Arbeitgeberpräsident poltert: "Populismus mit der Lohntüte..."Es geht um IHR Gehalt! Mindestlohn-Zoff auf dem Rücken der Geringverdiener

Jetzt eskaliert der Zoff!
Der Mindestlohn steigt im nächsten Jahr um 41 Cent, aber reicht das dann für geringe Einkommen überhaupt zum Leben? Für die einen ist die beschlossene Mindestlohn-Erhöhung ein Skandal, weil er viel zu gering ausfällt. Für die anderen sind Forderungen nach mehr Geld „Populismus mit der Lohntüte“. Der Streit um den Mindestlohn eskaliert gerade.
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Arbeitgeber-Chef verteidigt Mindestlohnerhöhung um 41 Cent
Die Mindestlohnkommission von Arbeitgebern und Arbeitnehmern hatte noch vor der Sommerpause eine Erhöhung von 12 auf 12,41 Euro im nächsten Jahr und auf 12,82 Euro im Jahr 2025 beschlossen. Seitdem gibt es Streit! Denn einen echten Kompromiss hat es nicht gegeben, die Gewerkschaftsseite ist von der unabhängigen Kommissionsvorsitzenden überstimmt worden.
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DGB-Chefin Yasmin Fahimi (55) fordert deshalb eine Reform der Mindestlohnkommission. Komme eine gemeinsame Verständigung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite nicht zustande, „bedarf es eines echten Schlichtungsverfahrens“.
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger (59) hat jetzt Forderungen nach einem politischen Eingreifen für einen höheren Mindestlohn zurückgewiesen. „Populismus mit der Lohntüte führt nur zu einer noch höheren Inflation. Das ist gefährlich.“
„Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Kompromiss nicht allen gefällt“, so Dulger weiter. „Zum Schutz der Tarifautonomie sollte es dabei bleiben, dass die Höhe des Mindestlohns sich an der Tariflohnentwicklung orientiert.“ Der Mindestlohn dürfe vor der nächsten Bundestagswahl nicht wieder zum Spielball der Politik werden.
"Beschlossene Mindestlohn-Anhebung ein Skandal"
Grüne, Gewerkschaften und Sozialverbände pochen dagegen auf Reformen für einen höheren Mindestlohn in Deutschland.
„Die bisher beschlossene Anhebung des Mindestlohns um 41 Cent ab dem kommenden Jahr ist ein Schlag ins Gesicht von Millionen Beschäftigten im Niedriglohnsektor“, sagt die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele. „Für Millionen von Beschäftigten heißt diese Erhöhung, dass sie sich ihren Alltag kaum leisten können.“ Auch könne vom Aufbau einer Rente, die zum Leben reicht, hier keine Rede mehr sein. Der Sozialverband fordert deshalb ein Einschreiten der Regierung.
Der Grünen-Sozialpolitiker Frank Bsirske fordert, die Lohnuntergrenze generell auf den Wert von 60 Prozent des mittleren Lohns zu fixieren. Der frühere Verdi-Chef erinnert an die Anfänge des Mindestlohns: „Das Kernmotiv war es, dass Arbeit nicht arm machen darf.“ Mit der beschlossenen Erhöhung von 12 auf 12,41 Euro im nächsten Jahr und auf 12,82 Euro 2025 werde dieses Ziel verfehlt, sagt der Bundestagsabgeordnete. „Das bedeutet einen Rückfall vor 2015“, sagte Bsirske. Damals wurde die Lohnuntergrenze mit einer Höhe von zunächst 8,50 Euro brutto pro Stunde eingeführt.
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Die ehemalige SPD-Politikerin Fahimi fordert eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns: „Die EU-Mindestlohnrichtlinie sieht vor, dass sich die Mindestlöhne in jedem EU-Land an 60 Prozent des Medianlohns orientieren sollen.“ Beim Median- oder mittleren Einkommen gibt es genauso viele Menschen mit einem höheren wie mit einem niedrigeren Einkommen. Nach Fahimis Rechnung wären das kommendes Jahr 14,12 Euro, auch wenn noch nicht feststeht, wie hoch das mittlere Einkommen 2024 liegt. Jedenfalls sei man von solchen Werten aber weit entfernt. „Und das ist ein Skandal“, so Fahimi.
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Hinzu kommt: Viele der Mindestlohnbezieher müssten aufstockende Leistungen durch das Bürgergeld beantragen. „Das heißt, wir finanzieren über Steuergelder Löhne, die nicht vor Armut schützen“, sagte Fahimi. „Im Prinzip ist das ein indirekter Kombilohn. Das lehnen wir ab.“
Mindestlohn in Deutschland zu gering?
Und was sagen die Wissenschaftler? „Um die genannten Referenzwerte zu erreichen, müsste der Mindestlohn bereits heute bei 13,16 Euro (50 Prozent des Durchschnittslohns) bzw. 13,53 Euro (60 Prozent des Medianlohns) liegen“, hatte das Forschungsinstitut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung bereits im März festgestellt. Das bedeutet: Der Mindestlohn in Deutschland ist zu gering, verstößt offenbar gegen EU-Richtlinien.
Der Streit um den Mindestlohn eskaliert. Betroffen sind rund 5,8 Millionen Menschen. Auch sie sollten von ihrer Arbeit leben können. (dpa/aze)
































