Ein Leben ohne Handy? Unmöglich!

Panik vor einem Tag ohne Smartphone! Woran Sie erkennen, ob Sie auch Nomophobie haben

Sie gehen aus dem Haus und plötzlich merken Sie: Ich habe mein Smartphone vergessen. Fühlen Sie sich jetzt unwohl oder gar ängstlich? Dann dürften auch Sie unter Nomophobie leiden. Seit 2010 wird diese Angststörung weltweit untersucht, jetzt auch in Deutschland.

Dichte Vernetzung bringt neue Ängste

Der Mensch baut sich seit Jahrzehnten eine immer ausgefeiltere technische Umgebung, die seine Produktivität, Effektivität und auch sein privates Glück steigern soll. Mit der vierten industriellen Revolution, die in den 1960ern ihre Anfänge nahm, haben wir durch digitale Technologie eine umfassende Vernetzung erreicht - vom Lokalen bis ins Globale. Ein Smartphone zu besitzen, heißt mit allem und jedem verbunden zu sein - für die allermeisten von uns ein schönes Gefühl. Doch damit haben auch neue Ängste in unser Leben Einzug gehalten: Fühlen Sie sich auch schon unwohl und unsicher, wenn Sie ihr Smartphone mal zu Hause vergessen haben?

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Im Video: Sie hat nur Augen für ihr Smartphone ...

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Nomophobie-Fragebogen bei Probanden aus Deutschland angewandt

Bei manchen Menschen ist dieses Unwohlsein so groß, dass es sich zu einer Angststörung auswächst. Man spricht von einer „no mobile phone phobia“, kurz Nomophobie: Die Angst, vom eigenen Handy getrennt und dadurch unerreichbar und abgeschnitten von sozialen Kontakten zu sein. Das Auftreten dieser Störung erforschen Psychologen bereits seit 2010. Forscher der Iowa State Universität erstellten dazu 2015 einen Nomophobie-Fragebogen, der auch von anderen Wissenschaftlern genutzt werden kann. Diesen "NMP-Q-Katalog" genannten Fragebogen haben Mitarbeiter der Privaten Hochschule Göttingen (PFH) jetzt in Deutschland angewandt. Die Ergebnisse der Studie wurden in der internationalen Online-Fachzeitschrift Plos One veröffentlicht.

Smartphone-Nutzung, Geschlecht und Neurotizismus sind Vorhersagefaktoren

Insgesamt wurden 807 Menschen befragt, von denen 50 fünf Monate später an einer Reteststudie teilnahmen. Die vier abgefragten Faktoren in den 20 Fragen des Bogens lauten:

  1. Nicht in der Lage sein zu kommunizieren

  2. Verlust der Verbundenheit

  3. Nicht in der Lage sein, auf Informationen zuzugreifen

  4. Verzicht auf Bequemlichkeit

Bei der Analyse der Ergebnisse zeigte sich, dass Smartphone-Nutzung, Geschlecht und Neurotizismus, also Labilität und Verletzlichkeit, bedeutende Vorhersagefaktoren für Nomophobie sind.

4,1 Prozent leiden unter einer schweren Nomophobie

Neurotizismus war positiv mit Nomophobie assoziiert, während Bewusstsein und Offenheit leicht negativ assoziiert waren. Angst ging deutlich positiv mit Faktor 1 einher, und Stress mit den Faktoren 1 und 4. Lebenszufriedenheit stand in positivem Zusammenhang mit Faktor 3 und Wohlbefinden in negativem Zusammenhang mit Faktor 4. Frauen erzielten bei den Faktoren 1 und 4 signifikant höhere Werte als Männer. Insgesamt war Nomophobie in der Stichprobe recht weitverbreitet: Mit 49,4 Prozent weist die Hälfte der Teilnehmer ein mittleres Maß an Nomophobie auf, mit 4,1 Prozent leidet nur eine Minderheit unter einer schweren Nomophobie.

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Die Wissenschaftler der PFH fassen zusammen: „Das Ergebnis der Studie suggeriert, auch in Deutschland ist Nomophobie weitverbreitet.“ Dennoch müssten weitere Studien durchgeführt werden, um diese These zu bekräftigen. (ija)