Ann-Marie (17) und ihr Freund Danny (19) im Zug erstochen
Messerattacke in Brokstedt – Michael Kyrath: So erfuhr ich vom Tod meiner geliebten Tochter

Der Schmerz, den Michael Kyrath (48) empfindet, muss unerträglich sein.
Seine Tochter Ann-Marie K. (17) ist tot – erstochen von Ibrahim A., einem polizeibekannten Straftäter. Auch Ann-Maries Freund Danny P. (19) starb bei dem Messerangriff. Bei Stern TV erzählte Michael Kyrath, wie er vom Tod seines Kindes erfuhr.
Messerattacke in Brokstedt: Prozess gegen mutmaßlichen Täter beginnt vor Landgericht
Die Tat in einem Regionalexpress bei Brokstedt (Schleswig-Holstein) sorgte bundesweit für Entsetzen. Etwas mehr als fünf Monate danach beginnt vor dem Landgericht Itzehoe der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter, Ibrahim A. Angeklagt ist er wegen zweifachen Mordes, außerdem wirft ihm die Staatsanwaltschaft vier Fälle von versuchtem Mord vor. Ibrahim A. droht eine lange Haftstrafe.
Tochter in Regionalzug vor Brokstedt erstochen: Michael Kyrath musste bei Polizei zunächst Fragen beantworten
Der 25. Januar habe begonnen wie ein ganz normaler Tag, erinnert sich Michael Kyrath. "Ann-Marie ist wie jeden Tag mit der Bahn zur Schule gefahren. Sie hätte nachmittags nach Hause kommen sollen, aber tauchte nicht mehr auf." Per Handy sei seine Tochter nicht zu erreichen gewesen – "was sehr, sehr ungewöhnlich war. Wir haben dann über Freunde gehört, dass es ein Attentat im Zug in Brokstedt gegeben hat."
Per Telefon versuchte der 48-Jährige vergeblich, von der Polizei Informationen zu bekommen und fuhr gegen 17:30 Uhr zur Einsatzstelle nach Brokstedt. "Dort bin ich von der Polizei vernommen worden", berichtet Michael Kyrath. "Mir sind Fragen gestellt worden zu gewissen Details zu Ann-Marie, die ich dann beantworten musste oder konnte. Anschließend wurde mir mitgeteilt, dass meine Tochter und ihr Freund Danny leider einem Messerattentat zum Opfer gefallen und verstorben sind."
Vater von Brokstedt-Opfer: Als wenn man "rückwärts in eine Schlucht stürzt"
"Das erste Gefühl ist, dass man rückwärts in eine Schlucht stürzt und erwartet, dass irgendwann der harte Aufprall kommt. Das dauert eine ganze Zeit. Irgendwann wird einem das bewusst, was passiert ist, dass das eigene Kind nicht wiederkommen wird. Natürlich kommen dann auch die Gedanken, was uns als Eltern in Zukunft verwehrt bleibt. Was viele Eltern mit ihren Kindern erleben werden, worauf sie sich auch freuen und wir uns auch gefreut haben." Die Hochzeit der Tochter, Enkelkinder – all das wird Michael Kyrath nie erleben.
Ann-Marie (17) bei Messerangriff in Zug nach Brokstedt getötet: Vater denkt auch an Mitschüler
"Unser Leben ist zerstört", sagt Michael Kyrath. Ann-Maries "Leichtigkeit, ihre Fröhlichkeit, ihre Hilfsbereitschaft gegenüber anderen Menschen" – all dies sind nur noch Erinnerungen. Trotz seines eigenen Schicksals findet er die Kraft, auch an Ann-Maries Mitschüler und Lehrer zu denken. Die Klassenkameraden würden meist mit dem Tod konfrontiert, wenn ihre Großeltern sterben. "Das sind alte Menschen – plötzlich trifft es Gleichaltrige."
Die Anteilnahme am Schicksal seiner Familie sei "überwältigend" gewesen, sagt der 48-Jährige. "Wir haben über 7.000 Gedenkkarten bekommen von Menschen, die mit uns getrauert haben."
Ibrahim A. erst kurz vor Messerangriff in Brokstedt aus Knast entlassen
In die Trauer um seine geliebte Tochter mischt sich bei Michael Kyrath Wut auf die deutschen Behörden. Denn Ibrahim A. hatte bereits im Januar 2022 auf einen Mann eingestochen, kam in Untersuchungshaft. Auch im Gefängnis griff er Mitgefangene und Beamte an, halluzinierte. Im August wurde der Palästinenser zu einem Jahr und einer Woche Haft verurteilt, ging in Berufung und wurde im Januar aus der U-Haft entlassen. Wenige Tage später tötete er Ann-Marie und ihren Freund Danny.
Dass der Asylbewerber auf freiem Fuß war, kann Michael Kyrath nicht fassen. "Es ist sehr, sehr viel schiefgelaufen seitens der Justiz, der Behörden, die dafür verantwortlich sind", sagt er. "So etwas darf in diesem Land nicht passieren, das muss aufgearbeitet werden." Es werde nur diskutiert und geplant. "Aber es passiert nichts." Ein "Schlag ins Gesicht für uns als Eltern" sowie andere Eltern getöteter Kinder. Es sei Zeit, "zu handeln und nicht nur zu reden".
Brokstedt: Vater der getöteten 17-Jährigen fordert harte Strafe für Täter
Ob der 48-Jährige am nun beginnenden Prozess gegen Ibrahim A. teilnehmen wird, ist offen. Doch er hat eine klare Vorstellung davon, wie er ablaufen soll. "Wichtig ist, dass die Justiz dort mit voller Härte greift und nicht wieder Ausreden kommen", sagt Michael Kyrath "Es ist ein zweifacher Mord, und so muss er auch bestraft werden." (bst)