise engagiert. Am 28. Januar startete sie deswegen die Petition „EndEndosilence“.

„Unser Ziel ist eine nationale Endometriose-Strategie“, erklärt sie gegenüber RTL. „Wir erwarten von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, dass er mit den anderen Ministern zusammen guckt: Was brauchen wir?“ Konkret seien das: Eine nationale Aufklärungskampagne und mehr Forschungsgelder - denn Endometriose ist kaum erforscht. „Das ist nicht in Ordnung“, sagt Crone. „Vor allem, wenn man bedenkt, dass Endometriose mehr Menschen betrifft als zum Beispiel Diabetes Typ 2.“

Außerdem fordert sie einen Nationalen Aktionsplan "Geschlechtergerechte Medizin". Denn der Grund, warum Endometriose so schlecht erforscht ist, sei unter anderem die Diskriminierung von Frauen oder andersgeschlechtlichen Menschen im medizinischen System.

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Petition „​​​​​​​EndEndosilence“: Nach nur 48 Stunden schon 50.000 Unterschriften

Mit überwältigendem Erfolg: Bereits nach zwei Tagen haben 50.000 Menschen die Petition unterzeichnet. Für Crone ein ganz klares Signal: „50.000 in 48 Stunden zeigt erstmal, wie viele Menschen das Thema direkt oder indirekt betrifft“, sagt sie uns. „Viele Betroffene warten seit Jahren darauf, dass endlich etwas passiert. Wir sind überzeugt, jetzt ist es an der Zeit, dass unsere Regierung handelt.“