Prozess gegen Weihnachtsmarkt-AttentäterMutter von getötetem André (†9) erinnert in Tränenaussage an „kleinen süßen Chaot”

Sie zittert, drückt ein kleines Kuscheltier an sich und ringt um jedes Wort.
Die Mutter des getöteten André sagt am Donnerstag (4. Dezember) erstmals im Prozess gegen den Weihnachtsmarkt-Attentäter von Magdeburg aus. Es ist ein Moment, der Nebenkläger und selbst Anwälte rührt. Mehrfach verlassen Menschen schluchzend Saal.
Sie will ihrem Sohn eine Stimme geben
Eigentlich will Désirée Gleißner nie mehr in denselben Raum wie der Angeklagte. Da der Richter ihrer Bitte nicht entsprechen kann, wird beim Betreten kurzzeitig eine Sichtschutzwand aufgebaut – doch sobald ihrer Aussage beginnt, wird sie entfernt. Sie tritt nur in den Saal, weil sie den Wunsch hat, ihrem Sohn eine Stimme zu geben.
Sie hält ein Kuscheltier in der Hand, ihr Partner Patrick sitzt neben ihr. Die Aussage fällt ihr extrem schwer, sie macht lange Pausen, kämpft mit den Tränen

Der Moment, der ihr Leben zerstört
Désirée berichtet, dass sie ihren neun und 20 Jahre alten Söhnen 50 Euro gegeben habe, damit sie allein über den Markt gehen können – und dass sie das heute als ihren größten Fehler betrachtet. Sie und ihr Partner wollen gerade ins Riesenrad steigen, als der Betrieb gestoppt wird. Sie habe da schon ein ungutes Gefühl gehabt.
Dann sucht sie schreiend nach ihren Kindern. Der älteste Sohn Jason ruft nach ihr. André liegt blutüberströmt auf dem Boden. Sie fährt mit ins Klinikum. Jason geht zurück, um Andrés Schuh zu holen. Er steckt bis heute in seiner Jackentasche, herausnehmen kann er ihn nicht. Die 39-Jährige beschreibt André als „kleinen süßen Chaoten”, als höflich und liebenswert. Er habe jeden mit seinen braunen Augen verzaubert. Sie sagt, dass ihr Leben zerstört sei, ebenso das ihrer Familie. Der Richter spricht ihr großen Respekt aus. Der gesamte Saal nickt.
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Tränen im Publikum – der Angeklagte senkt den Kopf
Während ihrer Aussage verlassen mehrfach Nebenkläger weinend den Saal. Auch Anwälte wischen sich Tränen aus den Augen. Der Angeklagte Taleb A. legt den Kopf auf seine Arme, bedeckt sein Gesicht. Zuvor versucht er, sein Gesicht mit einem Taschentuch zu verdecken und wird dafür ermahnt.

Auch fünf weitere Geschädigte berichten heute von einem Leben, das in Sekunden zerstört wurde. Eine Frau erzählt, dass das Auto nur wenige Meter an ihrem Kinderwagen vorbeiraste und sie seitdem isoliert lebt. Eine Anästhesiepflegerin schildert, wie sie ein verletztes Kind versorgte und selbst nur Sekunden vom Tod entfernt war. Eine andere Zeugin weint heute zum ersten Mal seit Dezember – sie sagt, sie sei emotional „kalt“ geworden, seit sie Todesangst erlebt habe. Auch ein schwer verletzter Mann macht deutlich, dass er bis heute arbeitsunfähig ist und Magdeburg verlassen musste. Der gesamte Saal spürt: Dieser Prozess reißt alte Wunden wieder auf.
Verwendete Quellen: eigene RTL-Recherche
































