Mitangeklagte seien von Ehemann Dominique dirigiert worden

Staatanwaltschaft fordert 20 Jahre Haft im Vergewaltigungsprozess um Gisèle Pelicot

von Sabrina Suberg und Michelle Seidel

Es kommen noch mehr grausame Details ans Licht!
Ihr eigener Ehemann Dominique Pelicot (72) soll Gisèle (71) nachts betäubt und anderen Männern zum Missbrauch überlassen haben. Im erschütternden Vergewaltigungsprozess in Avignon (Frankreich) fordert die Staatsanwaltschaft nun ein hartes Urteil.

Er fotografierte auch seine Tochter heimlich beim Duschen

Die Hände des Angklagten liegen während des Prozesses auf seinem Gehstock. Dominique Pelicot gibt von Anfang an zu, seine Frau jahrelang betäubt zu haben. Andere Männer seien gekommen, um beim Sex zuzuschauen und auch mit ihr Verkehr zu haben. In seiner ersten Aussage bei der Polizei sprach der Hauptangeklagte noch von rund 30 Männern. Aber die Ermittler konnten weitere mutmaßliche Täter identifizieren. 50 von ihnen sind beim Prozess mitangeklagt. Die Staatsanwaltschaft fordert einen Schuldspruch. „Heute erwarte ich, dass sie ihn zu 20 Jahren verurteilen”, so die Anklägerin. Dominique Pelicot soll sein Wahlrecht verlieren und eine Therapie machen. Wenn er diese nicht fortführe, fordere die Staatsanwaltschaft weitere fünf Jahre Haft.

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Heute im Gerichtssaal wird das ganze Ausmaß der jahrelangen Perversion des Familienvaters deutlich. Nicht nur seine Ehefrau sei sein Opfer gewesen, sagt die Staatsanwältin. Auch seine beiden Schwiegertöchter soll er ohne ihr Wissen fotografiert haben, unter anderem unter der Dusche. Seine Tochter Caroline Darian soll er halbnackt auf einem Bett abgelichtet haben, sie habe auf den Bildern fremde Unterwäsche getragen. Die Fotos verschickt er an andere Männer und schreibt darunter: „Ich bin zwischen euren Schlampen.” Dominique Pelicot schaut dabei beschämt auf den Boden, fasst sich mit der Hand ins Gesicht und schließt die Augen. Warum er diese Aufnahmen von seiner eigenen Tochter gemacht hat, kann er nicht erklären. Viele Bilder und Videos hat der Angeklagte gelöscht, aber die Ermittler können sie wieder herstellen und finden insgesamt 20.000 schockierende Darstellungen – die meisten von Ehefrau Gisèle.

Im Video: „Ich lag wie tot auf dem Bett!” Mutige Gisèle bricht ihr Schweigen

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Gisèle habe gar nicht zustimmen können

Die Videos zeigen die grausame Gewalt gegen Gisèle Pelicot. Erstmals wird ihr Martyrium 2011 dokumentiert. Auf den Aufnahmen ist sie regungslos, zeigt nur gelegentlich Reflexe. Ihren komatösen Zustand hätte ihr Ehemann durch das Schlafmittel Temesta erreicht. Dominique Pelicot gibt zu, seiner Frau das Mittel verabreicht und seit 2018 die Dosis ständig erhöht zu haben. Die Staatsanwaltschaft sagt, er wollte eine unbeugsame Frau unterwürfig machen.

Von der Betäubung wollen manche der angeklagten Männer nichts gewusst haben. Andere geben zu, dass Dominique Pelicot ihnen davon erzählt hat. Er hätte sie jedoch zu der Vergewaltigung gezwungen, sie regelrecht dirigiert. Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher: „Alle sind geblieben aus eigener Freude und keiner hat sich Fragen gestellt.” In einem letzten verzweifelten Versuch behaupten die Angeklagten, selbst von Dominique Pelicot betäubt worden zu sein. Eine Beeinträchtigung der Urteilsfähigkeit kann der Psychiater bei keinem feststellen.

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Gisèle Pelicot kann sich an kaum etwas erinnern. „Sie wirkte wie eine Tote”, sagt der Experte nach Auswertung des Videomaterials. Die 71-Jährige sei überhaupt nicht in der Lage gewesen, nein zu sagen, so die Staatsanwaltschaft. Dass Gisèle Pelicot nach ihrem Trauma jetzt auch noch Schuldgefühle bekommen soll, weil sie Erinnerungslücken hat, sei nicht in Ordnung, so die Staatsanwältin. Im Jahr 2024 könne man nicht mehr sagen, dass jemand einverstanden ist, nur weil er nichts sagen kann. Währenddessen lehnt Gisèle Pelicot ihren Kopf an die Wand, die Augen hat sie geschlossen.

Urteil kurz vor Weihnachten

Wollte er seine Ehefrau bestrafen? In der Vergangenheit soll Gisèle Pelicot eine Affäre mit einem anderen Mann gehabt haben. Dies dürfe nicht abgetan werden, meint die Staatsanwältin. Damals hätte Dominique Pelicot sogar damit gedroht, sich das Leben zu nehmen. Er hätte eine komplexe Persönlichkeit: einerseits charmant und ein vollkommen gegensätzliches Gesicht auf der anderen Seite. Laut eigener Aussage wurde Dominique Pelicot mit neun Jahren selbst missbraucht und als Jugendlicher gezwungen, an einer Vergewaltigung teilzunehmen.

Von der Staatsanwaltschaft heißt es, er sei im „Modus eines Perversen”. Die Experten schätzen seine Prognosen düster ein. Für ihn gäbe es keine Therapie. Seit 2020 sitzt der 72-Jährige wegen der Grausamkeiten, die er seiner Frau angetan haben soll, im Gefängnis. Die Polizei ermittelt derzeit auch wegen der schweren Vergewaltigung einer anderen Frau sowie wegen Mordverdachts an einer weiteren gegen Dominique Pelicot. Kurz vor Weihnachten urteilen die Richter im Fall Gisèle Pelicot - und entscheiden dann, wie viele weitere Jahre er hinter Gittern verbringen muss.