Sie glaubten, sie feiert zu viel

Ärzte stellen Lucy fatale Fehldiagnose

von Katrin Koster, Larissa Königs und Vera Dünnwald

Schock-Diagnose nach seltenen Symptomen!
Lucy Younger ist Vegetarierin, doch auf einmal schmeckt sie Speck und sieht rosa Elefanten. Die Symptome werden von Ärzten jahrelang abgetan. Sie sagten ihr sogar, das sei, weil zu viel feiert. Im Video seht ihr, was die Ärzte ihr noch unterstellen.

Lucy sieht plötzlich rosa Elefanten und schmeckt Speck

Lucy Younger aus Cornwall zieht im September 2018 für ihr Literatur-Studium nach London. Sie will „das Beste aus meinem Leben in London machen“, wie sie der britischen Daily Mail erzählt. Doch schon nach wenigen Monaten passiert etwas Seltsames.

„Ich saß in den Vorlesungen an der Uni und sah diese rosa Elefanten im Raum. Ich bin Vegetarierin, aber ich konnte Speck schmecken, während ich diese Elefanten sah. Ich dachte, ich werde verrückt“, erinnert sich Younger. Dazu kommen starke Migräneschmerzen.

Die junge Frage wendet sich an ihren Hausarzt. Dieser teilt ihr mit, sie sei „einfach nur ängstlich und wahrscheinlich depressiv“, wird Younger zitiert. Weil die Symptome nicht weggehen, sucht sie ein Jahr später erneut ihren Hausarzt auf. Ihre Befürchtung: ein Gehirntumor. Doch wieder werden ihre Bedenken abgetan, stattdessen habe man ihr ein Rezept für Antidepressiva ausgestellt, erinnert sich die junge Frau.

Ein Vorgehen, das zunächst nicht ungewöhnlich sei, wie Medizinjournalist und Allgemeinmediziner Dr. Christoph Specht RTL erklärt. Er sagt: „In den allermeisten Fällen haben solche Symptome keine organische Ursache. Dass es sich tatsächlich um einen Tumor handelt, ist sehr selten.“ Man müsse Verständnis haben, dass Ärzte nicht immer direkt aufwändige Behandlungen wie ein CT oder MRT verordnen würden.

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Trotz anhaltender Probleme glauben ihr die Ärzte nicht

Doch Lucy Youngers Leidensgeschichte geht weiter: Nachdem sie sich mit Corona infiziert hat, verschlimmern sich die Symptome erneut. Nun leidet sie auch unter Krampfanfällen und Taubheitsgefühlen auf einer Seite ihres Körpers.

Abermals geht sie zum Arzt, dort habe es geheißen: „Seien Sie nicht albern, Sie sind 19 Jahre alt, Sie sind fit und gesund. Niemand im Alter von 19 Jahren bekommt einen Hirntumor, das ist hormonell bedingt.“ Younger hat Angst, als Hypochonder zu gelten. Sie berichtet: „Man hörte mir nicht richtig zu. Ich wurde von den Ärzten immer wieder abgewiesen.“

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Hirntumor führte zu Epilepsie und Halluzinationen

Schließlich wird ein CT gemacht und danach geht dann alles ganz schnell: Innerhalb einer halben Stunde nach der Untersuchung hätten die Ärzte sie zurückgerufen, erinnert sie sich. Am Telefon habe man ihr gesagt, dass sie einen gutartigen Hirntumor habe.

„Ein gutartiger Tumor wächst im Allgemeinen langsamer und bildet keine Metastasen. Im Hirn sind solche Raumforderungen dennoch problematisch, weil dort kein Platz ist. Während man z.B. im Oberschenkel eine Beule bekommen würde, wird im Gehirn Hirnmasse eingedrückt. In diesem Fall war der Tumor scheinbar dort, wo die Geschmacksrinde verortet wird, das ist etwa in Höhe der Schläfe. Wenn dort ein Tumor sitzt, kommt es zu Geschmacksstörungen“, erklärt Dr. Specht. Auch Sehstörungen seien oft Folge eines Hirntumors.

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Nächster Schock: Schilddrüsenkrebs!

Lucy Youngers Tumor wird in einer Operation entfernt, ein Jahr pausiert die junge Frau ihr Studium. Nachdem sie sich erholt hat, kehrt sie für ihren Master zurück. Doch es folgt der nächste Rückschlag. Anfang 2023 – während ihres Masterstudiums – wird sie von Erkältungs- und Grippesymptomen geplagt. Bei einer Ultraschalluntersuchung und Biopsie stellt sich heraus: Youngers hat Schilddrüsenkrebs im ersten Stadium.

Pro Jahr erkranken nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts lediglich ungefähr 6100 Menschen an Schilddrüsenkrebs. Zum Vergleich: Brustkrebs wird in Deutschland etwa 69.000 Mal pro Jahr diagnostiziert. Auch deshalb ist Younger schockiert: „Ich habe es nicht geglaubt, als sie mir sagten, dass ich Krebs habe. Ich dachte, sie hätten die falsche Lucy erwischt.“

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Einen Zusammenhang zu dem Hirntumor sieht Dr. Specht nicht: „Es scheint tatsächlich ein tragischer Zufall zu sein. Diese Form von Schilddrüsentumor ist aber zum Glück sehr gut zu behandeln.“

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„Die Krankheit hat meine Zwanziger gestohlen"

Inzwischen wurde Younger die Hälfte ihrer Schilddrüse entfernt, sie nimmt Medikamente gegen Epilepsie und muss sich zweimal im Jahr einer Gehirnuntersuchung unterziehen. Frustriert sagt sie: „Ich habe das Gefühl, dass mir die Krankheit meine Zwanziger gestohlen hat. Meine Freunde gehen abends aus und ich kann nicht mehr trinken gehen, weil ich Medikamente nehme.“

Sie will ihr Schicksal nutzen, um anderen zu helfen, appelliert an andere junge Frauen, auf ihren Körper zu hören und nicht klein beizugeben: „Du kennst deinen Körper besser als jeder andere. Wenn du wirklich glaubst, dass etwas nicht stimmt, dann musst du auf Tests und Beratung drängen.“