Trotz Abschiedsbrief des TätersNach Amoklauf in Graz – Antwort auf diese wichtige Frage weiterhin offen
Die Frage nach dem Warum.
Nach dem Amoklauf an einer Schule in Graz steht die Suche nach dem Motiv des 21-jährigen Österreichers im Fokus. Der Mann hatte am Dienstag (10. Juni) an seiner ehemaligen Schule mit zwei Schusswaffen zehn Menschen getötet und danach Suizid begangen hatte. Offen ist auch die genaue Identität der Opfer.
Jahrelanges Mobbing als Auslöser für Amoklauf?
Die Polizei hat bisher nur sieben weibliche und drei männliche Opfer bestätigt. Unter ihnen soll auch ein Lehrer sein. Laut APA teilte die Polizei am Mittwoch auf Nachfrage mit, die Todesopfer seien neun Schüler im Alter zwischen 14 und 17 Jahren und eine Lehrerin.
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Zwar sei bei einer Hausdurchsuchung bei dem mutmaßlichen Täter ein Abschiedsbrief in analoger und digitaler Form gefunden worden, in dem sich der junge Mann von seinen Eltern verabschiede, sagte Franz Ruf, Direktor für Öffentliche Sicherheit, am Dienstagabend im ORF. „Es kann aber aus dem Abschiedsbrief kein Motiv entnommen werden. Das ist Gegenstand der weiteren Ermittlungen.” Allerdings gewinnt auch in den Augen von Experten die These, dass jahrelanges Mobbing zu Rachegelüsten geführt hat, an Plausibilität.
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Grundsätzlich sei an Schulen zu beobachten, dass eine steigende Zahl an jungen Menschen sich nicht mehr ausreichend wahrgenommen fühle, was zu latenter oder offener Gewalt führen könne, sagt der Leiter des Schulärztlichen Dienstes der Steiermark, Josef Zollneritsch.
Trauergottesdienst für Opfer von Graz
Die Trauer im Land und in Graz, der mit 300 000 Einwohnern zweitgrößten Stadt Österreichs, ist groß. Am Abend kamen Hunderte Menschen zu einem Trauergottesdienst in die Stadt, im Zentrum bildeten zahlreiche Kerzen in Erinnerung an die Toten ein Lichtermeer.

Die österreichische Bundesregierung unter Kanzler Christian Stocker (ÖVP) hatte eine dreitägige Staatstrauer, beschlossen - inklusive einer Trauerminute am Mittwoch (11. Juni) um 10 Uhr. Landesweit sollen die Menschen kurz innehalten.
Veranstaltungen nach Amoklauf in Graz abgesagt
Zahlreiche politische und gesellschaftliche Veranstaltungen wurden mit Blick auf das dramatische Geschehen abgesagt oder verschoben. Dazu zählt ein Bundesparteitag der rechten FPÖ sowie ein Landesparteitag der ÖVP.
Unter dem Eindruck des Geschehens, das Kanzler Stocker als «nationale Tragödie» beschrieb, riefen praktisch alle Parteien zu gesellschaftlicher Solidarität auf. Bundespräsident Alexander Van der Bellen schrieb auf X: „Heute und in den schweren Tagen, die kommen, wird unser Land zeigen, dass in diesem Miteinander unsere Stärke liegt.”
Debatte über Waffengesetze ist zu erwarten
Dennoch bahnt sich eine Diskussion über die Waffengesetze in Österreich an, die längst nicht so scharf sind wie in Deutschland. Bestimmte Gewehre kann praktisch jeder 18-Jährige kaufen. Für eine Faustfeuerwaffe, wie sie der Amokschütze einsetzte, ist eine Waffenbesitzkarte nötig. Die wurde dem jungen Mann nach einem psychologischen Test auch ausgestellt.
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Deshalb stellen sich umso mehr Fragen, ob die Hürden für den Erwerb, den Besitz oder das Führen von Waffen hoch genug sind. Auch eine Diskussion um die generelle Gewährleistung der Sicherheit an Schulen ist zu erwarten. (dpa/afp/lha)
Hier findet ihr Hilfe in schwierigen Situationen
Solltet ihr selbst von Suizidgedanken betroffen sein, sucht euch bitte umgehend Hilfe. Versucht, mit anderen Menschen darüber zu sprechen! Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch die Möglichkeit, anonym mit anderen Menschen über eure Gedanken zu sprechen. Das geht telefonisch, im Chat, per Mail oder persönlich.
Wenn ihr schnell Hilfe braucht, dann findet ihr unter der kostenlosen Telefon-Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 Menschen, die euch Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können.