Berliner Palliativmediziner wegen 15 Morden vor Gericht „Erschreckend, meinen Sohn praktisch im Käfig zu sehen”
Dieser Vater sieht seinen Sohn auf der Anklagebank zu sehen. Wegen Morden in 15 Fällen steht der Berliner Palliativmediziner Johannes M. seit Mitte Juli vor Gericht. Am Prozesstag diese Woche sitzt auch sein Vater, Bastian Schwarz*, im Gerichtssaal. Für ihn ist dieser Tag ein Wechselbad der Gefühle.
Der Fall Joahnnes M.: Darum will sein Vater im Gericht dabei sein
Am 01. Dezember sagt Aissatou D. am 19. Prozesstag als Zeugin im Verfahren gegen Palliativmediziner Dr. Johannes M. vor Gericht aus. Ihre Tochter Kadiatou D. wurde mit nur 25 Jahren Johannes M.s jüngstes Opfer.
Bastian Schwarz* reist an diesem Tag aus Hamburg an, um dem Prozess am Berliner Landgericht beizuwohnen. Im Gespräch mit RTL erklärt er, warum er im Gerichtssaal sitzen möchte: „Ich möchte auf der einen Seite Johannes ein Zeichen geben, dass ich da bin und dass ich mich auch für seinen Prozess interessiere. Aber auf der anderen Seite möchte ich mir auch gerne ein eigenes Bild machen.“
Wie er darauf reagieren werde, seinen Sohn auf der Anklagebank zu sehen, wisse er noch nicht, beschreibt er seine Gefühlslage, weil das für ihn auch einmalig sei. „Ich habe mich mental darauf vorbereitet und hoffe, dass heute halbwegs gut zu stemmen“, fügt er noch hinzu. „Ich wünsche niemandem, dass er seinen Sohn bei so einem Prozess begleiten muss.“

Vor Gericht: Sein Sohn kommt Bastian Schwarz* fremd vor
Schließlich im Gerichtssaal ist es für Bastian Schwarz* „erschreckend, meinen Sohn praktisch im Käfig zu sehen. Ansonsten habe ich den Eindruck, dass er strapaziert ist.“ Er wirke auf ihn strapaziert und angestrengt. „Das Ganze läuft nun schon ein halbes Jahr und er ist ungefähr über ein Jahr in Haft.“
Er wolle aber nicht jammern, stellt er klar, denn er finde es gut, dass der Prozess so gewissenhaft geführt wird. Das bedeute nämlich, dass dem Gericht, was daran gelegen sei, alles vollständig aufzuklären. „Das ist wahrscheinlich auch im Interesse der Opfer und Hinterbliebenen.”

Abschließend dazu erklärt Schwarz*: „Er ist mir heute, wahrscheinlich aufgrund des Stresses, den er ausgestrahlt hat, teilweise auch fremd vorgekommen. Aber er ist natürlich mein Sohn.“
Erscheinen von Johannes M.s Vater sorgt für Aufsehen
Als die Verteidigung mitbekommt, dass sich der Vater des Angeklagten im Gerichtssaal befindet, versuchen sie, Bastian Schwarz* vom Prozess auszuschließen. Ihre Begründung: Er würde ggf. noch als Zeuge in Frage kommen. Dass die Verteidiger seines Sohnes so reagieren, verstehe Schwarz* nicht, erklärt er anschließend RTL. „Johannes’ Verteidiger hat geltend gemacht, dass ich möglicherweise ein Zeuge sei und deswegen an der Verhandlung als Zuschauer nicht teilnehmen darf.“
Aber er habe bereits bei seiner Vernehmung beim LKA darauf hingewiesen, dass er unter keinen Umständen in diesem Gerichtssaal als Zeuge auftreten werde. „Und ich finde, die Richterin hat das dann auch sauber und zuverlässig geklärt, indem sie mich befragte und mich auch darauf hinwies, dass ich ein Zeugnisverweigerungsrecht habe“, führt er weiter aus. Davon habe er auch gebraucht gemacht und damit sei die Sache für ihn erledigt.
Bastian Schwarz* würde am liebsten alles „ungeschehen machen“
Von der Zeugenaussage der Mutter zeigt sich Bastian Schwarz* nachhaltig bewegt: „Das war jetzt nur eine Angehörige aus einer großen Familie. Und wenn man das multipliziert, ist es kaum überschaubar, wie viele Opfer es tatsächlich gibt. Und damit meine ich nicht nur die Opfer, die letztlich gestorben sind, sondern auch die Opfer, die zurückgeblieben sind, die Angehörigen.“
Am liebsten würde er sagen, dass er das ungeschehen machen würde, aber das könne er natürlich nicht, bedauert er. „Ich kann auch nicht auf die Leute oder auf die Menschen oder zum Beispiel auf die Dame zugehen und sagen: ‘Hallo, ich bin der Papa von Johannes. Ich wünsche dir ein herzliches Beileid. Das funktioniert nicht. Damit muss ich leben.“

Prozess in Berlin soll bis 2026 dauern
Johannes M. sitzt seit dem 6. August 2024 in Untersuchungshaft. Parallel zum Prozess laufen die Ermittlungen weiter – aktuell gibt es noch 75 Fälle, in denen ein Anfangsverdacht gegen den Palliativarzt besteht.
Das Gericht hatte zunächst insgesamt 35 Verhandlungstermine angesetzt, inzwischen sind weitere dazugekommen: Am 14. Juli begann der Prozess und soll bis Anfang Mai 2026 andauern. Da es zu jedem Fall mehrere Zeugen gibt, könnten insgesamt rund 150 Menschen vor Gericht gehört werden. Bis zur rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.
Bastian Schwarz* plant, noch einmal einem Prozesstag beizuwohnen und auch zur Urteilsverkündung im Gerichtssaal zu sitzen.
*Der Name wurde von der Redaktion geändert
Quelle: eigene RTL-Recherchen
































