Trauerfeier für Luise (12) - Rede des Pastors rührt zu Tränen

„Wie sollen wir es fassen, was nicht zu fassen ist?“

Freudenberg trauert um Luise Abschied im engsten Familienkreis
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Abschied im engsten Familienkreis
Freudenberg trauert um Luise

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„Luise ist tot. Eure Luise!“

Familie, Freundinnen und Freunde, Schulkameraden, Lehrer – ein ganzer Ort nimmt Abschied. Abschied von Luise, deren trauriger Tod die Menschen in ganz Deutschland tief bewegt hat. In der Evangelischen Kirche in ihrer Heimat Freudenberg kommt der engste persönliche Kreis von Familie und Freunden zu einer Trauerfeier zusammen. Sie wird per Audiostream in Luises Schule übertragen. Pastor Thomas Ijewski findet eindringliche, bewegende und persönliche Worte, die erinnern, trösten, aber auch Mut machen sollen.

Anmerkung: Die Rede des Pfarrers wurde den Medien vorab als Manuskript zur Verfügung gestellt.

„Ihre unbändige Freude, ihr Lachen und ihr Toben – all das fehlt"

Schule
An Luises Schule versammeln sich viele Menschen, um der Übertragung der Trauerfeier zuzuhören

Etwa 270 Menschen sind in der Kirche, in der Aula und vor der Schule finden sich etwa 750 Menschen ein. Im Ort ist es ruhig, niemand ist auf den Straßen zu sehen. Das Leben in Freudenberg ist konzentriert auf die Kirche und Schule.

„Wie sollen wir es fassen, was nicht zu fassen ist?“, fragt der Geistliche zu Beginn der Trauerfeier. „Luise ist tot. Eure Luise!“, spricht er Familie und Freunde direkt an, aber auch ihre Freundinnen und Mitschüler, die per Lautsprecher in der Esther-Bejarano-Gesamtschule zuhören.

Der Geistliche zeichnet das Bild eines fröhlichen, jungen Mädchens, das so jäh aus dem Leben gerissen wurde. „Ihre unbändige Freude, ihr Lachen und ihr Toben – all das fehlt. Fehlt in ihrem Elternhaus, fehlt in der Klasse, fehlt in unserer Stadt“, sagt der Pfarrer. Und fügt an: „Wie gerne hätten wir sie begleitet in die Zukunft, wären gespannt gewesen auf Klassenfahrten, auf den ersten Freund, auf die Berufswahl und vielleicht die Gründung einer Familie. All das ist nun vorbei, bevor es angefangen hat.“

„Danke für die Zeit, die wir mit ihr hatten, die zwölf Jahre und die unzähligen schönen Stunden"

Foto: RTL
Der Ort ist ruhig, kaum jemand ist auf den Straßen unterwegs. Die Polizei ist im Einsatz, damit die Trauernden nicht gestört werden.

Anschließend sagt Ijewski: „Danke für die Zeit, die wir mit ihr hatten, die zwölf Jahre und die unzähligen schönen Stunden. Danke für die Bilder und Erinnerungen.“ Das Lied „Flugzeug aus Papier“ von Sarah Connor beschließt diesen Teil der Trauerfeier.

Der Pastor beschwört die Gemeinschaft der Trauernden. „Wir alle ringen um Fassung. Niemand von uns kann in Worte kleiden, was uns durch den Kopf geht. Aber wir sind zusammen. Wir halten zusammen. Wir lassen uns nicht los“, sagt er.

Nochmals blickt er zurück, beschreibt Luises unbeschwerte Kindheit. „Zwölf Jahre lang hatte sie ein wunderschönes Leben. Sie wuchs auf in der Geborgenheit einer liebenden Familie. Sie konnte sich freuen über manches Großartige und über hunderttausend Kleinigkeiten.“ Urlaube, ihre große Tierliebe, ihre Liebe zu Blumen erwähnt er. „Oft war Eure Liese erfüllt von unbändiger Freude, laut und flippig werdet Ihr sie in Erinnerung behalten.“

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Dann beschreibt er ein für das Mädchen charakteristisches Bild, das auch in der Kirche zu sehen ist. „Lebensfroh weht der Wind durch ihr Haar, Leichtigkeit und Lebenslust leuchten uns entgegen.“ Er spricht von „wunderschönen Erinnerungen“, die allen ihr ganzes Leben erhalten bleiben, die sie kannten.

„Die Welt hörte auf sich zu drehen, der Boden unter Euren Füßen war weggerissen“

dpatopbilder - 22.03.2023, Nordrhein-Westfalen, Freudenberg: Ein Holzkreuz, zahlreiche Blumen, Kuscheltiere und Kerzen liegen am Tatort. Mit einer Trauerfeier nehmen Angehörige der getöteten zwölfjährigen Luise aus Freudenberg im Siegerland Abschied
Ein Holzkreuz, zahlreiche Blumen, Kuscheltiere und Kerzen liegen am Tatort, wo die Leiche der zwölfjährigen Luise aus Freudenberg im Siegerland gefunden wurde
jat, dpa, Federico Gambarini

Mit bewegenden Worten schildertIjewski jenen Tag, seit dem in Freudenberg nichts mehr ist, wie es einmal war. Er beschreibt „Stunden der Hoffnung“ die jäh enden, als die Leiche des kleinen Mädchens gefunden wird. „Die Welt hörte auf sich zu drehen, der Boden unter Euren Füßen war weggerissen.“

Wieder versucht der Pfarrer, der Situation etwas Positives abzuringen: „Doch bei aller scheinbaren Trostlosigkeit seid Ihr nicht gänzlich ohne Trost“, sagt er. Luise habe es geschafft, mit ihrem Tod Gutes zu bewirken. „Wildfremde Menschen gehen aufeinander zu, teilen ihre tiefsten Gefühle, sind füreinander da. Menschen kommen einander näher, und Hass darf keine Chance haben.“

„Das Böse darf nicht Überhand gewinnen“

22.03.2023, Nordrhein-Westfalen, Freudenberg: Blumen, Kerzen und ein bunt bemalter und mit "Luise" beschriebener Stein liegen am Tatort. Mit einer Trauerfeier nehmen Angehörige der getöteten zwölfjährigen Luise aus Freudenberg im Siegerland Abschied
Luises Familie bedankt sich bei allen Menschen, die auf unterschiedlichste Weise an das Mädchen erinnern und sie unterstützt habeen
jat, dpa, Federico Gambarini

Im Namen von Luises Familie bedankt sich Ijewski bei allen Teilnehmern der Trauerfeier. „Das tut gut, hier und heute nicht alleine zu sein“, lässt er ausrichten. Die Danksagung richtet sich auch an „alle Menschen, die in den letzten Tagen an Luise gedacht haben.“ Er erwähnt Kondolenzbücher, Blumen, Kerzen, viele kleine Zeichen und Gesten.

Besonderen Dank lässt er Einsatzkräften von Polizei und Feuerwehr ausrichten. Nicht zuletzt geht ein „Dank an die Menschen, die Luise nach ihrem Tod liebevoll in ihre Obhut genommen haben. (…) Danke, dass Sie es der Familie ermöglicht haben, sich von ihrer Tochter in Würde und Nähe zu verabschieden.“

Sein Schlusswort ist eine Mahnung: „Das Böse darf nicht Überhand gewinnen“, sagt der Pfarrer. Menschen seien füreinander da, das sollten sie nicht vergessen. „Denn das gibt Hoffnung.“ (uvo)