Einschränkungen anerkennen lassen - so geht's Nicht sichtbare Behinderungen: Seid auch ihr unbewusst betroffen?
Rund acht Millionen Menschen leben in Deutschland offiziell mit einer Behinderung. Die Dunkelziffer ist aber wohl viel höher, denn viele Betroffene wissen gar nicht, welche Hilfen ihnen wegen ihrer Krankheit zustehen. Wir erklären, welche Krankheiten als Behinderung anerkannt werden können.
Im Video: Erst nach einem Krankenhaus-Aufenthalt erfährt Victoria, dass ihre Endometriose als Behinderung zählt.
Anerkannte Behinderung - was heißt das?
Doch was ist überhaupt eine Behinderung? Das deutsche Gesetz sagt laut Sozialgesetzbuch: „Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, [...] die die Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können."
Heißt: Wenn eine Erkrankung oder eine angeborene Einschränkung das Leben für mehr als sechs Monate stark beeinträchtigt, liegt eine Behinderung vor. Betroffene können dann einen Grad der Behinderung beantragen.
Der Grad der Behinderung, kurz GdB, ist eine Skala, die festhält, wie groß die Einschränkung im Alltag ist. Ab einem GdB von 20 gibt es für Betroffene steuerliche Vorteile, ab 50 einen Kündigungsschutz und Preisnachlasse.
7,8 Millionen Menschen leben in Deutschland mit einer anerkannten Behinderung mit einem GdB ab 50. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes geht aber davon aus, dass jeder Vierte mit einer Behinderung oder chronischen Krankheit lebt.
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Welche Krankheiten können Behinderungen sein?
Die meisten Betroffen werden erst im Laufe ihres Lebens behindert. Auslöser können Krankheiten oder Unfälle sein – das Spektrum an Krankheiten, die laut Gesetz eine Behinderung darstellen, ist groß.
Dazu gehören diese sechs Erkrankungsgruppen:
Erkrankungen an inneren Organen, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Mukoviszidose, Krebsarten, Herzerkrankungen
Lernbehinderungen
Sinnesbehinderungen, etwa ein stark eingeschränktes Gehör, aber auch eine chronische eitrige Entzündung der Nasennebenhöhlen
Geistige Behinderungen
Psychische Behinderungen, beispielsweise Depressionen oder Zwangsstörungen
Körperbehinderungen wie Gelenkfehlstellungen, Schädigungen des Zentralnervensystems, Schädigungen an Gliedmaßen
Welche Krankheit tatsächlich einen Grad der Behinderung darstellt, ist immer auch individuell von der einzelnen Krankengeschichte abhängig.
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Welche Vorteile haben Betroffene durch die Anerkennung?
Ab einem Grad von 20 sieht die Tabelle sogenannte Nachteilsausgleiche vor. Wer einen GdB von 20 hat, dem steht ein Steuerfreibetrag von 384 Euro zu. Je höher der Grad der Behinderung, desto höher der Steuerfreibetrag – es bleibt also am Ende des Jahres mehr Netto- vom Bruttogehalt übrig.
Ab einem GdB von 50 gelten Betroffene als schwerbehindert. Ihnen stehen dann auch ein Kündigungsschutz, zusätzliche Urlaubstage, Preisnachlässe im Alltag und andere Nachteilsausgleiche zu.
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Wie beantrage ich einen Grad der Behinderung?
Um den Grad der Behinderung festzustellen, müssen Betroffene einen Antrag beim Versorgungsamt stellen. Solche Anträge kann man online bei der Gemeinde oder beim Kreis herunterladen, Ärzte oder Sozialverbände können dabei helfen.
Der Kontakt zum eigenen Arzt ist wichtig für das Antragsverfahren, denn der muss die Bestätigung über die gesundheitlichen Einschränkungen liefern.