Bloggerin Mariana Vishegirskaya gibt Interview

Verletzte Schwangere aus Mariupol: "Mein Bild wurde benutzt, um Lügen über den Krieg zu verbreiten“

Millionen Menschen auf der ganzen Welt nahmen Anteil am Schicksal von Mariana Vishegirskaya. Sie ist eines der vielen Gesichter eines unmenschlichen Krieges, weil ihr Foto so oft in den Medien zu sehen war, es ist eines der bekanntesten. Nun spricht die Frau aus der Ukraine, die hochschwanger aus einer bombardierten Klinik in Mariupol floh, erstmals mit einem großen Sender im Westen, der britischen BBC. „Mein Bild wurde benutzt, um Lügen über den Krieg zu verbreiten“, erhebt sie Vorwürfe gegen Russland.
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Kremlnahe Kreise werfen Mariana Vishegirskaya Schauspielerei vor

Bloggerin Mariana Vishegirskaya liegt in einem Krankenhausbett mit ihrer Tochter
Bloggerin Mariana Vishegirskaya mit ihrer neugeborenen Tochter.
dpa

Bekannt wurde Vishegirskaya durch ein Foto, dass sie eingehüllt in eine Decke, mit blutigen Wunden im Gesicht zeigt. Es entstand am 9. März, die ukrainische Bloggerin ist hochschwanger und steht kurz vor der Entbindung. Sie muss fliehen, weil das Krankenhaus, in dem sie ihr Kind zur Welt bringen will, durch russische Bomben schwer getroffen und beschädigt ist.

Zwei Tage später bringt sie ihre Tochter Veronika in einem anderen Krankenhaus zur Welt. Während viele Menschen großen Anteil am Schicksal von Mutter und Kind nehmen, machen andere ihr schwere Vorwürfe. Sie sei eine Schauspielerin. Das Foto vor dem Krankenhaus in Mariupol sei eine Fälschung gewesen, behauptete die russische Botschaft in London in einer Reihe von Tweets, die inzwischen gelöscht sind. Russische Diplomaten behaupteten sogar, Vishegirskaya habe nicht eine, sondern zwei verschiedene Frauen „gespielt“.

Video: Russische Truppen zerstören Entbindungsklinik in Mariupol

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Töchterchen Veronika "hat sich entschieden, in einer schwierigen Zeit aufzutauchen"

Daraufhin habe sie sich und ihre Familie einer Welle von "Desinformation und Hass" ausgesetzt gesehen, so die Ukrainerin im BBC-Interview: „Ich erhielt Drohungen, dass sie kommen und mich finden würden, dass ich getötet würde, dass mein Kind in Stücke geschnitten würde.“

Sie habe sich "wie in einer Informationsschlacht" gefühlt, sagt sie BBC-Reporterin Marianna Spring. Über Töchterchen Veronika sagt sie: „Sie hat sich entschieden, in einer schwierigen Zeit aufzutauchen, aber es ist besser, dass sie unter diesen Umständen angekommen ist, als gar nicht.“

Influencerin Mariana Vishegirskaya macht Fotografen Vorwürfe

Bloggerin Mariana Vishegirskaya versucht hochschwanger aus dem Krankenhaus zu fliehen
Auch dieses Bild ging um die Welt: die hochschwangere Mariana Vishegirskaya nach einem Angriff auf das Krankenhaus in Mariupol.
deutsche presse agentur

Sie erzählt dem britischen Sender auch, wie das berühmte Foto entstand. Bei zwei Explosionen sei das Krankenhaus in Mariupol am 9. März schwer getroffen worden. Sie habe Schutz im Luftschutzkeller gesucht, sei dabei von Glassplittern verletzt worden, erklärt sie ihre blutenden Wunden auf dem Foto.

Ein Arzt hätte ihr gesagt, sie müsse nicht genäht werden. Aber sie wollte noch einmal zurück ins Krankenhaus, um persönliche Sache zu holen, erklärt sie der BBC. „Alles, was ich für mein Baby vorbereitet hatte, war in dieser Entbindungsstation.“

Twitter löschte Tweet der russischen Botschaft in England

Tweet
Diesen Tweet verbreitete die russische Botschaft. Tweitter löschte ihn später.

Als sie darauf wartete, ihre Habseligkeiten holen zu können, sei sie von Journalisten der Agentur Associated Press (AP) fotografiert worden, erzählt Vishegirskaya weiter. Als sie das Krankenhaus verließ, sei sie nochmals von der AP abgelichtet worden. Diese Bilder verbreiteten sich rasch.

Ebenso schnell verbreiteten kremlnahe Kreise in Telegram-Kanälen, sie seien inszeniert worden. Vishegirskaya sei eine Schauspielerin, das Blut in ihrem Gesicht sei nur Make-up gewesen, wurde ihr unterstellt. Russische Beamte und staatliche Medien griffen diese Behauptungen auf.

Bloggerin Mariana Vishegirskaya  mit ihrer Tochter
Mariana Vishegirskaya nach der Geburt ihrer Tochter, die ihr Mann Yuri im Arm hält
dpa

Vishegirskaya sagt der BBC, sie habe davon erst Tage später erfahren. Ihr Instagram-Account sei von "bedrohlichen Nachrichten" und Beleidigungen "überschwemmt" gewesen, sagt sie weiter.

Dass ihre Geschichte derart missbraucht werden konnte, sei den AP-Journalisten anzulasten. Die Reporter hätten ausschließlich Fotos von ihr verbreitet. Warum haben die Journalisten "keine anderen schwangeren Frauen interviewt, die bestätigen konnten, dass dieser Angriff wirklich passiert war?“, fragt sie sich. (uvo)

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