"Sie werfen die Bomben dort, wo die Leute sich verstecken. Gnadenlos"

Baby Alisa entkam der Hölle von Mariupol - Eltern des Mädchens sitzen noch fest

von Thomas Präkelt

Sie entkamen der Hölle von Mariupol: Lana, die gerade mit der acht Monate alten Alisa im Arm in Lwiw ankommt. Zwei von etwa 1.000 Menschen, die aus dem Zug steigen. Viele von ihnen haben Schlimmes hinter sich. Lana erzählt RTL-Reporter Thomas Präkelt, was sie in Mariupol und auf dem Weg ins 1.200 entfernte Lwiw am anderen Ende der Ukraine erlebt hat und wie es war, mit einem so kleinen Kind unter solchen Umständen auf der Flucht zu sein.
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"Als wir losgefahren sind, gab es schon keine Stadt Mariupol mehr"

Woher kommen Sie?

Ich komme aus Mariupol, wir haben uns in einem Krankenhaus dort versteckt. Wir sind mit sechs Erwachsenen und fünf Kindern in einem Auto geflohen. Drei der Kinder waren Säuglinge. Das andere Auto in unserem Konvoi wurde von der russischen Armee beschossen. Wir waren vier Tage in Saporischschja, da wurde uns von Freiwilligen geholfen. Von dort sind wir mit dem Zug nach Lwiw. Wir waren eine Woche unterwegs.

Was haben Sie in Mariupol erlebt?

Wir haben uns in Mariupol knapp zehn Tage im Keller versteckt. Das Mädchen, das mich auf der Reise begleitet, versteckte sich 14 Tage dort vor den russischen Angriffen. Als wir losgefahren sind, gab es schon keine Stadt Mariupol mehr. Alles lag in Trümmern. Wir sind am 16. März dort losgefahren. Am Tag danach habe ich von unterwegs in Mariupol angerufen. Man hat mir erzählt, dass in den Straßen viele Tote liegen, die man nicht bergen kann. Das war der Tag, als die Bombe auf das Theater geworfen wurde, in dem die Menschen zu Flucht gesucht haben.

Wissen Sie was mit diesen Menschen im Theater passiert ist? Gab es Überlebende?

Ich habe nur gehört, dass es einige Hundert Überlebende gab. Meine Verwandten sind in Mariupol geblieben. Ich habe aber keinen Kontakt mehr nach Mariupol.

Flucht aus Mariupol: "Die Chancen für uns standen 50:50, lebend herauszukommen"

Wie war das mit dem acht Monate alten Baby auf der Flucht, das Sie im Arm haben?

Das Baby hat ein bis zwei Mal am Tag Essen bekommen. Das Essen wurde von Freiwilligen gebracht, öfter konnten sie nicht kommen, weil so viele Bomben fielen. Das Krankenhaus, in dem wir uns versteckt hatten, wurde auch von der russischen Armee angegriffen. Es gab keine Heizung, kein Strom, kein Gas. Die Helfer haben das Essen auf offenem Feuer zubereitet. Das Notstromaggregat wurde für den Operationssaal gebraucht, damit die Ärzte operieren konnten.

Haben Sie das Baby am Leben erhalten?

Das ist nicht mein Baby, es ist die Nichte meiner Begleiterin. Ich halte sie nur. Die Eltern von diesem kleinen acht Monaten alten Kind sind nicht mit herausgekommen. Wir hoffen, dass sie es auch noch schaffen.

Wie haben Sie die Zeit in Keller erlebt?

Wir hatten große Angst. Wir haben gehört, dass die Russen die Autos beschlossen haben. Die Chancen für uns standen 50:50, lebend herauszukommen.

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Was denken Sie über die Angriffe auf Mariupol?

Das kann man nicht begreifen. Sie werfen die Bomben nicht auf militärische Ziele, sondern irgendwohin. Sie kommen ganz gezielt in die Wohnviertel und schießen mit Panzern auf die Zivilisten. Sie werfen die Bomben dort, wo die Leute sich verstecken. Gnadenlos.

Wohin fahren Sie jetzt?

Zu Verwandten nach Polen. Wir hoffen, dass die Eltern des Kindes aus Mariupol nachkommen.

Benötigen Sie etwas im Moment?

Wir haben alles, die Freiwillige helfen uns sehr. Wir danken der Welt für die Unterstützung. Viele Länder unterstützen uns, auch mit Demonstrationen. Wir schätzen das sehr.

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