Gisèle Pelicot kommt zum BerufungsprozessER will sich mit dem Vergewaltigungsurteil nicht abfinden

Hüsamettin D.
Hüsamettin D. hat gegen das Vergewaltigungsurteil Berufung eingelegt.
privat
von Sabrina Suberg und Ulrich Vonstein

Einer gibt keine Ruhe!
Nach der Verurteilung von 51 Männern in Frankreich wegen des Missbrauchs von Gisèle Pelicot verhandelt ein Gericht jetzt die Berufung eines Vergewaltigers gegen seine Strafe. Er war Ende vergangenen Jahres zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Als einziger von zunächst 17 der Verurteilten, die Einspruch gegen ihren Schuldspruch einlegten, beharrte er auf seiner Berufung.

„Sie wird da sein, um klarzumachen, dass eine Vergewaltigung eine Vergewaltigung bleibt“

Der 44-jährige Bauarbeiter Hüsamettin D. ist verheiratet, hat ein Kind, das an Trisomie 21 leidet. D. saß 16 Monate in Untersuchungshaft. Seine Strafe nach dem ersten Prozess musste er nicht direkt antreten, aus gesundheitlichen Gründen. RTL-Informationen zufolge betrachtet sich D. als bisexuell und könne die Schande nicht ertragen, als Vergewaltiger zu gelten.

Gisele Pelicot im Dezember 2024 beim Prozess in  Avignon
Gisele Pelicot im Dezember 2024 beim Prozess in Avignon
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Ungeachtet seiner Verurteilung sieht er sich als Opfer von Dominique Pelicot, der seine Frau Gisèle von Dutzenden Männern hatte vergewaltigen lassen. D. war beim aufsehenerregenden Prozess in Avignon stets mit Covidmaske vor Gericht erschienen, um unerkannt zu bleiben. Der Berufungsprozess vor dem Strafgericht im südfranzösischen Nîmes ist auf drei Verhandlungstage bis zum 8. Oktober angesetzt.

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Hüsamettin D. behauptet, er habe Gisèle Pelicot nicht vergewaltigt

Dabei wird der Fall erneut detailliert besprochen, auch ein bereits beim Prozess in Avignon gezeigtes Vergewaltigungsvideo soll erneut vorgespielt werden, berichtet der britische Sender BBC. Gisèle Pelicot hat laut ihrer Anwälte angekündigt, auch in Nîmes vor Gericht erscheinen zu wollen, obwohl ihre Anwesenheit bei diesem Prozess nicht vonnöten sei. „Wenn sie nicht gekommen wäre, hätte das jeder verstanden, denn sie versucht, zu ihrem normalen Leben zurückzukehren“, zitiert der Sender den Anwalt Stéphane Babonneau. Sie habe das Gefühl, dort sein zu müssen.

„Sie wird da sein, um klarzumachen, dass eine Vergewaltigung eine Vergewaltigung bleibt“, bekräftigte sein Kollege Antoine Camus.

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Hüsamettin D.‘s Anwalt forderte im französischen Sender BFMTV „Anerkennung für die Konsequenz“ seines Mandaten. Der habe immer gesagt, dass er Gisèle Pelicot nicht vergewaltigt hat. „Er bleibt dabei und hält deshalb an der Berufung fest“, so Jean-Marc Darrigade demnach.

Dutzende weitere Täter im Fall Pelicot nicht identifiziert

Dominique Pelicot hatte beim Mega-Prozess in Avignon gestanden, seine damalige Frau Gisèle fast zehn Jahre lang immer wieder mit Medikamenten betäubt, missbraucht und von Fremden vergewaltigen lassen zu haben. Er erhielt die Höchststrafe von 20 Jahren Haft. Alle 50 Mitangeklagten wurden ebenfalls schuldig gesprochen, zumeist wegen schwerer Vergewaltigung, und zu Haftstrafen zwischen drei und 15 Jahren verurteilt. Die Ermittler gehen davon aus, dass es ein Dutzend weiterer Täter gibt, die nicht identifiziert worden seien,

Gisèle Pelicot (72) hatte darauf bestanden, dass der Prozess öffentlich stattfindet und damit dafür gesorgt, dass Vergewaltigungen und der Missbrauch von Frauen weit über Frankreich hinaus in den Fokus der öffentlichen Debatte rückten. In kürzester Zeit wurde sie mit ihrem mutigen Verhalten für viele Menschen zum Vorbild und zu einer feministischen Ikone.

Verwendete Quellen: AFP; BBC; BFMTV; dpa; RTL-Recherchen