Hat die Justiz bei Enamullah O. geschlampt?

Aschaffenburg-Killer hätte am Tattag im Gefängnis sitzen sollen

23.01.2025, Bayern, Aschaffenburg: Polizeibeamte begleiten den mutmasslichen Täter (M) nach dem tödlichen Angriff in einem Park im Amtsgericht Aschaffenburg zur Vorführung beim Haftrichter.
Polizeibeamte bringen Enamullah O. zur Vorführung beim Haftrichter.
Daniel Löb/dpa

Er erstach ein kleines Kind.
Der Attentäter von Aschaffenburg hätte als Folge einer Straftat am Tag des Messerangriffs (22. Januar) eigentlich im Gefängnis sitzen müssen. Das berichtet die Zeitung „Westfalen-Blatt“. Dass er nicht hinter Gittern saß, begründet die bayerische Justiz dem Blatt zufolge mit gesetzlichen Regelungen.

Ersatzhaft, weil er Geldstrafe nicht bezahlte

Wie die Zeitung schreibt, wurde Enamullah O. nach einem gewalttätigen Streit in einer Flüchtlingseinrichtung in Niederwern im Landkreis Schweinfurt wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Dieses Urteil wurde am 22. Juni 2024 rechtskräftig, heißt es unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft Schweinfurt.

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Weil er nicht bezahlte, bekam er eine Ladung zu einer „Ersatzfreiheitsstrafe“ von 40 Tagen. Diese Haftstrafe hätte der Afghane dem Blatt zufolge am 23. Dezember antreten sollen - er wäre also erst am 1. Februar wieder freigekommen. Enamullah O. missachtete demnach die Ladung, doch die Justiz erließ keinen Vollstreckungshaftbefehl.

Video zeigt Festnahme des Aschaffenburg-Täters

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Justiz hatte mehr als ein halbes Jahr lang Zeit

Das habe daran gelegen, dass O. auch vom Amtsgericht Aschaffenburg wegen eines anderen Vergehens - versuchter Betrugs – verurteilt worden war. Deswegen, so zitiert die Zeitung die Staatsanwaltschaft Schweinfurt, sei die Justiz dazu verpflichtet, über die Bildung einer Gesamtstrafe zu entscheiden.

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Obwohl seit den Urteilen mehr als sechs Monaten Zeit war, passierte das nicht. Dem „Westfalenblatt“ zufolge begründet die Justiz den Verzug mit „erforderlichen Zustellungen und Übersetzungen, die Zeit in Anspruch nehmen.”

Behörden müssen sich fragen lassen, was schiefgelaufen ist

Statt also auch nur eine seiner beiden Strafen anzutreten, blieb Enamullah O. auf freiem Fuß und konnte am vergangenen Mittwoch in Aschaffenburg mit einem Messer Menschen angreifen. Der zweijährige Yannis starb ebenso wie ein Mann, der andere Kinder retten wollte. Ein Mädchen wurde schwer verletzt. Der Messerstecher wurde verhaftet, er sitzt jetzt in der Psychiatrie. (uvo)