Familie hat einen WunschRund zehntausend Besucher bei Kundgebung für getöteten Lorenz (21)

von Lukas Krol und Fabian Klein

„Das Vertrauen in eine Institution, die eigentlich uns schützen soll, steht auf dem Spiel!“
Dem Aufruf der Initiative „Gerechtigkeit für Lorenz“ folgen in Oldenburg mehrere tausende Menschen, gedenken gemeinsam dem 21-Jährigen, der von Polizeischüssen getötet wurde. Neben bewegenden Reden werden auch Fragen und Forderungen laut.

Bewegende Redebeiträge bei Kundgebung für Lorenz

Lorenz (21) stirbt nach fünf Polizeischüssen in der Oldenburger Innenstadt – die Umstände werfen viele Fragen auf.
Lorenz (21) stirbt nach fünf Polizeischüssen in der Oldenburger Innenstadt – die Umstände werfen viele Fragen auf.
RTL

Nach dem Tod des 21 Jahre alten Lorenz durch Polizeischüsse in der Oldenburger Innenstadt sind Tausende Menschen zu einer Demonstration zusammengekommen. Bei der Kundgebung mit vielen emotionalen Redebeiträgen war ein Platz, auf dem sich rund 8.000 Menschen versammeln können, bis in viele Ecken gefüllt. Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmer auf bis zu 10.000. Auch rund um den Platz standen Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Hautfarbe und gedachten des getöteten jungen Mannes und anderer Opfer von Polizeigewalt.

Lese-Tipp: „Das ist ein Skandal!” Bodycams waren ausgeschaltet, als der Polizist auf Lorenz (21) schoss

Rund zehntausend Besucher nahmen an der Demonstration in Oldenburg teil.
Rund zehntausend Besucher nahmen an der Demonstration in Oldenburg teil.
RTL

Gegen den 27-jährigen Polizisten, der Lorenz am frühen Ostersonntag von hinten erschossen hatte, läuft ein Verfahren wegen Totschlags. In den sozialen Medien wächst derweil der Unmut. Viele befürchten, dass die Schüsse auf den Schwarzen einen rassistischen Hintergrund haben könnten. Unter den Hashtags #gerechtigkeitfürlorenz und #justiceforlorenz mehren sich Stimmen gegen Polizeigewalt und Rassismus.

Video-Tipp: Vater trauert: „Ich bin schockiert!“

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

„Ich wünsche mir, dass der Polizist angeklagt wird“

Am Tatort in der Oldenburger Innenstadt liegen viele Blumen, Kerzen und persönliche Botschaften, die an Lorenz erinnern und Gerechtigkeit fordern. „Man sollte nicht so sterben“, sagt der 14-jährige Richart, der vor der Demonstration gemeinsam mit Freunden am Tatort steht. „Ich wünsche mir, dass der Polizist angeklagt wird und eine gerechte Strafe bekommt.“

Lese-Tipp: Vater trauert um Lorenz – „Ich bin schockiert“

Die Demonstranten fordern Antworten.
Die Demonstranten fordern Antworten.
RTL

Viele Menschen bleiben vor den vielen Blumen stehen und halten inne. Einige haben Kerzen dabei und zünden sie an. Der Tod des jungen Mannes gehe ihm nahe, sagt Anton (20). Die Stimmung in diesem Teil der Fußgängerzone sei anders als sonst, wehmütiger und trauriger. Dass die Polizeidienststelle im benachbarten Delmenhorst den Fall untersuche, könne er nicht verstehen.

Emily Schrob (19) geht es ähnlich. „Man kennt solche Geschichten aus Amerika“, sagt sie mit Blick auf die Proteste nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd. „Aber man hat einfach nie gedacht, dass so was auch hier passieren kann.“

Mutter von Lorenz bittet um gewaltfreies Gedenken

„Mehrere Schüsse von hinten, das ist für uns nicht zu rechtfertigen“, sagt Suraj Mailitafi, Sprecher der Oldenburger Initiative „Gerechtigkeit für Lorenz“ vor Beginn der Demonstration. Kein Mensch habe es verdient, Opfer von Polizeigewalt zu werden. Die Polizei sollte deeskalieren. „Das Vertrauen in eine Institution, die eigentlich uns schützen soll, steht auf dem Spiel“, kritisiert er. Daher müsse der Fall lückenlos aufgeklärt werden.

Lese-Tipp: Videos aufgetaucht! Aufnahmen belasten Polizei nach tödlichen Schüssen auf Lorenz (21)

„Ich hoffe, dass die Familie gesehen hat, dass sehr viele Menschen solidarisch hinter ihr stehen“, erzählt Mailitafi im Gespräch mit RTL. Freunde von Lorenz seien auf der Bühne „sichtlich gerührt“ gewesen, auch er selbst habe kurz „weinen müssen.“ Die gemeinsame Kundgebung diene als eine Art „Heilung“ für Betroffene.

Suraj Mailitafi fordert eine lückenlose Aufklärung des Falles.
Suraj Mailitafi fordert eine lückenlose Aufklärung des Falles.
RTL

Genau diese Forderung stellen Redner bei der Kundgebung und Demonstration am Abend, zu der auch Menschen aus anderen Städten anreisten – etwa aus Bremen, Dortmund und Hamburg. „Zusammen möchten wir mit euch ein kraftvolles Zeichen setzen“, sagt eine Sprecherin der Initiative „Gerechtigkeit für Lorenz“. Wie andere Redner und Menschen im Publikum kritisierte sie strukturellen Rassismus. Tödliche Polizeigewalt treffe vor allem schwarze Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund.

Bei der Kundgebung in Oldenburg baten mehrere Redner und Organisatoren die Menge, friedlich und respektvoll zu demonstrieren. Dies wünschten sich die Angehörigen, sagten sie. Demnach bat vor allem die Mutter des Getöteten um ein würdevolles Gedenken ohne Gewalt. (mit dpa)