"Regelrechte Antragsflut auf die Wohngeldstellen“

IW-Studie: Zahl der Wohngeld-Empfänger wird sich verdreifachen - aber nicht alle kriegen schnell ihr Geld

Andrea Warnecke
Mietzuschuss vom Staat: Wer innerhalb bestimmter Einkommensgrenzen verdient, kann Wohngeld beantragen. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn
deutsche presse agentur

Die Zahl der Wohngeldempfänger wird sich zum Jahresbeginn verdreifachen, doch ob die Berechtigten ihr Geld auch zeitnah bekommen, ist fraglich. Denn in vielen Wohngeldstellen fehlt schlicht Personal. Das geht aus einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft hervor.

Mehrere Monate Bearbeitung befürchtet - auch wegen Fachkräftemangel

Wer nicht viel verdient, kennt es: Ein dicker Batzen Geld geht jeden Monat an den Vermieter oder die Vermieterin und belastet das Haushaltsbudget stark, für manche sogar zu stark. Um diese Menschen nun angesichts steigender Lebenskosten zu entlasten, wird der Kreis der Wohngeld-Empfänger erweitert. Die Wohngeld-Reform der Ampel-Regierung tritt zum 1. Januar 2023 in Kraft. Heißt konkret: Die Anzahl der Wohngeldhaushalte wird sich nach Berechnungen des IW-Mikrosimulationsmodells mehr als verdreifachen.

Doch viele Ämter sind auf den Run gar nicht vorbereitet, Fachkräftemangel lässt auch hier grüßen. Die Ämter müssen deutlich mehr Anträge bearbeiten und suchen händeringend Personal. Die IW-Studie spricht von einer „regelrechten Antragsflut auf die Wohngeldstellen“ und kommt daher zu dem Schluss: „Trotz der angedachten Verwaltungsvereinfachungen ist daher zu befürchten, dass sich die bisherigen mehrmonatigen Bearbeitungszeiten der Anträge weiter verlängern und dadurch viele Haushalte nur zeitverzögert finanzielle Unterstützung erhalten werden.“

Heißt also: Trotz Wohngeld-Anspruch noch kein Geld auf dem Konto!

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Wohngeld-Empfänger werden etwa 370 Euro bekommen

Über das Wohngeld wird ab 2023 nicht nur die Miete und die kalten Nebenkosten bezuschusst, sondern auch die Heizkosten. Wohngeldhaushalte, die bereits vor der Reform wohngeldberechtigt waren, werden im Jahr 2023 rund doppelt so viel Wohngeld erhalten. Das IW erwartet hier einen Anstieg von monatlich 190 Euro auf 370 Euro.

Bei den Haushalten, die nun hinzukommen, erwartet das Institut durchschnittlich 100 Euro Wohngeld. Warum ist der Betrag geringer? Das erklärt sich daraus, dass Haushalte mit höheren Einkommen weniger Wohngeld erhalten: Die Höhe des Wohngelds wird nach Haushaltsgröße, den Wohnkosten und dem Einkommen berechnet.

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NRW will Vorschüsse zahlen

Länder und Kommunen reagieren bereits auf den erwarteten Ansturm. So will beispielsweise das Land NRW Vorschusszahlungen ermöglichen. Die Landesregierung habe den Kommunen deshalb ein Computerprogramm für Vorschusszahlungen bereitgestellt, erklärte NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) kurz vor Weihnachten.

Auch in Schleswig-Holstein bereiten sich Land und Kommunen auf einen Anstieg der Wohngeldanträge vor. „Trotzdem kann es - je nach Kommune - zu Wartezeiten von mehreren Wochen kommen“, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) vor einer Woche. Bei berechtigten Anträgen werde das Wohngeld aber auch rückwirkend ausgezahlt.

Für Rheinland-Pfalz warnten die kommunalen Spitzenverbände Städtetag und Landkreistag Rheinland-Pfalz: „Nach unserer derzeitigen Einschätzung können wir nicht zeitgleich so viel Personal schaffen oder umschichten, wie es für die neue Antragswelle nötig wäre.“ Es könne daher in einigen Wohngeldstellen zu Verzögerungen von knapp einem halben Jahr kommen. Auch die Umstellung der Software und die Anpassung der Arbeitsabläufe brauche Zeit.

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IW-Fazit: Reibungsloser Start ausgeschlossen, aber Reform wird System stärken

Das Institut für Deutsche Wirtschaft kommt in seiner Studie zu dem Schluss: „Die Reform wird das Wohngeldsystem nachhaltig stärken“, auch wenn ein „reibungsloser Start nahezu ausgeschlossen“ sei. Die Erfahrungen bisheriger Wohngeldreformen würden dafür sprechen, dass sich die Situation im Frühling verbessern werde. (eku, mit dpa)

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