Die Industrie schlägt Alarm

Lieber frieren oder Job verlieren - wer sollte beim Gas bevorzugt werden?

Im Moment kommt wegen Wartungsarbeiten kein russisches Gas mehr über die wichtige Pipeline Nord Stream 1. Ob Russland danach den Gashahn wieder aufdreht – unklar. Die Politik und die Industrie sind besorgt. Bislang hieß es, dass im Winter Privathaushalte gegenüber der Wirtschaft bei Gasversorgung bevorzugt werden, damit niemand frieren muss. Doch die Industrie schlägt Alarm: Sie befürchtet hohe Schäden und massiven Jobverlust.

Industrie sorgt sich um Arbeitsplätze

Die Industrie verbraucht rund 37 Prozent des Gases in Deutschland. Die chemische Industrie braucht es als Rohstoff für verschiedene Produkte, andere Industrie-Unternehmen nutzen es als Wärmequelle, zum Beispiel für die Produktion von Stahl und Glas. Fällt das Gas weg, würden manche Industrieanlagen sogar kaputt gehen, warnt die Branche – sie ist auf einen ununterbrochenen Gasfluss angewiesen.

Achim Dercks vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag befürchtet massive Auswirkungen auf die Arbeitsplätze: „Unter dem Strich reden wir, wenn es in der Fläche kein Gas mehr gibt in der bisherigen Menge, über Millionen von Kurzarbeitern. Wie viel an Beschäftigung dann am Ende verloren geht, hängt davon ab, wie sich der Winter und das nächste Jahr entwickeln werden.“

Habeck nimmt Privathaushalte in die Pflicht

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stellte bei einem Besuch in Österreich am Dienstag den uneingeschränkten Schutz der Privathaushalte in Frage: „Wir reden hier möglicherweise von einer monatelangen Unterbrechung von Gasströmen“, so Habeck. Die jetzige Regelung passe eher zu einem kurzfristigen Ausfall, nicht zu den jetzt drohenden Engpässen.

Er will auch die Privathaushalte in die Pflicht nehmen, nicht nur die Industrie könne die Last alleine schultern: „Niemand soll frieren, aber dass private Haushalte auch ihren Anteil leisten und dass eine dauerhafte oder langfristige Unterbrechung von industrieller Produktion massive Folgen auch für die Gesamtwirtschaft hat, auch für die Menschen im Land, für die Versorgungssituation, das – denke ich – ist inzwischen auch erkannt.“

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Esken: Auch Schulen haben Priorität

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken drängt auf den Vorrang von Privathaushalten und sozialen Einrichtungen vor der Industrie und fordert einen Schutzschirm für Verbraucher. „Privathaushalte und systemrelevante Einrichtungen müssen in einer Gasmangellage ganz klar eine Priorität haben. Das ist auch so im Gas-Notfallplan festgeschrieben, Privathaushalte und soziale Einrichtungen sind dort besonders geschützt. Für mich zählen Schulen ebenso dazu", sagt Esken der „Rheinische Post".

„Nach jetzigem Stand rechnen wir damit, dass es auch bei einem kompletten Ausfall von Gaslieferungen aus Russland zu keinen Beeinträchtigungen in der Stromversorgung kommen wird. Dennoch müssen wir auf alles vorbereitet sein.“ Für Verbraucher, die sich die Energiepreise nicht mehr leisten könnten, werde außerdem ein Schutzschirm benötigt, der garantiere, dass „die Wohnung warm und Energie bezahlbar bleibt!" (dpa/rcl)

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