Kann man die AfD klein halten?: Ministerpräsident Daniel Günther im RTL Nord-Jahresinterview
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Kirsten von Keitz trifft Ministerpräsident Daniel Günther zum Jahresinterview. Themen sind unter anderem der Umgang mit der AfD und die durch Friedrich Merz ausgelöste Stadtbild-Diskussion.
Kirsten von Keitz: "Ja auch die AfD wird ja versuchen, in den Landtag zu kommen. Aktuell sind sie nicht drin. Was glauben Sie, wie kann man die AfD klein halten?"
Daniel Günther: "Na ja, wir müssen uns auf das besinnen, was wir beim letzten Mal geschafft haben. Die AfD hat, seitdem sie existiert, seit 2014 gab es keine einzige Umfrage in Schleswig-Holstein, in der die AfD nicht im Landtag gewesen wäre. In jeder Umfrage mindestens fünf, eher mehr Prozent. Aber am Ende hat es nicht gereicht, sondern die sind bei 4,4 % hängengeblieben. Und ich glaube, das war eine Gemeinschaft."
Kirsten von Keitz: "Aber das wird ja nicht von alleine passieren."
Daniel Günther: "Nein, das hat auch beim letzten Mal nicht vom Anfang, ist nicht von alleine passiert. Aber wir haben viel richtig gemacht in Schleswig-Holstein."
Kirsten von Keitz: "Und was?"
Daniel Günther: "Andere Formen der Zusammenarbeit innerhalb einer Regierung nahezu ohne Streit beim letzten Mal in einer Dreiparteienregierung . Ich glaube , das ist in einer Zweiparteienregierung auch wieder sehr gut klappen wird . Respektvoller Umgang , keine Themen nur adressiert und den Leuten Angst gemacht , dass Themen nicht gelöst werden können , sondern immer geguckt wie können wir die Leute zusammenhalten ? Wie können wir auch bei schwierigen Themen auch als Demokratinnen und Demokraten vernünftig miteinander umgehen ? Das ist eine Gemeinschaftsleistung aller demokratischen Parteien gewesen und ich traue uns das in Schleswig-Holstein auch beim nächsten Mal wieder zu."
Kirsten von Keitz: "Nun wird ja seit Tagen öffentlich über die Brandmauer zur AfD diskutiert, ob die noch bestehen möge oder nicht. Herr Merz hat sich da klar positioniert. Auch Sie haben da eine klare Meinung zu ."
Daniel Günther: "Ja, ich glaube, das ist kein Geheimnis. Mir missfällt immer dieser dieser Begriff Brandmauer . Aber es sagt ja im Kern: Mit dieser Partei können wir nicht zusammenarbeiten . Es kann keine demokratische Partei tun. Sie ist unser Hauptgegner als Union. Sie macht Demokratie Verächtlich. Sie spaltet die Gesellschaft hat nichts mit unseren Werten zu tun, für die wir Christdemokraten stehen. Und von daher ist sie die Partei, die wir natürlich auch bekämpfen müssen, die wir mit Argumenten stillen müssen, aber mitnichten irgendwie Ansprechpartner für jegliche Formen von Zusammenarbeit."
Kirsten von Keitz: "Für wie gefährlich halten Sie eine öffentliche Diskussion über eine Zusammenarbeit mit der AfD?"
Daniel Günther: "Na ja, in einer Demokratie kann man sich vor Diskussionen ja nie drücken. Und sie findet ja ab und zu mal statt. Ich glaube, die sind die wird auch immer sehr schnell gemacht, findet natürlich auch in unserer aufgeregten Mediengesellschaft immer sehr schnell Widerhall. Ich bin auch manchmal nicht so glücklich darüber, dass dieses Thema auch von unserer politischen Konkurrenz immer wieder gegen die Union gerichtet wird."
Kirsten von Keitz: "Nun gut, Herr Klingbeil hat ja nur gesagt, das sei abgesprochen gewesen und Teil des Koalitionsvertrags, dass es keine Zusammenarbeit gibt. Da hat er ja nur freundlich daran erinnert. Das ist ja."
Daniel Günther: "Ja. Ich würde weniger auf andere gucken, sondern genauso, wie wir uns als Union damit beschäftigen sollen. Welchen Anteil haben wir daran? Wie können wir es schaffen, die AfD kleiner zu bekommen? Wie können wir Wählerinnen und Wähler wieder zurückholen? Ist das Aufgabe aller demokratischen Parteien. Man kann an Schleswig-Holstein einfach sehen weniger persönlich verletzende Auseinandersetzungen. Streit in der Sache ist vollkommen in Ordnung unter demokratischen Parteien, aber nicht innerhalb einer Regierung und schon gar nicht in einem Ton, der einfach demokratischen Parteien nicht gerecht wird. Und ich glaube, wenn wir das alles beherzigen, uns um die Lösung der Probleme im Land kümmern, dann haben wir auch das Zeug dazu, die AfD wieder in die Bedeutungslosigkeit zu schicken."
Kirsten von Keitz: "Probleme gibt es ja laut Aussage von Herrn Merz auch im Stadtbild. Wie empfinden Sie das? Haben wir ein Problem im Stadtbild?"
Daniel Günther: "Na ja, wir haben schon ein Problem mit Kriminalität. Wir haben ein Problem auch damit, dass Menschen sich nicht sicher fühlen. Und von daher finde ich schon, dass hier der Staat auch manches lösen muss, damit Menschen, übrigens auch Menschen mit Migrationshintergrund, sich in Deutschland an allen Orten sicher fühlen. Und ich glaube, das ist eine Aufgabe, um die wir uns definitiv kümmern müssen."
Kirsten von Keitz: "Aber das ist ja nicht das, was Herr Merz beschrieben hat, oder es ist zumindest nicht das, was in der Bevölkerung von vielen wahrgenommen wird, sondern es wird wahrgenommen, dass Menschen mit Migrationshintergrund Ausländer als Problem im Stadtbild wahrgenommen werden."
Daniel Günther: "Ich glaube, dass die Diskussion sicherlich ein bisschen dazu geführt hat, dass dieser Eindruck entstanden ist . Ich finde, dass Friedrich Merz am Montag sehr klar beschrieben hat, was er damit adressieren wollte. Und das ist ein Problem, was viele Menschen empfinden. Übrigens gerade auch Menschen mit Migrationshintergrund, die auch ein Stück weit natürlich auch darunter leiden, dass es Menschen gibt, die sich nicht an unsere Regeln halten. Ich kenne ganz viele Menschen mit Migrationshintergrund, die sich wünschen würden, dass wir in Deutschland viel konsequenter gegen Kriminalität und Gewalt vorgehen, die nicht verstehen können, warum wir es zulassen, dass Menschen in unser Land kommen, die sich nicht an unsere Regeln halten, die mit Messer auf andere Menschen losgehen. Und das ist uns bis heute ja nicht gelingt, diese Menschen konsequent abzuschieben. Und ich glaube, da müssen wir uns alle, nicht nur wir als Union, auch Grüne und SPD fragen, warum es uns noch nicht gelungen ist, unsere Regeln so anzupassen, dass solche Menschen keinen Platz bei uns in Deutschland haben."
Kirsten von Keitz: "Die Aussage von Herrn Merz wird auch von vielen als AfD Sprech wahrgenomme . Ist das hilfreich?"
Daniel Günther: "Ich glaube, wir müssen uns gehörig anstrengen, differenziert Sachverhalte zu erläutern. Aber ich finde auch immer, es sollten auch alle dazu beitragen, dass man nicht mit Gegenreaktionen, ich sage mal, solche Debatten unnötig aufheizt. Denn was Friedrich Merz damit ja deutlich gesagt hat, ist, dass es Räume in Deutschland gibt, wo Menschen sich nicht sicher fühlen. Also wer macht sich auch selbst davon frei, dass es bestimmte Gegenden gibt, die man besser nicht betritt? Und es ist doch Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, dass solche Räume nicht entstehen. Dass Frauen sich sicher fühlen, dass Menschen mit Migrationshintergrund sich in unserem Land sicher fühlen. Und vielleicht sollten wir die Debatte eher darüber führen, wie wir das verbessern können, als uns gegenseitig Vorhaltungen zu machen, wann man sich vielleicht nicht detailliert genug ausgedrückt hat."