"Ich bin aufgewacht und habe Leon ganz weinerlich und verzweifelt ‘Mama’ rufen hören"
Mit 15 Monaten gestorben: Verwaiste Mutter über den schmerzhaften Verlust ihres Sohnes
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von Vera Dünnwald
Hoffnungslosigkeit, Schmerz und Trauer. Karolina Deiß (28) und ihr Ehemann Alex (30) durchleben aktuell das wohl Schlimmste, was Eltern passieren kann. Vor wenigen Wochen, am 28. September 2022, stirbt ihr erst 15 Monate alter Sohn an einer Pneumokokken- Meningitis, eine Hirnhautentzündung beendet das viel zu kurze Leben des kleinen Leon. Wie geht man als Mutter mit einem solch schmerzhaften Verlust um? Traut man sich überhaupt in die Zukunft zu blicken, wenn das Wichtigste im Leben plötzlich nicht mehr da ist?
Im Video schildert die 28-Jährige die tragische Geschichte.
Mit der Geburt von Sohn Leon geht für Karolina Deiß am 2. Juni 2021 ihr größter Traum in Erfüllung
Schon früh ist für Karolina Deiß, die auf Instagram als @_life_of_karolina_ auf das tragische Schicksal ihres Sohnes aufmerksam macht, klar: Ich möchte eines Tages Mama werden! Am 2. Juni 2021 geht ihr größter Traum in Erfüllung, ihr Sohn Leon kommt zur Welt. „Alles war perfekt. Auch an schlechten Tagen, an denen die Dinge auch mal nicht so glatt liefen, habe ich Leon nie als selbstverständlich angesehen und jeden Tag genossen“, erzählt die 28-Jährige im RTL-Interview.
Nur 15 Monate später wird ihr und ihrem Mann Alex, Leons Vater, der Boden unter den Füßen weggerissen. Was Eltern durchleben, wenn das eigene Kind viel zu früh stirbt? Man will es sich kaum ausmalen. „Noch immer ist es einfach unbegreiflich, dass uns so etwas passiert ist.“
Am 23. September 2022 nimmt das Schicksal seinen Lauf: „Ich war mit Leon einkaufen, als er plötzlich stark angefangen hat zu weinen. Ich konnte mir das gar nicht erklären, bin daraufhin aber nach Hause gefahren. Er hatte Fieber und ich habe ihm dann ein Zäpfchen gegeben. Außerdem war Leon sehr anhänglich und quengelig und wollte gar nicht mehr von meinem Arm runter.“ Aus unerfindlichen Gründen will das Fieber nicht runtergehen, steigt sogar immer weiter an.
Die kleine Familie aus Baden-Württemberg beschließt, ins Krankenhaus zu fahren, denn: „Ich habe meinen Leon nicht wiedererkannt. Irgendwas war ganz komisch. Er hat auch nichts gegessen. Normalerweise, wenn man ihm Essen angeboten hat, hat er immer sofort zugeschlagen. Aber diesmal kam kaum eine Reaktion“, so Deiß. Im Krankenhaus angekommen heißt es: warten. „Leon hat viel geweint und sogar gezittert. Als er dann untersucht wurde, sagten die Ärzte, dass er eine beginnende Mandelentzündung habe. Er bekam ein weiteres Zäpfchen und wir wurden entlassen.“
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Der Gesundheitszustand von Leon verschlechtert sich rapide
Zum Glück geht es dem 15 Monate alten Kind daraufhin besser: „Er hat wieder gegessen und war wieder der Alte.“ Auch am Samstag ist sein Gesundheitszustand wieder recht beständig, Leon ist gut gelaunt, auch wenn er noch immer leichtes Fieber hat. Dann verändert sich plötzlich die Situation: Den ganzen Sonntag über schläft der kleine Junge, wirkt teilnahmslos, isst schon wieder nichts und interessiert sich für nichts in seiner Umgebung. „Wir haben versucht ihm Essen anzubieten, ihn aufzuheitern – doch nichts hat funktioniert. Er hat einfach die meiste Zeit geschlafen.“
Als Karolinas Mann Alex sieht, dass Leon seine Augen zwischendurch immer mal wieder verdreht, läuten seine Alarmglocken. Was ist hier los? „Leon war nicht wieder zu erkennen. Es ging ihm schlechter als den Freitag davor.“ Erneut geht es ins Krankenhaus, erneut gibt es eine Diagnose. Diesmal habe Leon eine Kehlkopfentzündung, sagen die Mediziner. Die Familie wird wieder nach Hause geschickt. So richtig beruhigt habe sich die mittlerweile verwaiste Mutter zu dem Zeitpunkt nicht gefühlt, wie sie im RTL-Interview erzählt.
Leider soll ihr Gefühl sie nicht trügen: Ihr und ihrem Kind steht eine schlimme Nacht bevor. „Ich habe mich früh mit Leon schlafen gelegt. Um Mitternacht bin ich aufgewacht und habe Leon ganz weinerlich und verzweifelt ‘Mama’ rufen hören. Ich wollte ihn zur Beruhigung auf mich drauf legen, aber er wollte nicht. Stattdessen hat er sich auf meinem Oberschenkel eingerollt und ist dort wieder eingeschlafen.“ Karolina schläft ebenfalls wieder ein – bis sie um 4 Uhr morgens aufwacht und feststellt, dass Leons Körper ganz steif ist und er komisch atmet.
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Leon wird für hirntot erklärt, die Ärzte können den kleinen Jungen nicht mehr retten
„Ich habe ihn angefleht, dass er wieder normal atmen soll und wahnsinnige Angst gehabt, weil ich nicht wusste, was los ist. Das Fieber war noch immer hoch, immer wieder hat er aufgehört zu atmen, sodass wir den Notarzt gerufen haben“, sagt die 28-Jährige. Leons Körper wechselt von einem sehr steifen in einen schlaffen Zustand, auf die Untersuchungen des Notarztes reagiert das 15 Monate alte Kind schon nicht mehr. „Der Notarzt hat versucht eine Reaktion zu provozieren. Er hat wirklich alles gegeben, ihn beatmet, aber er sagte uns, dass Leon scheinbar nicht von selbst atmen möchte. Der Verdacht einer Sepsis stand im Raum. Im Krankenhaus sagte man uns, dass Leon einen Fieberkrampf hatte und schon ganz bald wieder der alte sein wird.“
Es werden unzählige Tests durchgeführt, jedes Organ wird untersucht und auch Blutproben werden abgegeben. Ein Arzt macht jedoch plötzlich eine besorgniserregende Entdeckung: Alles sieht soweit gut aus – außer Leons Pupillen. Weil diese nicht reagieren, ist klar: Irgendwas in seinem Kopf, im Hirn, stimmt nicht. Im CT kommt raus: Leon hat einen zu hohen Hirndruck, muss in eine andere Klinik verlegt und dort zum Neurologen gebracht werden.
Dann folgt die traurige Gewissheit für Familie Deiß: „Man sagte uns, dass man ihm nicht mehr helfen könne. Man hätte ihm in der Nacht, in den ersten 20 bis 30 Minuten helfen können, indem man seine Schädeldecke geöffnet hätte. Aber es war zu viel Zeit vergangen“, erzählt Deiß.
Die Ärzte geben Leon 72 Stunden Zeit, eine Reaktion zu zeigen, da er sonst für hirntot erklärt wird. „Die Ärzte haben wirklich alles gegeben und die Hoffnung nicht aufgegeben. Aber es hat nichts mehr gebracht. Am 28. September war dann klar, dass die Geräte abgestellt werden. Wir wollten ihn nicht mehr länger quälen. Unsere ganze Familie, jeder der ihn nochmal sehen wollte, durfte vorbeikommen und sich verabschieden.“ Dafür sei die Familie dem Ärzteteam und der Klinik unheimlich dankbar.
Jenen Moment, in dem Leons Leben zu Ende geht, wird seine Mutter nie vergessen: „Um kurz nach 15 Uhr lag Leon auf meiner Brust, genau wie bei seiner Geburt. Mein Mann lag auch ganz nah neben uns im Bett. Meine Hand lag auf Leons Herzen, als die Maschinen abgestellt wurden, und ich konnte fühlen, wie sein Herz erst schneller schlug – und dann um 15:50 Uhr ganz aufgehört hat zu schlagen. Danach ist alles an uns vorbeigezogen wie im Film.“
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Im Video: Ursache für plötzlichen Kindstod entdeckt - Dr. Christoph Specht ordnet ein
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Karolinas Appell an andere Eltern: Schätzt und genießt die Zeit mit euren Kindern
Weil ein Kindstod selten als natürlicher Tod gewertet wird, wird die Kriminalpolizei eingeschaltet, um zu ermitteln. Wurde etwas verpasst? Hätte Leons Tod verhindert werden können? Karolina und Alex Deiß bleiben am 28. September bis spät in die Nacht an der Bettkante neben ihrem Sohn sitzen, bis ihr totes Kind aus dem Krankenhauszimmer abgeholt wird. Die Obduktion ergibt, dass Leon an Meningitis, verursacht durch Pneumokokken-Erregern, gestorben ist. „Leon war allerdings ganz normal, also nach Stiko-Empfehlung, geimpft“, erzählt die verwaiste Mutter. Zwischenzeitlich gehen die Eltern auch rechtlich gegen Leons Fehldiagnosen vor.
„Aktuell sind mein Mann und ich auf unbestimmte Zeit krankgeschrieben. An Arbeit ist gar nicht zu denken. Auf Instagram erzähle ich Leons Geschichte, weil es mir bei meiner Trauerbewältigung hilft. Auch wenn es meinen Leon nicht zurückbringt, möchte ich außerdem dem ein oder anderen da draußen helfen und sagen, dass man auf seinen Mutterinstinkt hören soll. Und ich will nicht, dass eine andere Familie so etwas durchmachen muss“, erzählt Deiß.
Außerdem möchte sie zeigen, was Leon für ein tolles Kind war. „Er wird unvergessen bleiben, Er war so lebensfroh und fröhlich. Ich möchte, dass ihn jeder kennenlernt.“ Weil es nichts Schlimmers gibt, als sein Kind zu verlieren, möchte sie an alle Eltern appellieren: „Wenn man das Gefühl hat, etwas stimmt nicht, dann geht man lieber einmal mehr zum Arzt, als einmal zu wenig“
Jetzt versucht sie herauszufinden, wer sie überhaupt ohne Leon ist, wer sie sein möchte, wo sie hin möchte und was ihre Aufgabe im Leben ist. „Man hinterfragt wirklich alles. Ich weiß nur, dass ich anderen Menschen in Zukunft noch viel mehr helfen möchte.“
Ansonsten liegt ihr auf dem Herzen, die Zeit miteinander zu genießen und zu schätzen zu wissen: „Klar ist man manchmal müde oder überfordert als Eltern. Aber genießt eure Zeit. Ich würde mir wünschen, noch einmal übermüdet oder überfordert zu sein und schlaflose Nächte zu haben, weil mein Kind mich auf Trab hält. Kinder, vor allem ein gesundes Kind, ist nicht selbstverständlich und das größte Wunder auf der Welt.“
Hirnhautentzündung: Was ist eine Meningitis?
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Meningitis kann innerhalb von wenigen Stunden ausbrechen und Patienten das Leben kosten. Die tückische Krankheit ist auch bekannt als Hirnhautentzündung und für Erwachsene wie Kinder gleichermaßen gefährlich. Sie befällt die Hirn- und Rückenmarkshäute und kann unter anderem Organversagen, epileptische Anfälle, Lähmungen und Tod zur Folge haben.
Laut Forschern des Robert-Koch-Instituts wird eine Hirnhautentzündung durch Viren und Bakterien, zum Beispiel Meningokokken und Pneumokokken, ausgelöst und durch Tröpfcheninfektion übertragen. Sie kann aber auch von Pilzen oder Parasiten ausgelöst werden. Nach einer Inkubationszeit von drei bis vier Tagen treten sowohl bei der viralen als auch bei der bakteriellen Meningitis erste Symptome auf, die jenen der Grippe ähneln:
- hohes Fieber
- starke Kopfschmerzen
- Gliederschmerzen
- Übelkeit, Erbrechen
- steifer Nacken, der sich nur schwer zur Brust beugen lässt
- neurologische Störungen wie Schwindel, Hörstörungen oder epileptische Anfälle
- Schläfrigkeit
Bei Kindern sind die Anzeichen oft weniger klar zu erkennen, sie sind oft nur reizbar und kränklich, so die Experten. In den meisten Fällen kann die Krankheit gut mit Antibiotikum behandelt werden, wenn sie denn rechtzeitig entdeckt wird.
Um sich selbst und Ihre Kinder von Anfang an zu schützen, empfehlen Ärzte eine einmalige Impfung gegen Meningokokken. Das ist für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr möglich. Diese Impfung schützt jedoch nicht vor allen Erregern und bietet deshalb keinen 100-prozentigen Schutz davor, an der gefährlichen Hirnhautentzündung zu erkranken.