Aufstiegs-Chancen nutzenErfolgreich durchstarten als "Arbeiterkind": Diese Unterstützung gibt es

17.04.2018, Baden-Württemberg, Tübingen: Studierende sitzen mit Laptops in einer Vorlesung. Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Ein Studium muss man sich erstmal leisten können.
Sebastian Gollnow, picture alliance

Die soziale Herkunft entscheidet immer noch maßgeblich über den persönlichen Bildungserfolg und damit auch den späteren beruflichen Werdegang. Wie es auch Arbeiterkinder schaffen, erfolgreich ein Studium abzuschließen und später beruflich durchzustarten.

Nur 27 von 100 Kindern aus Nicht-Akademiker Familien studieren

Von 100 Kindern aus Akademikerfamilien beginnen statistisch gesehen 79 ein Hochschulstudium. Bei Nicht-Akademiker Familien schaffen gerade einmal 27 von 100 Kindern den Sprung an eine Hochschule. Dies belegen die Ergebnisse einer Untersuchung aus dem Jahr 2018 des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW).

„Familien mit geringerem Bildungshintergrund tendieren häufig dazu, die Kosten für höhere Bildung zu überschätzen und Bildungserträge zu unterschätzen, ungeachtet des vielleicht hohen Bildungspotentials ihres Kindes“, erläutert Forscherin Nancy Kracke das Ergebnis der Studie.

Und das schlägt sich dann später auf die Berufswahl und auch die Höhe des Gehalts nieder.

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Markus Ehrlich hat sich seinen Kindheitstraum erfüllt und ist Journalist geworden. Als Arbeiterkind war das für ihn früher unvorstellbar und trotzdem ist es ihm gelungen – auf Umwegen. Welche Hürden er dafür nehmen musste und welche Unterstützung er erhalten hat, erzählt er im „Business Punk“-Podcast How to Hack.

Studium als Wagnis für Arbeiterkinder

Laut einer Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung ist das Studium für Arbeiterkinder keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Wagnis. Die Eltern nehmen es als Schritt in eine fremde Welt wahr. Die Folge: Das Sicherheitsmotiv leitet viele Entscheidungen von Bildungsaufsteigern.

Tendenziell bevorzugen sie "kürzere, strukturiertere und anwendungsbezogene Studiengänge, die über ein praktisches, zugängliches Berufsbild verfügen", so die Studie.

Außerdem müssen zwei von drei Kindern kleiner Angestellter, Facharbeiter und Meister zusätzlich zum Studium Geld verdienen. Vom Nachwuchs höherer Beamter oder akademischer Freiberufler ist nur jeder Dritte darauf angewiesen, so die Studie. Wer sich selbst finanzieren muss, verbringt zwei komplette Tage pro Woche mit Arbeiten.

Das Fazit der Studie: „Arbeiterkinder bringen im Studium ebenso gute Leistungen wie ihre Kommilitonen. Dabei haben sie es aber deutlich schwerer. Sie bekommen weniger Unterstützung von Zuhause, müssen häufiger Geld verdienen und werden auch von den Professoren seltener gefördert.“

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Diese Unterstützung gibt es fürs Studium

Das BaföG, dass sich nach dem Einkommen der Eltern richtet, trägt dem tatsächlichen Finanzbedarf nicht ausreichend Rechnung. Nur jedes zweite Arbeiterkind an Uni oder Fachhochschulen bekommt BaföG, so die Hans-Böckler-Stiftung.

Doch mit einem Stipendium oder einem Kredit der Kfw-Bank können auch Kinder aus Nicht-Akademikerfamilien ein Studium finanzieren.

Laut einer Aufstellung der Organisation ArbeiterKind.de gibt es 13 Begabtenförderungswerke, die Stipendien vergeben. Das sind:

  • Avicenna -Studienwerk, unterstützt muslimische Studierende

  • Cusanuswerk, Begabtenförderungswerk der katholischen Kirche

  • Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk, richtet sich an Studierende mit jüdischen Wurzeln

  • Evangelische Studienwerk Villigst, Begabtenförderungswerk der evangelischen Kirche

  • Friedrich-Ebert-Stiftung, steht der SPD nah

  • Friedrich-Naumann-Stiftung, steht der FDP nah

  • Hanns-Seidel-Stiftung, steht der CSU nah

  • Hans-Böckler-Stiftung, Stiftung des Deutschen Gewerkschaftsbundes

  • Heinrich-Böll-Stiftung, steht dem Bündnis 90/Die Grünen nah

  • Konrad-Adenauer-Stiftung, steht der CDU nah

  • Rosa-Luxemburg-Stiftung, steht der Linken nahe

  • Stiftung der deutschen Wirtschaft

  • Studienstiftung des deutschen Volkes

Markus Ehrlich hat ein Stipendium der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erhalten. „Es bewerben sich weniger, als man meint“, sagt der Journalist. Und er hat nicht nur von der finanziellen Zuwendung profitiert, sondern vom gesamten Netzwerk der Stiftung.

Daneben vergibt die staatliche KfW-Bank zur Finanzierung von Studium und Promotion einen Studienkredit. Unabhängig vom Einkommen der Eltern ist eine monatliche Auszahlung von bis zu 650 Euro im Monat möglich. Allerdings muss der Kredit zurückgezahlt werden und wird Stand März 2023 mit 6,06 Prozent verzinst. Auch von dieser Möglichkeit hat Markus Ehrlich Gebrauch gemacht.

Markus Ehrlich hat es geschafft, genau wie so viele andere Arbeiterkinder. Doch ein erfolgreich abgeschlossenes Studium ist nur die erste Hürde, die genommen werden muss. Weitere folgen im Berufsleben. Markus Ehrlich hat für Arbeiterkinder noch folgende Tipps:

  1. Wo bekomme ich Kohle her? Alle Möglichkeiten nutzen, inklusive Stipendien.

  2. Netzwerke bilden mit Gleichgesinnten

  3. Mentoren und Mentorinnen suchen. Gezielt Menschen ansprechen, die einen fördern können.

Allerdings müssen auch die Unternehmen diverser werden. Zwar gibt es inzwischen auch Arbeiterkinder in Chefetagen, doch es muss noch mehr zur Selbstverständlichkeit werden.

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