Johannes M. (40) soll 15 Menschen ermordet haben

Wie seine Chefin dem Palliativarzt auf die Spur kam

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von Samina Faizi und Sebastian Stöckmann

Er soll Herr über Leben und Tod gespielt haben.
Palliativarzt Johannes M. (40) steht in Berlin wegen 15-fachen Mordes vor Gericht. Seine damalige Chefin bei einem Pflegedienst sagt am Mittwoch als Zeugin aus und erzählt, wie M. ihr immer verdächtiger wurde.

Palliativarzt musste ungewöhnlich viele Patienten reanimieren

Die Zeugin schildert Johannes M. als jemanden, der durch sein intrigantes Verhalten sehr viel Unruhe ins Team gebracht hat. Dies sei aber erst im Nachhinein herausgekommen. Der Palliativarzt habe Dinge verdreht und zahlreiche Lügen verbreitet. Sie habe deshalb sogar einmal einen Mitarbeiter abgemahnt, erzählt M.s Ex-Chefin. Doch diese Geschichte habe sich als unwahr herausgestellt.

Rückblickend kämen ihr viele Dinge komisch vor. Johannes M. habe zum Beispiel viele freiwillige Hausbesuche gemacht und ständig Patienten reanimieren müssen – in der Palliativmedizin sehr ungewöhnlich. „Ihm passierte so viel. Das war so actionreich bei ihm. Ich war ja fast neidisch.”

Johannes M. soll Brände gelegt haben, um Taten zu vertuschen

Eine Ermittlungsgruppe hat hunderte Unterlagen von Patienten des Palliativmediziners ausgewertet. Im Prozess geht es zunächst um 15 Todesfälle im Zeitraum September 2021 bis Juli 2024. Johannes M. soll zwölf Frauen drei Männern ohne „medizinische Indikation und ohne deren Wissen und Zustimmung” jeweils ein tödliches Gemisch aus Narkoseeinleitungs- und Beruhigungsmittel verabreicht haben. Laut Staatsanwaltschaft suchte M. die Betroffenen im Rahmen seiner Tätigkeit für zwei Pflegedienste teils unangekündigt auf, meist waren die Patienten allein. In einigen Fällen legte Johannes M. den Ermittlungen zufolge Brände, um die Taten zu vertuschen. Die Polizei ermittelte zunächst wegen Brandstiftung mit Todesfolge.

Die Häufung der Brände sei ihr komisch vorgekommen, berichtet die Zeugin. Nach dem letzten Brand habe sie Johannes M. angerufen – und bei ihr sei endgültig der Groschen gefallen. Der Mediziner sei nach dem Gespräch stark verändert und in sich gekehrt gewesen. Die Atmosphäre beim Pflegedienst habe sich geändert.

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Chefin des Palliativmediziners entdeckt Gemeinsamkeiten bei Sterbefällen

Die Zeugin berichtet weiter über die Ereignisse Mitte letzten Jahres: Nachdem sie Verdacht gegen Johannes M. geschöpft hat, wendet sie sich zunächst an die Geschäftsleitung des Pflegedienstes. Doch als sie merkt, dass man dort lediglich über psychologische Betreuung für das Team nachdenkt, beschließt sie, anderweitig tätig zu werden. „Bei uns stimmt was nicht. Innerhalb von sechs Wochen vier Leichen mit Bränden.”

Johannes M.s damalige Chefin recherchiert die Fälle und entdeckt Gemeinsamkeiten: Immer sind alleinstehende Frauen betroffen, immer handelt es sich um unerwartete Sterbefälle, und immer war Johannes M. der letzte behandelnde Arzt. Ein befreundeter Feuerwehrmann sagt ihr, sie müsse ihre Beobachtungen melden. Am 27. Juli 2024 schildert sie diese per E-Mail dem Landeskriminalamt (LKA).

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Prozess in Berlin soll bis 2026 dauern

Es dauert nicht lange bis zum Haftbefehl gegen Johannes M.; er sitzt seit 6. August 2024 in Untersuchungshaft. Parallel zum Prozess laufen die Ermittlungen weiter – aktuell gibt es noch 71 Fälle, in denen ein Anfangsverdacht gegen den Palliativarzt besteht.

Der Prozess in Berlin soll am 13. August fortgesetzt werden. Das Gericht hat zunächst insgesamt 35 Verhandlungstermine bis zum 28. Januar 2026 geplant. Da es zu jedem Fall mehrere Zeugen gibt, könnten insgesamt rund 150 Menschen vor Gericht gehört werden. Bis zur rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.