20-jähriger Hamburger soll Teil eines weltweiten Missbrauchs-Netzwerks sein
Jugendlichen zum Suizid angestiftet! Das wissen wir über „White Tiger”
„Grausame, sadistische Bilder und Filme.”
Es ist ein Fall, der sprachlos macht: Ein 20-jähriger Hamburger soll Kinder und Jugendliche gezielt manipuliert, missbraucht und in den Tod getrieben haben – alles von seinem Elternhaus aus. Nun gibt es neue schockierende Erkenntnisse über das Sadisten-Netzwerk „764” und den Mann, der sich im Internet „White Tiger” nennt.
Vorwurf: Mord und mehr als hundert weitere Straftaten
Seit gestern sitzt der Beschuldigte in Untersuchungshaft. Polizei und Staatsanwaltschaft werfen dem 20-Jährigen Mord an einem 13-Jährigen sowie mehrfachen versuchten Mord und sexuellen Missbrauch von Kindern vor – insgesamt mehr als 120 Straftaten. Der Festnahme waren monatelange Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Täter und gegen die berüchtigte Gruppe „764” vorausgegangen – einem wahren Schreckens-Geflecht im Netz.
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Video-Tipp: Festnahme in Hamburg
Eltern des mutmaßlichen Täters „sehr mitgenommen”
Dem 20-jährigen Hamburger ginge es angesichts der Vorwürfe „nicht gut”, beschreibt die Anwältin des Beschuldigten, Christiane Yüksel, den Zustand ihres Mandanten im RTL-Interview. „Er war völlig erschlagen von der ganzen Situation. Ist das eigentlich noch.” Einen ähnlich umfangreichen Fall – angesichts der im Raum stehenden Vorwürfe – habe die Juristin in ihrer Kariere noch nicht verteidigt. „Meinem Mandanten habe ich gesagt, dass ich erst Akteneinsicht nehmen muss, um die Lage einschätzen zu können.” Die Eltern des jungen Mannes seien laut Yüksel „sehr mitgenommen”.
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Spezialkräfte der Hamburger Polizei hatten den 20-Jährigen in der Nacht zu Dienstag (17. Juni) in seinem Elternhaus festgenommen, mehrere Datenträger wurden sichergestellt. Der Tatverdächtige habe die Vorwürfe laut Staatsanwalt pauschal bestritten. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Täter fordern verstörende Bilder und Videos
Die perfide Masche von „764” laut Staatsanwaltschaft: Mitglieder gewinnen das Vertrauen psychisch labiler Kinder auf Online-Plattformen wie Gaming-Seiten, Social Media und Selbsthilfegruppen, nur um sie dann emotional zu brechen. Unter großem Druck zwingen sie dann die Opfer, sich selbst zu verletzen, sexuelle Handlungen an sich auszuführen oder schlimmeres – vor laufender Kamera.
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„In dieser Gruppe 764 werden besonders grausame, sadistische Bilder und Filme getauscht. Das ist das Grundanliegen dieser Menschen”, erklärt Michael Abel von der Staatsanwaltschaft Hamburg im RTL-Interview. Die jungen Opfer – in der Regel im Alter zwischen zwölf und 16 Jahren – werden dann mit dem verstörenden Bildmaterial erpresst. „Es ist wie ein Teufelskreis und die jungen Geschädigten kommen da kaum noch raus. Jedenfalls nicht ohne Unterstützung von außen.” Die Täter: „fast ausschließlich junge Männer im Alter bis Mitte 20, schätzen wir.”
Dimensionen von „764” unklar – weitere Täter aus Deutschland
„Es sind sicherlich hunderte, wenn nicht tausende junge Männer”, so Abel über den Umfang von „764”. Doch die wahre Größe des Netzwerkes ist kaum einzuschätzen, „weil die Herren immer ständig ihre Accounts wechseln und neue Accounts generieren, um verdeckt zu bleiben.” Nicht nur das stellt die Ermittler vor Herausforderungen.
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Besonders problematisch: „Es gibt überhaupt keine Ländergrenzen”, erklärt der Staatsanwalt. „Die Täter finden ihre Opfer überall auf der Welt. Es kann ein amerikanischer Täter sein, der ein finnisches Opfer findet oder ein niederländischer Täter, der ein Opfer in Thailand findet.”
In dem weltweit agierenden Konstrukt ist der mutmaßliche Täter „White Tiger” aus Hamburg kein deutscher Einzelfall. „Also wir sind uns sicher, dass es auch weitere deutsche Täter gibt”, ist Michael Abel überzeugt. „Es sind auch schon welche identifiziert worden und andere Staatsanwaltschaften haben da auch schon Ermittlungsverfahren eingeleitet.”