Sven kämpft gegen Panik, Angst und Depression
„Ein Mann weint nicht und muss stark sein”

Starkes Zittern, Schweißausbrüche und wahnsinnige Angst.
Lange versteckt Sven Krawitz, wie es in seinem Inneren aussieht. Er kann kaum vor die Tür gehen, seine psychische Gesundheit fesselt ihn an seine Wohnung. Doch damit ist Schluss, der 48-Jährige lässt seine Maske fallen. Um Betroffenen Mut zu machen, dreht er jetzt sogar einen Film!
Sven: „Jetzt ist das wohl das Ende. Jetzt sterbe ich.”
Es ist ein ganz normaler Montag im Mai 2020 – so scheint es zumindest auf den ersten Blick. Doch Sven Krawitz wird diesen Tag wohl nie vergessen. Der 48-Jährige sitzt im Auto, raucht eine Zigarette und nimmt einen Schluck von seinem Kaffee. Als er auf ein Stauende zufährt, macht sich scheinbar grundlos Panik in ihm breit. „Es war ein Gefühl, was ich nicht kannte”, erklärt er im Interview mit RTL. „Schweißausbrüche, starkes Zittern und halt diese wahnsinnige Angst”, erinnert sich Sven, so etwas habe er noch nie erlebt. Es ist seine erste Panikattacke.
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Im Video: Wenn der Druck einfach nicht abfällt
Sven: „Die Wohnung, meine Zelle”
Bis zu diesem Moment führt Sven Krawitz ein gutes Leben. Er hat als Außendienstmitarbeiter Erfolg im Job und immer ein Lachen im Gesicht. Das ändert sich nun schlagartig. Selbst alltägliche Dinge, wie das Haus zu verlassen, werden zu einer Herausforderung. „Für mich war die Wohnung wie ein Gefängnis”, zwar sei er noch nie in einem Gefängnis gewesen, erklärt der 48-Jährige, doch so stelle er es sich vor. Seine „Zelle” zu verlassen schafft er nur in Begleitung: „Ich brauchte jemanden, der mich begleitet, mich an die Hand nimmt, um aus meinem Gefängnis zu entfliehen.”
Zur Behandlung in die Klinik? Sven: „Da sind ja nur Bekloppte”

„Ein Mann weint nicht und muss stark sein” – es sind Glaubenssätze wie dieser, mit denen Sven Krawitz aufwächst und die es ihm lange schwer machen über seine Diagnose zu sprechen. Sven leidet an einer starken Depression und an einer Angst- und Panikstörung. Doch als ihm sein Arzt empfiehlt, für die Behandlung in eine Klinik zu gehen, ist der 48-Jährige zunächst skeptisch: „Da sind ja nur Bekloppte”, erinnert er sich an seine erste Reaktion.
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„Aber ich muss sagen, ich habe in der Klinik wundervolle Menschen kennengelernt. Diese psychischen Erkrankungen machen keinen Halt vor reich oder arm, groß oder klein oder Manager oder Putzfrau. Die psychischen Erkrankungen können halt jeden treffen”, erklärt der 48-Jährige.
Psychische Erkrankungen auf der großen Leinwand?

Eine wichtige Unterstützung für Sven sind in dieser Zeit Selbsthilfe-Gruppen. Nach dem Klinikaufenthalt gründet er in Walsrode selbst eine. Und die soll jetzt groß rauskommen - mit einem eigenen Film. Das Ziel: Vorurteile gegenüber Kliniken, Psychotherapien und Selbsthilfegruppen abzubauen. „Diese psychische Erkrankung, die sieht man leider nicht, die ist ja irgendwo im Kopf. Und ich würde mir wünschen, dass das genauso akzeptiert wird wie der Beinbruch und dass die Menschen, die psychisch erkrankt sind, keine Angst mehr haben müssen, damit in die Öffentlichkeit zu gehen.”
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Für seine Erkrankung sieht Sven viele Gründe in seiner Kindheit, heute kann er offen darüber reden. Durch seine Therapie habe er vor allem das Verhältnis zu seinem Vater aufarbeiten können. Die Maske hinter der sich der 48-Jährige lange versteckt, kann er inzwischen ablegen und will damit auch anderen Mut machen, offen mit der Erkrankung umzugehen. Genau das will er in seinem Projekt festhalten. Aktuell werde noch daran gearbeitet, Ende August soll der Film dann fertig sein.
Hier findet ihr Hilfe in schwierigen Situationen
Solltet ihr selbst Depressionen haben, suchtkrank oder von Suizidgedanken betroffen sein, sucht euch bitte umgehend Hilfe. Versucht, mit anderen Menschen darüber zu sprechen! Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch die Möglichkeit, anonym mit anderen Menschen über eure Gedanken zu sprechen.
Das geht telefonisch, im Chat, per Mail oder persönlich. Wenn ihr schnell Hilfe braucht, dann findet ihr unter der kostenlosen Telefon-Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 Menschen, die euch Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können.